Streit der Woche: Ist Deutschland eine Feier wert?
Sekt fürs Heimatland: Die Wiedervereinigung jährt sich am 3. Oktober zum zwanzigsten Mal. Deutschland hat sich seitdem verändert. Ein Grund zum Feiern?
Zum Nationalfeiertag wird Nena singen und Bundespräsident Christian Wulff sich zur Debatte um Integration äußern. Vermutlich wird er in staatsmännischer Attitüde die Wogen zu glätten versuchen. "Wann wird es bei uns endlich selbstverständlich sein, dass unabhängig von Herkunft und Wohlstand alle gleich gute Bildungschancen bekommen?", sagte er in seiner Antrittsrede.
Ein Sprung genau 20 Jahre in die Vergangenheit: Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker erwähnt das Wort "Integration" in seiner Rede zur Wiedervereinigung kein einziges Mal. Es ging um den Platz Deutschlands in der Welt, um den Aufbau der neuen Bundesländer, die Bürger der DDR, die sich gegen den Staat auflehnten. Die friedliche Revolution, der große moralische Neustart der Deutschen.
Der Vergleich gesellschaftlicher Debatten damals und heute ist aufschlussreich: Ist es ein Fortschritt, dass Integration damals zwischen West und Ost diskutiert wurde, heute zwischen Oben und Unten, zwischen Migranten und Alteingesessenen? Oder eher ein Zeichen dafür, was in den letzten Jahren alles versäumt wurde? Die Frage lässt sich auf andere Bereiche ausweiten: Statt über den Aufbau Ost zu sprechen, geht es heute um den ökologischen Umbau der Industrie.
Lesen Sie die Antworten von Experten, Prominenten und taz.de-Lesern zum Streit der Woche in der sonntaz vom 25./26. September – erhältlich zusammen mit der taz am Kiosk oder direkt in Ihrem Briefkasten. Wollen Sie mit dabei sein? Dann schicken Sie uns Ihren Kommentar an streit@taz.de. Mehr dazu im Kasten rechts oben.
Auch auf anderen Felder ist viel passiert: 1990 gab es in Westdeutschland noch einen Paragraphen, der Homosexulität unter Strafe stellte. Elterngeld war ein Fremdwort, der Klimawandel ein Expertenthema. Hartz IV hieß noch Sozialhilfe. Es gab noch Asylbewerber, die nicht sofort in "sichere Drittstaaten" abgeschoben wurden. Die Europäische Union war noch nicht geboren, geschweige denn eine Europäische Verfassung. Später zog Deutschland in den Kosovo-Krieg, in den Afghanistan-Krieg und weigerte sich, am jüngsten Irakkrieg aktiv teilzunehmen. Das Land gab das Symbol seiner Nachkriegswirtschaft auf, die Deutsche Mark.
Haben wir also einen Grund zum Feiern, wenn wir die Geschichte des Landes in den letzten 20 Jahren betrachten?
Was meinen Sie - Ist Deutschland eine Feier wert?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin