Streit um CCS-Speicher: Länder stellen sich quer
Schleswig-Holstein will das Speichern von Kohlendioxid im Land gesetzlich verbieten. Und auch Niedersachsen sträubt sich gegen unterirdische CO2-Lager. Vor der Küste aber regiert der Bund.
HAMBURG taz | Mit einem Landesgesetz will die schleswig-holsteinische Regierung die Speicherung von Kohlendioxid (CO2) im Lande verhindern. "Wir arbeiten daran", erklärte am Donnerstag eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Kiel.
Im September solle vom Kabinett ein Entwurf beraten und anschließend "unverzüglich" dem Landtag zugeleitet werden. Da sich alle sechs Fraktionen im Grundsatz in der Ablehnung der CO2-Speicherung einig sind, dürfte die Verabschiedung noch vor der Neuwahl am 6. Mai 2012 problemlos möglich sein.
Nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) sei es rechtlich möglich, das gesamte Landesgebiet als Speicherstätte für CO2 auszuschließen. Denn das Speicher-Gesetz, das der Bundestag am Donnerstagabend beschlossen hat, enthält eine Länderklausel.
CCS steht für die Abscheidung und Speicherung von CO2 (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage). Gepresst wird das Gas dabei in tiefe Gesteins- oder Erdschichten und gelangt nicht in die Atmosphäre.
Geologisch am besten für CCS geeignet sind laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Norddeutschland, Gesteinsschichten unter der Nordsee.
Um Gas unter die See zu bringen, müsste es per Schiff transportiert werden - die Reederei Maersk baut gerade Spezialboote.
In einem ausgebeuteten Gas- und Ölfeld in der nördlichen Nordsee verpresst Norwegen bereits jährlich eine Million Tonnen CO2.
Danach kann jedes Bundesland für sich "bestimmte Gebiete" definieren, in denen die Speicherung von CO2 "zulässig" oder eben "unzulässig" ist. Dieses Vetorecht hatte die schwarz-gelbe Landesregierung in Kiel unter dem Druck einer breiten Protestbewegung auf dem Lande bei ihren Parteifreunden in der Bundeskoalition durchgesetzt.
Auch der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) will die Speicherung in seinem Land verhindern. Er beabsichtige, "keine entsprechenden Erprobungsgebiete auszuweisen", sagte er. "Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, dass es das in Niedersachsen nicht geben wird", bekräftigte das Wirtschaftsministerium in Hannover.
In Norddeutschland befindet sich ein Großteil der geeigneten Lagerstätten. 408 mögliche Standorte hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ermittelt, die meisten und größten in Norddeutschland und unter der Nordsee. Die lange geheim gehaltene Karte war im Februar auf Druck von Greenpeace veröffentlicht worden.
Mit der so genannten CCS-Technologie (siehe Kasten) soll Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken und Industrieanlagen aufgefangen und in unterirdische Hohlräume gepresst werden. Dafür können zum Beispiel ehemalige Erdöl- und Erdgasspeicher genutzt werden.
Durch die unterirdische Lagerung soll der Klimakiller CO2 daran gehindert werden, in die Atmosphäre zu gelangen. Kritiker befürchten, durch Löcher im Erdreich könnte das CO2 doch entweichen. Fraglich ist auch die Wirtschaftlichkeit. Für die Abtrennung des Kohlendioxids wird viel Energie benötigt, die ein Kraftwerk zusätzlich produzieren müsste.
Umweltverbände lehnen die Technologie ab. Karsten Smid, zuständig für Klimafragen bei Greenpeace, nennt CCS eine "unverantwortliche Endlagerung von gefährlichem Abfall". Nach Ansicht des BUND könne CCS zur Versalzung des Grundwassers führen.
"Die Speicherung dient nur dazu, klimaschädliche Kohlekraftwerke länger am Leben zu halten und ihnen ein grünes Image zu verschaffen", sagt Stefan Ott vom BUND in Niedersachsen.
Für eine "Mogelpackung" hält Schleswig-Holsteins grüne Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle die Länderklausel im CCS-Gesetz. Sie sei "nicht rechtssicher". Denn nach einem Gutachten dürften die Länder einzelne Gebiete oder geologische Formationen nicht grundsätzlich, sondern nur mit stichhaltiger Begründung ausschließen.
Zudem befürchten Kritiker, dass die Speicherung unter der Nordsee außerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone möglich sei. Das bestätigt das Wirtschaftsministerium im Prinzip. Schleswig-Holsteins Zuständigkeit ende an dieser Grenze, für die Meeresgebiete der 200 Seemeilen breiten Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) sei der Bund zuständig.
Wichtig sei jedoch, so das Ministerium, dass der von der Unesco zum Weltnaturerbe ernannte Nationalpark Wattenmeer "von einer CO2-Einlagerung freigehalten werden kann".
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