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Streit der WocheEntmannt die Raumfahrt

Ist bemannte Raumfahrt Geldverschwendung? Im Streit der Woche rechnen Politiker von Linkspartei und Grünen anlässlich des 40jährigen Mondlandungsjubiläums damit ab. Mondfahrtfans halten dagegen.

"Auch wenn wir Juri Gagarin, Sigmund Jähn oder Neil Armstrong bewundert haben, lehnt Die Linke die bemannte Raumfahrt ab." Bild: ap

Berlin taz | Kurz vor dem 40. Jahrestag der ersten Mondlandung fordern Politiker von Linken und Grünen den Ausstieg aus der bemannten Raumfahrt. "Die exorbitanten Kosten stehen in keinem Verhältnis zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn", schreibt Petra Sitte, Vize-Chefin und forschungspolitische Sprecherin der Bundestags-Linken im "Streit der Woche" der sonntaz. "Auch wenn wir Juri Gagarin, Sigmund Jähn oder Neil Armstrong bewundert haben, lehnt Die Linke die bemannte Raumfahrt ab." Der Bundesregierung wirft Sitte vor, sie wolle sich mit ihren Investitionen in Raumfahrttechnologie als Weltraummacht behaupten und "nicht nur in der interplanetaren Kreisliga spielen".

Auch der Grünen-Politiker Peter Hettlich, in der Bundestagsfraktion für Raumfahrt zuständig, sprach sich dafür aus, keine Astronauten mehr ins All zu schicken. "Die bemannte Raumfahrt in ihrer jetzigen Form ist eine hoffnungslose Sackgasse, die Zukunft gehört unbemannten Missionen", schreibt er in der sonntaz. Die wichtigste Erkenntnis, die man seit der Mondlandung gewonnen habe, sei, dass solche Missionen dem technologischen Fortschritt wenig dienten. Die internationale Raumstation ISS nannte er ein "Fass ohne Boden mit zu geringem wissenschaftlichen Output".

Am Dienstag jährt sich zum 40. Mal der Tag an dem Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat. Der US-Mission gelang es erstmals am 21. Juli 1969 mit Astronauten auf dem Erdtrabanten zu landen.

Bild: taz

Den ganzen Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 18./19. Juli 2009 - zusammen mit der taz am Kiosk erhältlich.

Der Astrophysiker Hans-Joachim Blome, der unter anderem zum Wissenschafts-Komitee der europäischen Weltraumagentur ESA gehörte, hält bemannte Missionen dagegen weiterhin für wichtig. "Expeditionen der bemannten Raumfahrt haben in besonderem Maße Vorzeigecharakter und faszinieren gerade auch sehr junge Menschen", schreibt der Aachener Professor im "Streit der Woche". Dabei gehe es um Grundlagenforschung und darum, technische Innovationen in Gang zu setzen. Die so gewonnenen Kompetenzen würden Forscher auch für andere Bereiche nutzen.

Neben Sitte, Hettlich und Blome schreiben im Streit der Woche Ute Hausmann, Geschäftsführerin der Organisation Fian, warum Politiker vom All auf den Boden der Tatsachen zurückfinden sollten, und Paul Janssen, der seinen Beitrag auf taz.de gestellt hat. Martin Netter, Inhaber der weltweit größten "Star Trek"-Sammlung, erklärt, warum sich Menschen immer wieder in unendliche Weiten aufmachen müssen.

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19 Kommentare

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  • T
    thomsen

    Ich wusste noch gar nicht, dass wir in Deutschland bemannte Weltraumfahrt betreiben? vielleicht mit der EU in Kourou?

     

    Was geht's sonst die grünen und linken Politiker an?

    Müssen die überall ihren Senf dazugeben?

  • MK
    Michael Khan

    > Die größte Errungenschaft der Raumfahrt ist und

    > bleibt die Teflonpfanne.

     

    Netter Scherz. Nicht besonders wohlinformiert, aber nett.

     

    Die wichtigste und nützlichste Errungenschaft der Raumfahrt ist die Erdbeobachtung, insbesondere, aber nicht allein, die satellitengesttzte Meteorologie.

