Streit um Flugrouten: Ein bisschen Lärm für alle
Schulterschluss der Landeschefs im Flugrouten-Streit: Brandenburger sind genauso viel wert wie Berliner, finden die Landeschefs Matthias Platzeck und Klaus Wowereit.
Im Konflikt um die Flugrouten des Großflughafens BBI demonstrieren die Landeschefs von Berlin und Brandenburg Einigkeit. "Es gibt keine Bürgerinnen und Bürger erster und zweiter Klasse", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitag. Sein Berliner Kollege Klaus Wowereit (SPD) bekräftigte, es gebe "keine Hierarchisierung von Betroffenheit". Alle hätten ein Recht auf Schutz.
Seit Bekanntwerden der geplanten Routen stehen Gemeinden und Bezirke gegeneinander: Der Berliner Süden sieht seine exklusiven Wohnlagen gefährdet, die Brandenburger Gemeinden fürchten, dass sie zur Entlastung der Berliner noch mehr Lärm ertragen sollen als ohnehin erwartet. Bei Protestveranstaltungen und Diskussionen hatten Berliner und Brandenburger teils lautstark Unmut über die jeweiligen Nachbarn geäußert.
Nun sagte Wowereit nach einem Treffen mit Platzeck, Flughafenchef Rainer Schwarz und Vertretern von Anwohnergemeinden in Schönefeld, Priorität bei den Flugrouten müssten Sicherheit und minimale Lärmbelastung haben. Wirtschaftliche Aspekte seien nachrangig. Die für die Routen zuständige Deutsche Flugsicherung hat angekündigt, sich bis März 2012 festzulegen - wenige Monate bevor der BBI in Betrieb geht. Die Länderchefs und Schwarz dringen auf einen früheren Termin.
Kaum beachtet ist bisher der Lärm von Straße und Bahn geblieben. Unklar ist, ob die Dresdner Bahn gebaut wird, die vom Hauptbahnhof zum Flughafen führen soll. Sie soll durch Lichtenrade führen, derzeit wird vor Gericht über die Trassenführung gefochten. Beim Lärmschutz in Brandenburg erwartet der Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD), dass die Bahn Schutzmaßnahmen ergreift - schließlich handele es sich um Bundesschienenwege. Vogelsänger kündigte an, sich künftig mehr diesem Thema widmen zu wollen.
Der Forderung von Anwohnergemeinden nach einem sofortigen Baustopp lehnten die Politiker ab. "Der Zusammenhang zwischen Flugrouten und Baustopp ist für mich nicht nachvollziehbar", sagte Platzeck. Vergleiche mit Stuttgart 21 seien abwegig. "In Stuttgart wollen sie erreichen, dass das Projekt nicht realisiert wird. Unser Projekt ist realisiert." Berliner Initiativen, die gar kein Flugzeug über der Stadt sehen wollen, hielt Klaus Wowereit entgegen: "So etwas hätte ich mir auch einmal bei der Schließung von Tempelhof gewünscht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“