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Streit der WocheIst Deutschland eine Feier wert?

Sekt fürs Heimatland: Die Wiedervereinigung jährt sich am 3. Oktober zum zwanzigsten Mal. Deutschland hat sich seitdem verändert. Ein Grund zum Feiern?

20 Jahre Einheit - Lasst die Sektkorken knallen und das Feuerwerk den Himmel erleuchten!? Bild: dpa

Zum Nationalfeiertag wird Nena singen und Bundespräsident Christian Wulff sich zur Debatte um Integration äußern. Vermutlich wird er in staatsmännischer Attitüde die Wogen zu glätten versuchen. "Wann wird es bei uns endlich selbstverständlich sein, dass unabhängig von Herkunft und Wohlstand alle gleich gute Bildungschancen bekommen?", sagte er in seiner Antrittsrede.

Ein Sprung genau 20 Jahre in die Vergangenheit: Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker erwähnt das Wort "Integration" in seiner Rede zur Wiedervereinigung kein einziges Mal. Es ging um den Platz Deutschlands in der Welt, um den Aufbau der neuen Bundesländer, die Bürger der DDR, die sich gegen den Staat auflehnten. Die friedliche Revolution, der große moralische Neustart der Deutschen.

Der Vergleich gesellschaftlicher Debatten damals und heute ist aufschlussreich: Ist es ein Fortschritt, dass Integration damals zwischen West und Ost diskutiert wurde, heute zwischen Oben und Unten, zwischen Migranten und Alteingesessenen? Oder eher ein Zeichen dafür, was in den letzten Jahren alles versäumt wurde? Die Frage lässt sich auf andere Bereiche ausweiten: Statt über den Aufbau Ost zu sprechen, geht es heute um den ökologischen Umbau der Industrie.

Bild: taz

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Auch auf anderen Felder ist viel passiert: 1990 gab es in Westdeutschland noch einen Paragraphen, der Homosexulität unter Strafe stellte. Elterngeld war ein Fremdwort, der Klimawandel ein Expertenthema. Hartz IV hieß noch Sozialhilfe. Es gab noch Asylbewerber, die nicht sofort in "sichere Drittstaaten" abgeschoben wurden. Die Europäische Union war noch nicht geboren, geschweige denn eine Europäische Verfassung. Später zog Deutschland in den Kosovo-Krieg, in den Afghanistan-Krieg und weigerte sich, am jüngsten Irakkrieg aktiv teilzunehmen. Das Land gab das Symbol seiner Nachkriegswirtschaft auf, die Deutsche Mark.

Haben wir also einen Grund zum Feiern, wenn wir die Geschichte des Landes in den letzten 20 Jahren betrachten?

Was meinen Sie - Ist Deutschland eine Feier wert?

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42 Kommentare

 / 
  • H
    Helmut

    @mayzek:

    Ihnen ist die Mehrfachbedeutung des 9. November offenbar nicht bewusst, oder? Lesen Sie mal nach und entscheiden dann nochma, ob dieser Tag arglos gefeiert werden sollte.

     

    zum Thema:

    Auf mich wirkte eine Nationalfeier eher wie der verzweifelte Versuch, unter all den unsäglichen extremistischen Äußerungen der letzten Zeit, noch eine Definition für Deutschland zu geben, die noch eine Chance hat, auch in Zukunft noch als friedlich verstanden zu werden.

     

    Ob man das begreifen will oder nicht: Der kalte Krieg und die deutsche Teilung waren die (militärisch) friedlichste Zeit Deutschlands. Der Gedanke der friedlichen Revolution und das Deutschland von 1990 sind spätestens mit dem Kosovokrieg gestorben. Und damit nicht genug, unsere Regierung belügt uns, um einen weiteren Krieg zu legitimieren - warum darf das Alles plötzlich so sein?

     

    Es bleibt nur eine Frage zu beantworten: Was ist übrig von den Hoffnungen der Einheit? Was haben wir seither getan für Frieden und Gerechtigkeit innerhalb und außerhalb unserer Grenzen?

     

    Deutschland darf sich nicht feiern, weil es - in den Händen der falschen Machthaber - nur noch mit sich selbst beschäftigen muss.

  • H
    Hanzo

    Servus,

     

    ich weiß nicht, ob man für etwas feiern sollte, das noch halb fertig ist. Im Osten ist es immer noch schlechter als im Westen, obwohl schon der Westen den Osten fördert.

    Die Gesetze haben sich geändert, der Regierungssitz nun auch und man kann ohne Angst über die Grenze schreiten. Trotzdem verdient ein Arbeiter im Osten noch weniger als einer im Westen. Trotzdem existieren "Wessi" und "Ossi" noch und keine "Wossis" wie Tom es ausdrücken würde.

     

    Ich freue mich auch nicht über ein Auto, dass noch keine Frontscheibe hat, oder?

     

    Hanzo

  • R
    robert

    Feiern? Ja was denn nur? Sollen wir feiern, dass Deutschland das Land ist, indem der schulische Erfolg der Kinder am meisten von der sozialen Herkunft der Eltern abhängig ist. Sollen wir Feiern, dass die etablierte und erfolgreiche bürgerliche Mittelklasse versucht, eine Ideologie der sozialen Anfeindung gegenüber Arbeitslosen, Migranten und prekär Beschäftigten betreibt? Sollen wir Feiern, dass Deutschland 1993 das Recht auf Asyl faktisch abschaffte und auch heute kräftig mitmischt bei der Sicherung und dem Ausbau der EU gegen Migration, die niemand haben will? Sollen wir Feiern, dass in Deutschland besonders selten gestreikt wird, dass man sich lieber über Ausländer, Juden oder Sexuell anders Orientierte aufregt, anstatt eine solidarische Gesellschaft zu errichten? Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, aber dass diese Zeitung nach dem Wert "Deutschlands" fragt, ist ebenso ein Grund dafür, am 3.10. keine Feier zugunsten Deutschlans zu machen!

  • DP
    Daniel Preissler

    @karakoram

     

    Wenn man aber doch "das Zusammenleben der Menschen" eben ganz gut konstituiert "UND SONST NICHTS", wie du schreibst, dann ist das doch eine ganze Menge - und dann auch ein "Eigenwert" vorhanden (ob das hier gerade so gut gelingt ist nat. noch die Frage!).

    Den Missbrauch dessen, um "die Leute zu beschäftigen, einzulullen und sie nötigenfalls scharfmachen zu können", müssen wir eben verhindern!

     

    Zum Thema "Beitritt der DDR":

    Richtig, na und? Das GG ist in einer historisch einmaligen Situation entstanden, die so (hoffentlich) nie wiederkehren wird. Daher ist das GG auch die beste Verfassung (jaja, ist eigentlich keine, erfüllt nur diese Funktion...) der Welt und ist äußerst schützenswert.

    Kai, Du zitierst dazu:

    "Dieses Grundgesetz (...) verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."

    Eben: ist aber keine Verf. vom dt. Volk beschlossen worden, nd auf dieses heikle Spiel möchte ich mich auch nicht einlassen.

     

    @Vic:

    "uns're Pässe sind fälschungssicher und unser Lebenslauf bekannt-

    keiner scheint hier zu merken, dass man kaum noch atmen kann" d;-)

    Ist allerdings ein Song von '88, also vor der Wende, ob das heute noch so gilt, ist die Frage.

    Auch die Textzeile "unser Lieblingswort heißt Leistung" ist denke ich nicht mehr so aktuell, wie damals, und "für jeden Querkopf ein Gummigeschoss" gilt glücklicherweise auch nicht mehr.

     

    Und ja: natürlich feiern wir erst am 9.Nov., dem Tag der Machtübernahme Napoleons, der mit seinen Feldzügen vor 200 Jahren unser schönes GG ermöglichte! (das war jetzt etwa so halb ernst).

    Grüße, dp

  • B
    broxx

    Feiern? Klar! Endlich einfach in die "Ostzone" ohne Pass, andere Sprache muß auch nicht gelernt werden...ist doch auch was. Wer Deutschland ablehnt-einfach abhauen und uns nicht mehr auf den Sack gehen!

  • F
    finjo

    feiern wir doch einfach die 1,5 billionen euro, die das retten eines völlig maroden systems bis jetzt gekostet hat.

    aber klar, die ost-nostalgier bestätigen es, früher war alles besser!

    *kopfschüttel*

  • V
    vic

    "Es gibt 1000 gute Gründe,

    auf dieses Land stolz zu sein.

    Warum fällt uns jetzt auf einmal

    kein einziger mehr ein?"

     

    -Die toten Hosen-

    es wäre leider zu lang, den Text ganz zu zitieren.

    Deutschland feiern?

    NEIN!

  • D
    daweed

    "Ich kann nicht feiern solange ich im Babylon leb"

     

    Samy Deluxe - Weck mich auf

  • A
    Amos

    Die deutschen Löhne sind auf dem Niveau von 1991. Hängt das eventuell auch mit der Wiedervereinigung zusammen? Die einzigen, die durch die Wiedervereinigung keine Einbußen hatten, sind Politiker, Banken und Großindustrielle der alten Länder. Die Wiedervereinigung war also für den Arbeiter im Westen eine Niederlage für die Arbeiter im Osten ein Unsicherheitsfaktor. Den von den Sozialen Einrichtungen im Osten kann der Bürger hier nur träumen. Was in der DDR in die Sozialeinrichtungen ging, geht hier in die Taschen der Manager, Bänkern und anderen Spitzbuben. Der sogenannte segensreiche Westen ist nur für die ein Segen, die vorher schon gesegnet waren.

  • M
    molokkoa

    Naja... zumindest wurden die Industriebrachen in der DDR mangels Alternativnutzung wieder renaturiert.

     

    Ich denke aber nicht, dass man den 3. Oktober nun überschwänglich feiern muss. Die Einheit wurde sowohl den Menschen im Osten und Westen als tolles Ding verkauft.

     

    Heute hat eine andere Generation mit den Folgen zu kämpfen. Verlassene Dörfer, Landflucht, schlechte Berufschancen, drastischer Geburtenrückgang, unterschiedliches Lohnniveu (nach 20 Jahren!!), zusätzliche Belastung der Sozialsysteme, die so nicht vorherzusehen war.

     

    Die Einverleibung der DDR war politischer Größenwahn, der mit nicht vorhandenem Geld in den Sozial- und Steuersystemen bezahlt worden ist. Die Zeche zahlen natürlich nicht die Entscheidungsträger der damaligen Zeit.

     

    Feiern könnte man die Tatsache, dass ein diktatorisches System durch demokratische Mittel friedlich abgeschafft worden ist. Das sollte auch Denkzettel für die Gegenwart sein, in der Demokratie scheinbar mit Waffen verordnet werden muss.

  • E
    Einheitser

    Einheitsfeier? Welche Einheit denn ...?

     

    Die DDR tritt dem Gebiet der Bundesrepublik bei, lautete der damalige Beschluss.

    Unter dem Rausch der Währungsreform wurde den "Beigetretenen" flugs das Verwaltungssystem der BRD übegestülpt, bevor jemand auf die Idee kam, ob man das in dieser Form überhaupt haben wollte.

     

    Der heutige Zustand der (politischen) Bundesrepublik erinnert in fataler Weise an die DDR - Demoktratie steht draußen dran, doch gemacht wird die Politik in den Hinterzimmern. Früher von der SED bestimmt, heute von Lobbyisten und ihren ausführenden Politikern ... (nennt man wohl 'umgangssprachliche Demokratie')

  • M
    mattes

    Was für armselige Kommentare hier zu lesen sind.

     

    Gehen Taz-Leser eigentlich grundsätzlich zum Lachen in den Keller und kasteiern sich am 3. Oktober und während der WM mit neunschwänzigen Katzen, um Buße für die Fahnenschwinger zu tun?

     

    Wie man ein derartig verkrampftes Verhältnis zu Kultur und Geschichte Deutschlands haben kann ist und war mir schon immer schleierhaft.

     

    Glücklicherweise habe ich immer mehr den Eindruck, dass die jüngeren Generationen mit diesen Diskussionen aus der Vergangenheit überhaupt nichts mehr anfangen können und sich über eine offene und freie Gesellschaft in unserem Land identifizieren.

  • P
    P.Haller

    Ich möchte den guten, alten Buss-und Bettag wiederhaben !!

    Der war IMMER mittwochs (falls ich mich recht erinnere) und (krank)feiern musste man auch nicht, da es ja sowieso ein Feiertag war.

    Das waren noch Zeiten....

  • S
    schreiber

    na klar feier ich!!!!

    nämlich das wir unsere verwandten nun ohne langes warten an der grenze und jederzeit besuchen können und umgekehrt. das ist großartig.

  • M
    mayzek

    3. Oktober ist auch Tag der offenen Moschee, eine Frechheit - Schlimm genug, an dem Tag gibt es nichts zu feiern.

     

    Gefeiert wird am 9. November!

