Streit der Woche: "Pass auf, oder ich hole den Panzer!"
Muss der Staat Radfahren belohnen? Der Verkehrsclub Deutschland findet die Subventionsidee beim Fahrradkauf gut. Für militantere Mittel wirbt der Bürgermeister von Vilnius.
Die deutsche Politik sollte beim Klimaschutz mit gutem Beispiel voran gehen: Das fordert Doris Neuschäfer vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in der Wochenendausgabe der taz. "Die Abgeordneten selbst sollten, statt stets in spritfressenden Dienstwagen vorzufahren, das Rad nehmen", schreibt Neuschäfer im "Streit der Woche" in der sonntaz zur Frage "Muss der Staat das Radfahren belohnen?"
Die Piratenpartei will bereits Vorbild sein. Die 15-köpfige Fraktion im Berliner Landesparlament möchte statt des ihnen zustehenden Dienstwagens lieber Fahrräder und Tickets für den Nahverkehr. "Ein Politiker auf dem Rad nimmt sowohl seine Stadt als auch seine Mitmenschen bewusster wahr", schreibt Marina Weisband, Politische Geschäftsführerin der Piraten.
Ins Gedächtnis der Bürger eingeprägt hat sich im vergangenen Sommer der Bürgermeister der litauischen Hauptstadt Vilnius. Arturas Zuokas ließ ein Werbevideo produzieren, in dem er mit dem Panzer über ein falsch geparktes Auto fährt. Seine Botschaft: "Wenn du die Rechte anderer beschneidest, dann beschneiden wir deine." Damit wurde Zuokas zum Star auf Youtube. "In Vilnius darf man nicht einfach die Regeln missachten, nur weil man sich ein teures Auto leisten kann", schreibt er in seinem Beitrag für die sonntaz. In Vilnius werden zur Abschreckung auch Sticker auf falsch geparkte Autos geklebt. Ihre Aufschrift: "Pass auf, oder ich hole den Panzer!"
Alle Gastbeiträge im Streit der Woche und viele weitere interessante Artikel lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 26./27. November 2011. Am Kiosk, eKiosk oder im Briefkasten via www.taz.de/we. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
Dass nicht nur die Autofahrer, sondern vor allem die Radfahrer ständig Gesetze brechen, meint Bernd Irrgang. Der Vorsitzende des Bundes der Fußgänger findet es "inakzeptabel, dass speziell Senioren und Behinderte wegen anarchistischer Pedalritter auf ihren Freiflächen gefährdet werden". Das Verhalten der Radler dürfe nicht belohnt werden. Vielmehr müsse der Staat die Fußgänger schützen.
Als unnötig bis kontraproduktiv für den Klimaschutz betrachtet Matthias Wissmann die Benachteiligung des Autofahrens. Der Präsident des Verbands für Automobilindustrie schreibt in der sonntaz: "Eine Politik, die den Autoverkehr einschränkt, führt nur zu mehr Staus, längerer Parkplatzssuche und höherem Verbrauch." Radfahrer würden mit dem Ausbau von Radwegen bereits genug belohnt.
Deutschland, ein Fahrradland? Lachhaft, findet Peter Kusenberg. Die Abkehr der Deutschen von ihren geliebten Autos ist für den freien Journalisten undenkbar. Sogar "beim Ausbruch eines Atomkriegs werden sich die Deutschen zunächst um die Unversehrtheit des Autolacks sorgen. Und dann fahren sie alle mit ihren SUVs in die Hölle."
Im "Streit der Woche" in der sonntaz beteiligen sich auch taz.de-Leserin Gunda Werner-Burggraf, die von Deutschland nach Japan radelte, sowie der niedersächsische Verkehrsminister Jörg Bode (FDP).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Unterstützerin von Gisèle Pelicot
„Für mich sind diese Männer keine Menschen mehr“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
Trump und Selenskyj zu Gast bei Macron
Wo ist Olaf?