Streit der Woche: Eine U-Bahn ist keine Kneipe!
Hamburg will ab Oktober das Alkoholtrinken im Nahverkehr bestrafen. Die Drogenbeauftragte des Bundes, Mechthild Dyckmans, freut sich auf nüchterne Jugendliche.
Mechthild Dyckmans befürwortet das neue Alkoholverbot im Hamburger Nahverkehr. Der Verzicht auf Alkohol im öffentlichen Raum hätte eine Vorbildwirkung für Minderjährige, schreibt die Drogenbeauftragte des Bundes im Streit der Woche der sonntaz. "Eine U-Bahn ist keine Kneipe! Je weniger Alkohol vor den Augen von Kindern und Jugendlichen getrunken wird, desto weniger selbstverständlich wird es für sie, zur Flasche zu greifen."
Laut einer Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) von 2010 trinkt sich jeder zweite 15-Jährige in Deutschland regelmäßig einen Rausch an. Das Konsumverhalten müsse sich ändern, fordert Dyckmans. Es dürfe schlichtweg nicht jederzeit und überall Alkohol getrunken werden.
Der Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Hans-Georg Eils, ist gegen ein pauschales Alkoholverbot im Nahverkehr - zwar sind auch die Brauer "gegen Alkoholexzesse und mögliche Folgen für die Gemeinschaft", aber Vandalismus und Belästigungen seien nicht nur eine Frage des Promillepegels. Ein pauschales Verbot treffe hauptsächlich die Mehrheit der Fahrgäste, die verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen würde.
Wer in Hamburg mit einem Feierabendbier im Nahverkehr erwischt wird, zahlt ab Oktober vierzig Euro. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) folgt damit Initiativen in München, Stuttgart und im Ruhrgebiet. Für die Durchsetzung des Verbots sollen 110 zusätzliche Sicherheitsmitarbeiter sorgen, die ab 2012 ohnehin eingestellt werden sollten. Jetzt kommen sie früher. HVV-Geschäftsführer Lutz Aigner ist optimistisch: "Wir sind überzeugt, dass sich das Alkoholkonsumverbot ebenso durchsetzen wird wie vor einigen Jahren das Rauchverbot."
Aigner beruft sich auf eine telefonische Umfrage unter 1.200 Hamburgern, die Alkoholkonsum im Nahverkehr mehrheitlich als störend empfanden. 86 Prozent der Befragten sprachen sich für das Verbot aus. Sie fühlten sich belästigt durch Pöbeleien, Gestank und Verschmutzung.
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Was Aigner nicht sagt: Die unter 16- bis 29-Jährigen lehnten das Verbot mit großer Mehrheit ab - und werden vermutlich weitertrinken. Jochen Reitstätter, der Sprecher des Deutschen Bahnkunden-Verbands, bezweifelt dann auch, ob das Alkoholverbot praktisch umgesetzt werden kann: "Wer trinken will, findet immer einen Weg."
Schlechte Luft und miese Stimmung in der Bahn - daran seien nicht nur Alkoholkonsumenten schuld, gibt taz-Leserin Alexandra Wiederweg zu bedenken: "Leute dürfen stinken, spucken, ihr Kind anschreien, ungefragt ihre Gesinnung kundtun, im Weg rumstehen. Sie dürfen andere Fahrgäste sexuell belästigen und rassistische Sprüche klopfen. Aber wenn ein paar Clubhopper in der S-Bahn ihr Beck's aufmachen, wird sofort Security angestellt und ein Verbot durchgesetzt."
Außerdem im Streit der Woche in der sonntaz: Petra Krause, stellvertretende Bundesvorsitzende der Abstinenzgemeinschaft Guttempler, und Stefan Petschak, Vorstandsmitglied der Fanabteilung von Borussia Dortmund.
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