piwik no script img

Streit um Polarstern-MissionMit Eisendünger gegen Klimawandel

Die Forscher des Alfred-Wegener-Instituts verteidigen ihr Experiment im Südatlantik: Die Erfoschung kommerzieller Eisendüngung sei wichtig. Der WWF ist dagegen.

Klimaretter Plankton? Selbst die Bremerhavener Meeresforscher sind da skeptisch. Bild: dpa

BERLIN taz Das hatte man im Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung noch nicht erlebt. Kurz nachdem das Forschungsschiff "Polarstern" zu einer Fahrt in den Südatlantik ausgelaufen war, prasselte eine Flut von Protestmails von Umweltschützern auf die Forscher nieder. Der Grund: Einige hundert Seemeilen nördlich von Südgeorgien, östlich der Falklandinseln, soll die "Polarstern" auf einer Fläche von etwa 300 Quadratkilometern Eisensulfat ausbringen. Das Mineral soll als Düngemittel wirken und eine Algenblüte verursachen. Die Algen sollen Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und nach ihrem Absterben auf dem Meeresboden speichern - so würde das klimaschädliche Gas aus der Atmosphäre gesogen.

Umweltschützer kritisieren das Vorhaben allerdings heftig: Die Umweltorganisation WWF befindet, es dürfe "keinen Klimaschutz um jeden Preis" geben. Die Ozeandüngung sei ein erheblicher Eingriff in die Meeresökologie.

Beim Wegener-Institut fühlt man sich missverstanden. Direktorin Karin Lochte wies am Donnerstag in Berlin darauf hin, dass sich keiner der Kritiker vorher an ihr Institut gewandt habe. Das Experiment werde seit 2005 vorbereitet, und eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit indischen Wissenschaftlern, die maßgeblich beteiligt sind, sei bereits 2007 unterzeichnet worden. Sie und ihre Kollegen seien daher von den Protesten sehr überrascht gewesen. Man könne daraus lernen, dass die Kommunikation verbessert werden müsse. Da das Institut dem Bundesforschungsministerium unterstehe, habe man keine Veranlassung gesehen, frühzeitig mit dem Umweltministerium zu reden.

So ganz verstehen kann Ulrich Bathmann, Meeresbiologe im Institut, die Aufregung nicht. Das Experiment werde benötigt, um harte Fakten an die Hand zu bekommen, mit denen die von einigen vorgeschlagene kommerzielle Eisendüngung beurteilt werden kann. Vor allem in Australien und in den USA haben sich verschiedene Unternehmen gegründet, die hoffen, mit großflächiger Eisendüngung das Algenwachstum fördern und so der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlendioxid entziehen zu können.

Die Wissenschaftler des Wegener-Instituts sind eher skeptisch, dass das überhaupt funktionieren kann. Ohne Experimente, so Bathmann, können aber politische Entscheidungen nicht untermauert werden. Auch für ein besseres Verständnis des Klimasystems und damit die Verbesserung der Vorhersagemodelle seien die Experimente wichtig.

Anfang der kommenden Woche soll darüber entschieden werden, ob die "Polarstern", die derzeit im Zielgebiet kreuzt, das Eisensulfat ausbringen darf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • K
    Karl

    Auf 300 km2 "düngen"? Dann rechnet doch mal für das statische Wasservolumen, nur bei 50 m Mächtigkeit, die Verdünnung aus! Tatsächlich ist das Wasservolumen strömungsbedingt noch viel größer!

     

    Dagegen ist selbst der Festlandsstaub eisenhaltiger! Und wie soll der Erfolg überprüft werden? Über die Eisenkonzentration im Wasser? Muha ha ha, was für ein orgineller Ansatz. Der ist wohl gewählt worden um jedes überprüfbare Resultat zu vermeiden und beliebige Interpretationen zuzulassen?

     

    Und noch eine Frage stellt sich was den ausgewählten Seeraum angeht. Im Versuchsgebiet werden Meerestiefen von über 6 km erreicht, da ist die Hoffnung Karbonate dorthin absinken zu lassen mehr als gering! Es existiert nämilch weit darüber eine druckbedingte Lösungsgrenzschicht für Karbonate, international auch CCD Carbon Compensation Depth genannt.

     

    Harte Fakten sind auf diese Weise erstmal nicht zu erlangen!

     

    Glück auf!

     

    Karl