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Streit über BaumfällungenKahle Stellen

Für Bauausstellung und Gartenschau in Wilhelmsburg sei mehr gerodet und zugeschüttet worden als angekündigt, kritisiert der BUND und verlangt Ersatz.

Schock für den BUND: Sandaufschüttungen für die Internationale Bauausstellung in Wilhelmsburg. Bild: BUND

HAMBURG taz | Die Kritik an der Art und Weise, wie das Zentrum Wilhelmsburgs umgemodelt wird, reißt nicht ab. Der Umweltverband BUND hat dem Senat sowie den Büros der Internationalen Bauausstellung (IBA) und der Internationalen Gartenschau (IGS) vorgeworfen, sie hätten in weit größerem Umfang Baume gefällt und Boden aufgeschüttet als angekündigt gewesen sei. Der Umgang mit Natur, Landschaft und Öffentlichkeit werde dem Anspruch der beiden großen Ausstellungen, insbesondere im Falle der IBA, nicht gerecht. "Das sind internationale Veranstaltungen", sagt Harald Köpke vom BUND, "da muss mit anderen Maßstäben gemessen werden".

Der BUND hatte Luftbilder von dem Gebiet der IGS machen lassen, in dem auch Projekte der IBA gebaut werden. Was sie sahen, hat die Umweltschützer schockiert: Kahle Stellen und vor allem breite helle Streifen prägen das ehemals verwilderte, dicht bewachsene Gebiet.

Sind für die Gartenschau schon 2.000 Bäume gerodet worden, müssten nun für die IBA mindestens 400 weitere Bäume gefällt werden. Dazu kämen Sandaufschüttungen - die hellen Streifen - die in dieser Massivität nicht absehbar gewesen seien.

Gastgeber 2013

In zwei Jahren wird in Wilhelmsburg eine Internationale Gartenbauausstellung (IGS) eröffnet. Sie wird verzahnt mit der Präsentation einer Internationalen Bauausstellung (IBA).

Die IGS wird in dem Kleingarten- und Waldgelände im Zentrum des Stadtteils ausgerichtet. Ihr Motto lautet "In 80 Gärten um die Welt". Am Ende soll ein gut nutzbarer Park übrig bleiben.

Die IBA greift zum Teil in das gleiche Gebiet ein, indem sie dort etwa zukunftsweisende Wohnungen baut. Ihr Thema sind Metropolen im 21. Jahrhundert und die Aufgaben, die sie zu meistern haben: Multikulturalität, Klimaschutz, Umgang mit Rand- und Übergangszonen.

"Offenbar wurden im Windschatten von Koalitionsbruch, Wahlkampf und Regierungsbildung auf dem Gelände Fakten geschaffen, die weit über die angekündigten Eingriffe hinaus gehen", kritisiert BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Zwar bringe jede Gartenschau oder Bauausstellung Veränderung

en mit sich. Diese müssten aber der Öffentlichkeit verständlich dargestellt, rechtlich abgesichert und korrekt ausgeglichen werden. Bei den Ausgleichsplanungen seien insbesondere die Sandaufschüttungen in dieser Größe nicht berücksichtigt worden. Zumindest fänden sich im Bebauungsplan keine konkreten Aussagen dazu.

Die Stadtentwicklungsbehörde verweist auf eben diesen Plan. Er soll es ermöglichen, ein Sport- und Freizeitzentrum und einen Lärmschutzwall zu bauen. Darin ist ein Ausgleichsbedarf von 13,3 Hektar genannt und auch ein Bündel von Flurstücken im östlichen Wilhelmsburg, das dafür herhalten soll.

Köpke vom BUND findet jedoch, dabei werde zum Schaden der Natur gerechnet: Die Planer bewerteten den neu geschaffenen Boden gleich hoch wie den gewachsenen, der jetzt unter einer bis zu zwei Meter dicken Schicht aus Sand und Erde begraben sei.

Die IBA wehrt sich gegen den Vorwurf, über die Maßen Bäume zu fällen, mit dem Hinweis, es seien "weit unter 100 Bäume gefällt" worden, um dafür 160 Wohnungen zu bauen. Köpke dagegen zitiert Unterlagen für den Hauptausschuss der Bezirksversammlung Mitte vom Februar. Demnach müssten für Häuser, Sportstätten und neue Gewässer mindestens 400 Bäume fallen.

Die IGS rechnet damit, weitere 80 Bäume fällen zu müssen, falls ein Bähnchen für die Besucher gebaut werden sollte. Außerdem könne es sein, dass im Laufe der Planung einzelne weitere Fällungen beantragt werden müssten.

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3 Kommentare

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  • TS
    Thomas Shamrock

    Jetzt weiß ich was es heißt den Bock zum Gärtner zu machen!

  • M
    mimi-kri

    es ist eine schande was da passiert!

    und ebenfalls eine schande ist es, dass der geschäftsführer der IGS heiner baumgarten gleichzeitig landesvorsitzender des BUND in niedersachsen ist!

    was soll man davon halten!?

  • TS
    Thomas Shamrock

    Dieses Gebiet war für tausende Wilhelmsburger eine Oase des Friedens und der Natur.

    Hier hatten die Menschen ihre Kleingärten, hier haben die Menschen am See gegrillt, hier stand ein wildgewachsener Wald. Bäume die nicht in Reihe wachsen, Büsche, Sträucher, lebensfrohe Natur welche den Tieren ihr Zuhause gab.

    Hier fuhren die Insulaner auf dem engen Weg mit dem Rad hoch bis an den Elbstrand und haben sich davon erholt vielleicht wieder einen schlechten Job zu haben oder garkeinen oder aber viel Streß auf der Arbeit.

    Wilhelmsburg war das grüne Herz Hamburgs, sicher nicht der reiche oder intelligenteste Stadtteil aber mit Sicherheit der Stadtteil mit einen Schlag an Menschen die wissen was es heißt mit wenig Geld auszukommen und doch eine familiäre Umgebung zu schaffen.

    Jetzt wurden Bäume gefällt weil sie auf einmal gefährlich für Menschen sein sollen, krank und jederzeit bemüht einen Wilhelmsburger unter sich zu begraben.

    Andere Fällungen sind rechtlich abgesichert.

    Was steht am Ende an diesem Ort, ein von Idioten am Reißbrett entwickeltes Naturschauspiel für ein paar Wochen spektakel? Alles schön in Reih und Glied!

    Was dort entsteht ist nichts was auch nur einer der Bewohner in Wilhelmsburg braucht, und was diese Menschen brauchen würden wird geldlich gerade an diesem Ort versenkt.

    Ein dreistelliger Millionenbetrag? Und viele Kinder wollen nur etwas lernen, ein Musikinstrument spielen oder was auch immer, Schüler brauchen Nachhilfe und mehr Lehrmittel, Jugendliche einen Ausbildungsplatz oder die Möglichkeit sich wirklich weiterbilden zu lassen (nicht diese Pseudoscheiße von der ARGE), Erwachsene finden auch keine Arbeit oder Weiterbildung die etwas bewegt und es ist nicht möglich eine Infrastruktur zu schaffen die das bewerkstelligt.

    Es ist die Ironie der Wirklichkeit welche sich durch die verblendete Oberschicht manifestiert. Ein Gebilde das sich selbst vernichtet.