  • L
    linsenspaeller

    Die Gewinner feiern sich selbst und verweisen auf ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Leistungen. Die Verlierer und Versager schimpfen: "Deutschland halt`s Maul!" Aber selbst das ist viel besser, als der Status quo vor 1989.

  • LW
    lars willen

    Keine Feier, denn es ist so ziemlich alles schief gegangen was geht.Sollen die die von der Einheit profitiert haben dort feiern wo sie hingehören,im Ausland.

  • R
    Rod

    Wenn es was zum Feiern gibt, dann eher eine Trauerfeier. Deutschland ist nicht das "Land für alle Deutschen" und Frau Merkel ist schon dreimal nicht die "Kanzlerin aller Deutschen". Deutschland ist das Land der oberen Zehntausend, die es Konzentrieren. Und Frau Merkel ist nur die Kanzlerin der Industire- und Bankenlobby und einer Hand voll Superreicher.

    Wer nicht reich ist, der ist doch im Sinne der Bundesregierung nur "menschlicher Müll", den es totzusparen gilt. Das ist der Eindruck, den die gegenwärtige Politik vermittelt.

  • H
    heino

    feiert sich schwarzrotgold nicht schon genug?

     

    warum nena?!? die kann doch keine party rocken! (mit party mein ich nicht zdf-hitparade sondern party)

     

    warum lässt man nicht sarrazin singen? denkbar wäre zb. ein sesamstrassensong über die intelligenz der deutschen oder ein duett mit steinbach über heimatlosigkeit & ausgrenzung in der brd. damit auch die armen (10000€) unterdrückten sich mal äußern dürfen und ein wenig raum für kritische töne bleibt...

  • M
    Marius

    Juhu! 20 Jahre Annektion der DDR. 20 Jahre von Kapitalinteressen geleitete Politik. Zwei von Deutschland mitgetragene Kriege. Unmenschliche Asylgesetzgebung, Sozialgesetzgebung und seit Sarrazin ist auch Rassismus wieder hoffähig, genauso wie stupides Fahnenschwenken nach der WM 2006.

    Das alles ist Deutschland und ich will mit dieser Scheiße nichts zu tun haben.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Was wollen Sie denn da feiern?

     

    Zum Beispiel diese beispiellos verkommene Regierung, die sich die Bürgerinnen und Bürger des Landes immer noch leisten, statt sie aus dem Amt zu werfen, eine Regierung, die sich täglich neue Schweinereien ausdenkt?

     

    Wollen sie korrupte Parteien und deren Personal feiern?

     

    Wollen sie ein desintegriertes Land feiern?

     

    Wollen Sie die "Bankenrettung" und den Krieg in Afghanistan feiern?

     

    Viel Freude beim Feiern!

  • A
    Anita

    Mein Mann ist aus dem Osten, ich bin aus dem Westen und unser Kind ist ziemlich genau mittig in Deutschland geboren worden.

    3. Oktober ist bei uns Familienfeiertag.

  • V
    Vantast

    Keion Grund zum Feiern, wenn man (gerade in letzter Zeit) laufend gedemütigt wird, durch eine charakterlose, käufliche Regierung, die von Hinterzimmern aus regiert. Soll man die doch gleich an die Konzerne verkaufen! Menschenrechte werden immer mehr eingeschränkt, Afrika durch Agrarexporte und Fischfänge ruiniert, Roma werden wieder deportiert, Israel aufgerüstet, die Bundeswehr als Erfüllungsgehilfe der Amerikaner, der Obrigkeitsstaat formz sich. Schnauze voll!

  • R
    rose

    @hans

    Leute wie sie sollten nach nordkorea auswandern

    - das letzte arbeiter -und bauernparadies

     

     

    Solange solche wie sie dies in Deutschland sagen,gibt es nichts zu feiern!

  • KA
    Kai aus Westfalen

    Art. 146 GG

     

    "Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."

  • B
    Britt

    Ich persönlich freue mich über die Wiedervereinigung und denke, dass eine Feier richtig ist. Trotz aller Defizite, Deutschland hat sich in vielen Dingen positiv entwickelt; und ich sehne mich definitiv nicht in die neunziger oder achtziger Jahre zurück. Es ist jedem überlassen, ob er den 3. Oktober feiern möchte oder nicht - und diese Freiheit sollte man, unabhängig von der Position, auch von beiden Seiten zugestehen.

  • H
    hann0s

    Sicher, das gelingen einer friedlichen Revolution, die wiedergewonnene Freiheit der DDR Bürger und das einreißen der Mauer war eine großartige Sache und is mit Sicherheit eine Feier wert.

    Auf der anderen Seite sollte man jedoch nicht vergessen, was im Rahmen der Wiedervereinigung den Ostdeutschen alles angetan wurde. Zum 2. mal seit 1945 wurde der Osten völlig deindustrialisiert, durch die Gleichsetzung von Ost- und Westmark wurde die gesamte Wirtschaftliche Grundlage entzogen, das Land wurde von einem Konsortium aus Firmen, welches sich "Treuhand" nannte, filetiert und ausgeweidet. Es ist nichts von Kohls blühendenden Landschaften zu sehen, im Gegenteil.

     

    Der Sturz der DDR-Diktatur ist zumindest für die DDR-Bürger ein Grund zu feiern, (und sie können uns als "Nachbarn" gern einladen) 20 Jahre vereinigtes Deutschland hingegen würde ich als Ex-DDR Bürger eher als Angriff als als Feiergrund werten.

  • S
    Steffi

    Nein, in der Gesamtbewertung eher nicht.

    Klar, der Mauerfall mit allem Freiheitsgewinn, der da dran hing und auf welche Weise er erkämpft worden war, klar, das ist alles großartig.

     

    Aber dass daraus der simple Anschluss der DDR an die BRD folgte (statt sich zum Beispiel was tolles Neues auszudenken), dass die DDR-Wähler dafür auch noch höchstselbst gestimmt haben (nämlich für Helmut Kohl, CDU und Wiedervereinigung) statt für die Helden der friedlichen Revolution (nämlich für Bündnis 90 und Runden Tisch), nur um dann hinterher den Hals aufzureißen, dass sie die Einheitsverlierer waren - Nein.

    Das ist doch kein Grund zum Feiern.

     

    Ist doch zum Kotzen.

  • V
    vic

    Wüsste nicht, was es da zu feiern gäbe.

  • UM
    uli moll

    schön - und eine Feier wert: seit zwanzig Jahren hat mir keiner mehr gesagt "geh doch nach drüben"

  • T
    Tom

    Ich denke, dass wir uns über die Wiedervereinigung freuen sollten, denn sie hat die Basis für die friedliche Lösung der europäischen Probleme (Integration der neuen EU-Staaten, Frieden und Demokratie in ganz Europa) gesorgt. 20 Jahre Frieden (Kosova/Serbien ist dem Zusammenbruch Jugoslawiens geschuldet und wir hätten schneller reagieren) ist eine Leistung, für die wir dankbar sein sollten. Ich bin nicht stolz auf Deutschland als Land aber auf den Bau des Europäischen Hauses mit unserer freien und demokratischen Gesellschaft als Eckpfeiler. Im Gegensatz zu den 80iger reden wir heute mit allen Nachbarn und selbst die CSU will die Wehrpflicht abschaffen! Die Erben von Franz Josef Strauss setzen die Abrüstung durch. Allein diese Ironie ist es wert!

  • MS
    Martin Spieler

    Ich bin Jahrgang 83 und kann mich in keinster Art & Weise auf ein Zugehörigkeitsgefühl für ost oder West einstellen. Könnte auch daran liegen, dass ich ausm Norden komme. Ich bin nicht unempathisch, aber versuche ich mich ja nicht in arm und reich hineinzuversetzen oder in sowas leichtes wie krank und gesund, sondern in "hier" und "dort" im selben Land.

     

    Ich habe nur ein Vorurteil über den Osten in mir und bei einer sehr strengen Selbstreflexion fällt auch das gnadenlos durch, aber ich kenne wirklich keinen einzigen Menschen, der die Bewohner ostdeutscher Länder nicht als deutsche identifizieren würde. Wie auch die Bayern, die Berliner und tatsächlich auch die Bremer. Warum das Gefasel von Einheit, begleitet von dickem Getöns, wenn sie doch eigentlich so normal ist, wie die Sprache. Dialekte gibts in der ganzen Welt, nicht nur bei uns und nicht erst seit 60 Jahren.

     

    Ich behaupte einfach mal, dass mein Freundeskreis nicht klein ist. Und ich behaupte, dass ich mehrere Schweriner, Rostocker und Berliner kennengelernt habe, die genauso dachten, wie ich und mein soziales Umfeld. Ein Volk, eigentlich nicht der Rede wert.

