Streit um Klinikum Mitte: CDU nutzt Bauskandal
Ein neues Gutachten bestätigt ein altes – die CDU fordert die Entlassung des „Generalplaners“.
BREMEN taz | Seit Monaten sieht man an der Bismarckstraße, am Neubau für das Klinikum Mitte, keine Veränderungen – nach wie vor steht das Gerüst vor dem Bauwerk. Aber „der Eindruck täuscht“, sagt Karen Matiszick, die Sprecherin der Klinikholding „Gesundheit Nord“ (Geno), die für den Bau verantwortlich ist. Der Trockenbau, mit dem es vor einem Jahr zu Problemen gekommen war, gehe innen weiter, Technik werde eingebaut, rund 120 Bauarbeiter seien aktiv. Die ersten Patienten sollen nach aktueller Planung im Sommer 2016 in dem Neubau behandelt werden. 2018 soll der gesamte Komplex fertig sein. Für Kritik an dem Generalplaner, dem Architektenbüro Ludes, sieht die Gesundheit Nord derzeit keinen Anlass.
Die Diskussion um die Generalplanung der Firma Ludes war erst vor ein paar Tagen auf Grund eines neuen Gutachtens wieder aufgeflammt. Das hatte der parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Auftrag gegeben, der die Bauverzögerung und Kostensteigerung von 200 auf beinahe 300 Millionen Euro klären soll. Das neue Gutachten bescheinigt laut Medienberichten dem Generalplaner, der Firma Ludes Architekten-Ingenieure GmbH, Fehler bei der Terminplanung, der Bauaufsicht und Zusammenarbeit mit der Trockenbaufirma. Letztere wiederum hätten keine „groben Fehler“ gemacht.
Sowohl die Geno als auch die betroffene Generalplaner-Firma Ludes geben an, das neue Gutachten bisher nicht zu kennen und somit zu Einzelheiten als auch keine Stellung nehmen zu können. Am Dienstag erklärte Ludes pauschal: Man sei zu jeder Zeit den Aufgaben als Generalplaner gerecht geworden. Das sieht allerdings nicht einmal die Gesundheit Nord so. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp kündigte derweil an, über einen Bürgerschaftsantrag medienwirksam die Entlassung des Generalplaners zu fordern. Mit dem Untersuchungsausschuss um einem Bauskandal macht seine Partei Schlagzeilen.
Das aktuelle Gutachten bestätigt allerdings nur, was der Bausachverständige Ralf Schneider bereits vor einem Jahr dem für den Bau zuständige Geschäftsführer der Geno gesagt hatte: „Die vorhandenen Planvorgaben sind nicht fachgerecht und vorschriftsmäßig umsetzbar.“ Die Geno als Bauherr greife nicht durch, sondern lasse sich „mit Ausreden, falschen Behauptungen, Inkompetenz und Untätigkeit“ von „unfähigen und unmotivierten“ Mitarbeitern des Generalplanungsbüros Ludes hinhalten, so formulierte Gutachter Schneider das damals und entschuldigte sich gleichzeitig für seine klaren Worte.
Auch die Frage, was es kosten würde, den Generalplaner zu kündigen, war bei der Geno intern schon einmal gestellt worden: Mindestens 20 Millionen Euro und mindestens zwei Jahre Bauzeitverzögerung seien der Preis, so das Ergebnis – wenn man denn überhaupt schnell ein neues Planungsunternehmen finden würde. Das besondere Problem: Die Baupläne gehören dem Planungsbüro Ludes, das diese sicherlich nicht ohne Weiteres herausrücken würde.
Die Geno hatte damals ein neues Gutachten bei einem anderen Sachverständigen bestellt, der die Schuld mehr bei der Trockenbaufirma sah: der Firma Männig aus Sachsen-Anhalt. Der wurde gekündigt, weil die Gesundheit-Nord den Eindruck hatte, dass diese Firma nicht ernsthaft weiterbauen wollte – möglicherweise weil sie bei der Ausschreibung den Auftrag mit einem nicht auskömmlichen, niedrigen Gebot gewonnen hatte. Ludes als Generalplaner blieb, wechselte aber einige Mitarbeiter und den Projektleiter aus. Die Firma Männig ihrerseits erhob schwere Vorwürfe gegen den Generalplaner.
Noch im Juli 2013 hatte sich Bürgermeister Jens Böhrnsen persönlich vom Fortgang der Arbeiten überzeugt: „Ich freue mich, heute sehen zu können, wie zügig die Arbeiten nun vorangehen und wie motiviert und zielstrebig hier gearbeitet wird“, erklärte er damals. Nach anfänglicher Verzögerung läge der Rohbau nun genau im Zeitplan. „Wir arbeiten hart daran, sowohl den Kosten- als auch den Zeitplan einzuhalten“, hatte auch Robert Pfeifferder für die Geno betont.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!