     

    Hätte die Raumfahrt nie etwas anderes geleistet als das (aber sie hat!), selbst dann hätte sich schon jede investierte Investierte Summe mehr als gelohnt.

     

    Wenn wir heute in Echtzeit verfolgen koennen, welchen Weg ein Wirbelsturn nimmt, dann ist das für Hunderte Millionen Menschen wichtig, gar lebenswichtig.

     

    Wenn wir endlich harte Daten haben, auf denen Klimamodelle aufsetzen, harte Daten, die belegen, wie das Ozonloch zunimmt, dann sind dies die daten, die zu politischem Handeln zwingen. Nur durch weltraumgestützte Beobachtungen bekommen wir globale Daten der Qualität und des Umfangs, der für eine wirklich aussagekräftige Untersuchung des Zustands unserer Atmosphäre notwendig ist.

     

    Die Tatsache, dass Raketen- und Satellitentechnik schon Anfang der 60er Jahre bereits so fortgeschritten waren, dass die ersten Schritte zur satellitengestützten Erdbeobachtung gelegt werden konnten, verdanken wir in der westlichen Welt zum überwiegenden Teil dem Projekt Apollo.

     

    Wer dies alles leugnet und den Raumfahrtanstrengungen keinen Wert beimessen will, der zeigt damit - das muss ich leider so hart sagen - dass er keinerlei Ahnung hat, wovon er redet.

  • MK
    Michael Khan

    "Hunderte Milliarden für die Raumfahrt sind absurd angesichts der Hungernden auf der Welt".

     

    Eine Betrachtung, die etwas fern der Realität steht. Selbst für Apollo gab man in den USA Jahr für Jahr weniger aus als für den Kauf von Tabakprodukten. Weniger als für den Kauf von Nahrung für Haustiere. Mehr als zehnmal weniger als die direkten Kosten für den Vietnamkrieg (die Folgekosten waren viel hoeher, aber diese Folgekosten landeten nicht beim US-Steuerzahler).

     

    Das betrifft allein die Invesitition. Was ist mit dem Ertrag? Was hat der Vietnamkrieg an Positivem geleistet? Nicht so viel, oder? Welche postiven Auswirkungen verdanken wir dem Tabakkonsum?

     

    Dem stelle man die positiven Auswirkungen des Programms Apollo entgegen, nämlich unter anderem die Anschubfinanzierung für Schlüsseltechnologien, in denen die USA, auch dank Apollo heute immer noch weltweit führend sind.

     

    Nicht das programm Apollo war absurd, und auch nicht die bemannte Raumfahrt. Absurd sind eher die Art, wie sie angefeindet wird und die Qualität der Argumente, mit der man sie zu bekämpfen sucht.

     

    Also Leute, werft nicht immer denen, die dafür arbeiten, dass wir Fortschritt und Wohlstand genießen, Knüppel zwischen die Beine und macht euch nicht gleich ins Hemd, wenn es mal darum geht, in Forschung und Bildung zu investieren.

     

    Am Tisch der Welt sitzen zwar einige, die sich da unberechtigterweise sattfressen, aber die Großforschung kann man objektiverweise nicht dazurechnen. Das geben die Zahlen einfach nicht her.

  • MK
    Michael Khan

    Es ist müßig, den Wert eines Programms wie Apollo an der Zahl der daraus erwachsenden Produkte bemessen zu wollen. Der Ertrag von Apollo war vorwiegend volkswirtschaftlicher Natur, in erster Linie stellte dies eine gewaltige Technologiefoerderung dar, von der Schlüsseltechnologien wie Raumfahrttechnik und Informationstechnologie profitierten, indem sie in einer großen Kraftanstrengung binnen weniger den Kinderschuhen entwuchsen.

     

    http://www.kosmologs.de/kosmo/blog/go-for-launch/allgemein/2009-07-20/apollo-benefit

     

    Wer diese Punkte außer Acht lässt und allein auf einzelne Produkte abhebt, noch dazu falsche Beispiele, wie die Teflonpfanne, verkennt und unterschätzt vollkommen den gesamtgesellschaftlichen und volkswirtschaftlich relevanten Ertrag. Dann natürlich kommt man zu solchen Einschätzungen, wie dass dieses Programm die Investition nicht lohnte.

  • M
    marwood

    Die größte Errungenschaft der Raumfahrt ist und bleibt die Teflonpfanne. :)

     

    Was mir im Artikel und in den Kommentaren noch fehlt und für mich das viel größere Argument gg. Raumfahrt um jeden Preis ist die gigantische Umweltverschmutzung, die damit einher geht.

    Auch kommt es mir vor, als ob im Weltraum das hemmungslose Müll einfach "nach draußen" entsorgen nach salonfähig sei. Mit welchen Folgen? Egal. Können wir uns ja später mit befassen...

  • M
    Mistral

    Was ist die größte Errungenschaft die uns die Raumfahrt je gebracht hat? Es sind zweifellos die wunderbaren Fotoaufnahmen von der Erdkugel, die im Zuge des Apollo-Programms gemacht wurden und die damit untrennbar verbundenen Schilderungen der Astronauten.

     

    Es waren gerade diese Schilderungen und Fotos, die der jungen Ökologiebewegung seinerzeit einen unglaublichen Schub verliehen - denn die Aufnahmen zeigten, wie schön und zerbrechlich dieses "Reaumschiff Erde." tatsächlich ist.

     

    Der Aufbruch in den Weltall ist weniger eine Eroberung des Anderen als eine Erkundung und Verortung des Selbst.

  • A
    anke

    Astrophysiker Hans-Joachim Blome sollte genauer hinsehen. Expeditionen der bemannten Raumfahrt faszinieren in besonderem Maße junge Männer. Gut, die sind natürlich auch Menschen, aber vielleicht wäre der Menschheit in ihrer Gesamtheit wirklich gedient, würde (auch) die Raumfahrt wenigstens zur Hälfte entmannt. Ist jedenfalls ein ziemlich alter Hut, der vom heldenmütig ins Unbekannte aufbrechenden (Wissens-)Jäger und -Sammler. Als Utopie taugt er nur bedingt, will mir scheinen.

     

    @Stielauge: Wer auf'm Dorf wohnt, der sieht den (Nacht-)Himmel oft um einiges klarer.

  • DK
    Das Kapital

    Haha,ich fass es nicht, die Linke und die Grünen fordern ständig mehr Geld für Bildung und(Grundlagen-)Forschung, damit diese unabhänging von wirtschaftlichen Zwängen stattfinden kann und dann dieser Satz:

     

    "Fass ohne Boden mit zu geringem wissenschaftlichen Output"

     

    Da stellt sich mir immer die Frage, woher denn die Solarzellen kommen oder manch andere nützlich Dinge

     

    http://www.rp-online.de/public/bildershowinline/aktuelles/wissen/mondlandung/31876?skip=0&refback=/|home

  • H
    hto

    Wissenschaftler haben festgestellt, daß wir immer nur 10% unserer Hirnkapazität nutzen - kein Wunder, wenn man sieht wie oberflächlich / konsumautistisch, multipel-schizophren unser "Zusammenleben" organisiert ist - und die Raumfahrt ist auch nur ein Teil dieser daraus resultierenden symptomatischen Bewußtseinsschwäche, wo Bewußtseinsstärke wie aus einem Guss sein könnte, also ...!?

  • Z
    zdrozz

    Zu den spöttischen Kommentaren:

    Wikipedia: "Aufgrund seines im Vergleich zu anderen Monden recht geringen Größenunterschieds zu seinem Planeten bezeichnet man Erde und Mond gelegentlich auch als Doppelplanet."

     

    also so ganz abwegig ist es auch nicht den Mond als Planten zu bezeichnen :-)

  • JF
    Jan Fickel

    Heute früh im Deutschlandfunk: Man sucht nach Leben auf dem Mars. Und es ging um den Wettlauf zwischen Russen und Amerikanern. Natürlich, es geht um immer die gleiche alte Scheisse: Machtspiele, Konkurrenz, sogenannte Wissenschaft, Türmchen bauen. Aber dass unser Planet, der auf jeden Fall belebt ist und immer mehr zerstört wird, dass der für uns bewohnbar und ein angenehmer Ort bleibt, das ist anscheinend den meisten egal. Mein Vorschlag: Erst mal unsere Verhältnisse auf der Erde in Ordnung bringen, dann könnt Ihr immer noch in den weltraum fliegen!

  • JW
    Johannes W

    Klar man muss kein Geld für soetwas ausgeben. Aber das ist immernoch besser man gibt Geld in so ein Raumfahrtprogramm aus, als in irgendwelche "Auslandseinsätze" wo die Grünenfraktion dereinst zugestimmt hatten und es immernoch ok finden, dass der Arsch der Welt von Deutschland "befriedet" werden muss. Was die Linke erzählt ist mir eigentlich egal, denn die sind konservativkommunistisch eingestellte Leute. Die würden so ein Programm nur gut finden, wenn China so ein Weltraumprogramm fahren würde. Die USA und Europa dürfen soetwas jedenfalls nicht.

  • DH
    Dr. Huss^

    Zitat: "Am 21. Juli 1969 gelang der US-Mission erstmals die Landung von Astronauten auf einem fremden Planeten."

     

    Seit wann ist unserer Mond ein Planet ... ?

  • S
    Stielauge

    Tja, Linke! Wäret Ihr etwas visionärer dann hättet Ihr eine Stimme mehr. Der Weltraum ist kein Kinderspielplatz sondern die Zukunft (was vielleicht schwer zu verstehen ist wenn man vom Dorf kommt). Die ISS ist erst seit kurzem vollständig besetzt und es ist deutlich mehr wissenschaftliche Arbeit möglich als bisher, als die Wartung der Anlage einen Großteil der Gesamtarbeit der ISS-Crew ausgemacht hat. Vielleicht hat es die Linke nicht gemerkt, aber es geht zum Mond. Da Ihr an der (europäischen) Zukunft sparen wollt spare ich mir weitere Kommentare sowie meine Stimme. Schade eigentlich ..

  • I
    iBot

    "[...]die Landung von Astronauten auf einem fremden Planeten"

     

    Ich mach ungerne den Besserwisser, aber Qualitätsjournalismus könnte sich ruhig auch um Genauigkeit bemühen. Der Mond ist kein Planet.

  • M
    Martin

    Hunderte Milliarden Euro für die Fahrt ins Nichts sind pervers angesichts von Millionen Hungernden auf dem Heimatplaneten.

  • PH
    P. H.

    Verglichen mit dem, was für Rüstung ausgegeben wird, ist die bemannte (und befraute) Raumfahrt wohl ein eher dezentes Unterfangen. Und, obwohl es sich bei diesen Unternehmungen natürlich auch um politische Prestige-Objekte handelt, von denen die Rüstungsindustrie profitiert, wäre es meiner Meinung nach ein Fehler, einzig und allein auf unbemannte Satelliten zu setzen. Kommt natürlich auf die Projekte an. Ich denke schon, dass es Sinn macht, Menschen in diese "Umgebung" zu bringen, nicht nur auch wissenschafltichen Gründen. "Da oben" zu sein, verändert die Sicht der Dinge. Das wiederum könnte auf Dauer einen, wenn auch bescheidenen, positiven Einfluss auf das sogenannte "kollektive Bewusstsein" haben.

  • M
    mat

    Benannte Raumfahrt finde ich ebenfalls unnötig. Hier muss ich mal als Konservativer ausnahmsweisen den Linken und Grünen recht geben.

    Die Kosten für die benannte Raumfahrt sind viel höher als der darausresultierende Nutzen aus dem Erkenntnisgewinn.

    Ausserdem werden wir realistisch gesehen niemals die Erde verlassen und andere Planeten besiedeln. Darum sehen ich keinen Sinn in der benannten Raumfahrt.

  • P
    Paddy

    Mit Verlaub, hier wird vom Vermissen wissenschaftlicher Erkenntnissen geschrieben und gleichzeitig weiß der Autor selber nicht einmal mal mehr ob der Mond nun ein Planet oder doch einfach nur ein Mond (bzw. Trabant). Wenn ich schon so etwas lesen muss dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln:

     

    "Am 21. Juli 1969 gelang der US-Mission erstmals die Landung von Astronauten auf einem fremden Planeten. "