     

    Ich freu mich über jede große Fete, so ist es nicht. Aber der Anlass, dazu auch noch staatstragend präsentiert, ist meiner Meinung nach den Aufwand nicht wert. Alle Geschädigten sollten bedacht werden, keine Frage, aber auf die kann man auch mit nem Bier/Wein/Saft anstoßen.

     

    Es gab doch einst diesen Buß&Bet - Tag. Oder so ähnlich. Einen Tag frei und niemand wusste eigentlich genau warum. So ein Tag sollte der 3.10 eines jeden Jahres werden.

  • K
    karakoram

    Die identitässtiftende Wirkung des Staates (verkörpert durch jede Art von Flaggenwedelei) ist ein tragisches Beispiel für seit Ewigkeiten etablierte, unhinterfragte, völlig fehlgeleitete Werterziehung. Konstrukte wie Staat, Kapitalismus oder was auch immer sind dazu gedacht, das Zusammenleben der Menschen zu konstituieren UND SONST NICHTS. Das ganze patriotische Brimborium dient nur dazu, dem ganzen einen Eigenwert beizumessen, den es nicht verdient, die Leute zu beschäftigen, einzulullen und sie nötigenfalls scharfmachen zu können.

     

    Und wenn man dem "Staat" an sich schon einen Wert beimessen möchte, sollte man erst recht so langsam aufhören zu feiern. Dann wäre er nämlich mal deutlich mehr Wert gewesen als die ausverkaufte Ruine heute.

  • TK
    Tadeusz Kantor

    Ich denke, ein Land, oder eine Nation, sollte sich nicht selber feiern. Für mich steht immer noch der MENSCH im Mittelpunkt.

  • T
    T.V.

    Sicher ist dieses Land eine Feier wert, nur nicht an diesem Tag.

  • S
    Stefan

    Deutschland wäre immer eine Feier wert - die BRD eher nicht.

    Wir Ossis haben zwar gewonnen (Staatsratsvorsitzende, Blockparteien, staatlich gelenkte Wirtschaft, "Rechtsstaat"), aber um welchen Preis?

     

    Nee, wir hätten das mit der DDR lieber richtig machen sollen.

  • H
    hans

    @ kian

     

    von kian:

    Was für eine bescheuerte Frage, gucken Sie sich dieses Land doch an mit seinen Atomdeals, faschistischen Organisationen, Sarrazins, Steinbachs etc etc

    ____________________________________________________

     

    Leute wie sie sollten nach nordkorea auswandern

    - das letzte arbeiter -und bauernparadies

  • N
    Nassauer

    Es ist wie beim Karneval: Wer nicht mitfeiern will, soll es eben lassen - Aber dann auch nicht den anderen die Party verderben!

  • S
    steffen

    Für TAZ-Redakteure und Leser die die DDR 'eh immer für das bessere Deutschland gehalten haben sicherlich nicht.

    Für alle Anderen würde ich sagen ja.

    Schön einfach nach Hamburg fahren zu können ohne das auf dich geschossen wird :0)

    Gut auch, daß in Deutschland weniger oder keine(wer weiss daß schon so genau) Atomwaffen mehr stationiert sind.

    Das sind nur zwei Beispiele zur Freude...

     

    Und natürlich hat sich Deutschland verändert. Wie der Rest der Welt auch ! Alles andere wäre eine Diktatur.

  • W
    Wolfgang

    Auf eine "Auferstehungsfeier" mehr oder weniger kommt es doch nicht mehr an. Hauptsache LENA "singt" nicht.

    Und den "zwanzigsten Hochzeitstag" haben viele auch nicht erlebt, so oder so.

  • M
    Makeze

    Es ist immer ein Grund zu Feieren wenn Grenzen abgebaut werden. Und wenn es eine so befestigte Grenze ist, die von Fremden durch ein Land gezogen wurde, die Familien und Freunde voneinander Getrennt hat. Die es ermöglicht hat, dass zwei unterschiedliche politische Systeme den Hass aufeinander künstlich schüren können. Dass das alles weg ist, ist natürlich ein Grund zum Feiern!

  • K
    kian

    Was für eine bescheuerte Frage, gucken Sie sich dieses Land doch an mit seinen Atomdeals, faschistischen Organisationen, Sarrazins, Steinbachs etc etc

     

    Deutschland - nein danke.