Streit um Isebek-Ufer: Zuviel Phantasie
Die Linke beauftragte einen Architekten, einen Vorplatz für den U-Bahnhof Hoheluft zu entwerfen. Die neuen Ideen erregen den Unmut der Isebek-Initiative.
Wenn man die Planer von der Leine lässt, kann das zu unerwünschten Ergebnissen führen. Das hat jetzt die Eimsbütteler Linke feststellen müssen. Sie beauftragte ein Architekturbüro damit, sich zu überlegen, wie der Vorplatz des U-Bahnhofs Hoheluft gestaltet werden könnte - ein Areal, zu dem es schon zwei Bürgerbegehren gab. Die Architekten schlugen vor, das Isebek-Ufer auszulichten und zugänglich zu machen. Die Bürgerinitiative "Hände weg vom Isebek" war not amused, hatte sie doch gerade dagegen gekämpft.
Das Areal zwischen dem U-Bahnhof Hoheluftbrücke und dem Isebek-Kanal ist schon seit Jahren Gegenstand hitziger Debatten. Die Bezirksversammlung wollte einen neuen Bebauungsplan beschließen, der es ermöglichen sollte, ein siebenstöckiges Bürohaus, das "Hoheluftkontor", zu errichten. Dafür wäre die heutige Mc Donald's-Baracke abgerissen und auch die angrenzende Brache bebaut worden. Der Wendehammer neben dem Gebäude hätte ein kleiner Platz werden können.
Dagegen machte die Bürgerinitiative mobil: Das Kontorhaus sei zu wuchtig. Der Bau zerstöre die kleinen Biotope, die sich auf der Brache entwickelt hätten und unterbreche die Grünverbindung von der Isebek zu der "offenen umgrünten U-Bahnstation". Für die Ufertreppen und den Pavillon hätte das Ufergebüsch gelichtet werden müssen. Die Initiative spricht von einem "Uferwald", der damit zerstört worden wäre. Sie initiierte ein Bürgerbegehren gegen den Bebauungsplan und erzwang einen Bürgerentscheid zur Durchsetzung dieses Bürgerbegehrens.
Zwar hatte das Bezirksamt mitgeteilt, wenn die Initiative dieses Bürgerbegehren gewinne, bleibe alles, wie es ist. Der Status Quo bestand allerdings in einem Baustufenplan von 1955, der es dem Investor ermöglichte, statt des Bürohauses ein Wohnhaus an derselben Stelle zu beantragen. Statt den in Arbeit befindlichen Bebauungsplan im Sinne der Bürgerinitiative zu verändern, erteilte Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) dem Investor Bauplan Nord auf Grundlage des Baustufenplans eine vorläufige Genehmigung für ein sechsstöckiges Wohnhaus.
"Wir sind diejenigen, die sich am vehementesten für die Einhaltung des Bürgerentscheides eingesetzt haben", sagt Hartmut Obens, Fraktionschef der Eimsbütteler Linken. Doch ausgerechnet die Linke macht sich jetzt Gedanken, wie der Vorplatz des U-Bahnhofs angemessen gestaltet werden könnte. Das Bürgerbegehren sieht für diese Fläche eine Erweiterung des Grünzuges am Isebekkanal vor sowie "seine Ausweisung als öffentliche Grün- und Erholungsanlage unter dem Namen Isebek-Park". Ein Vorschlag des Architekten Johann-Christian Kottmeier im Auftrag der Linken soll kommenden Donnerstag vorgestellt werden.
Kürzlich aber gelangten Kottmeiers Ideen, die eine Abholzung des Isebek-Ufers einschlossen, Harald Duchrow zu Ohren, dem Spiritus Rector der Bürgerinitiative. Duchrow schrieb verärgert eine Mail an die Linke, die im Eimsbütteler Wochenblatt landete: Darin warf er der Linken einen "Missbrauch der beiden Bürgerbegehren für Profilierungszwecke Ihrer Partei" vor. Die Mail sei "illegal beschafft" worden, behauptet Duchrow. "Ich sage dazu gar nichts."
Fraktionschef Obens distanziert sich von einer Verwirklichung der Ideen des Architekten. "Der Architekt hat völlig recht, wenn er sagt, dass das die städtebaulich attraktivere Variante wäre", räumt Obens ein, "wenn es nicht den Bürgerentscheid gäbe". Die Linke werde einen Vorschlag zur Gestaltung des Vorplatzes mit dem Wendehammer vorstellen. Darin sei aber das Isebek-Ufer nicht einbezogen.
Für ihre Pressekonferenz hat die Eimsbütteler Linksfraktion noch einen weiteren Pfeil im Köcher, der Duchrow gefallen wird. Sie will ein Rechtsgutachten der Kanzlei Mohr vorstellen. Es belege "einen schwerwiegenden Verstoß beim Vorgehen des Bezirksamtes", versichert Obens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett