Streit der Woche: Ein Ding der (Un)möglichkeit
Finanzkrise, Politikkrise, Armut, Kriege, Umweltkatastrophen, Rassismus, Gewalt: Kann es bei so viel miesen Aussichten ein gutes Leben im schlechten geben?
Gibt es ein gutes Leben im schlechten? – so lautet die aktuelle Frage zum Streit der Woche in der sonntaz. „No way gibt es das im (schl)echten Leben“, antwortet Heike Schwarz. Die deutsch-südafrikanische taz-Genossin ist „Zeitzeugin des wohl offensichtlichsten Elends, das auf keinem anderen Kontinent der Erde so weit verbreitet ist“ wie in Afrika, schreibt sie. „Im südafrikanischen Guguletu findet auf einem Gebiet von sechs Quadratkilometern an jedem dritten Tag ein Mord statt. Im Hier und Jetzt der Parallelgesellschaften der Slums herrschen Demütigung, Gewalt und Angst, fast restlos“, schreibt sie weiter.
Mit der Frage, ob es ein gutes Leben im schlechten gibt, wird das Thema aufgegriffen, das sich die taz zum zwanzigjährigen Geburtstag der taz-Genossenschaft, der am 14. April gefeiert wird, selbst stellt: „Das gute Leben – es gibt Alternativen“ lautet das Thema des diesjährigen tazlabs.
Aber so eindeutig wie bei Heike Schwarz fallen die Antworten der anderen Genossen und Genossinnen nicht aus. Das gute Leben – es ist eine Herausforderung, es zu benennen. Das mag daran liegen, dass es sich aus der Verneinung schlechter Wirklichkeiten speist. Nicht Krieg, nicht Hunger, nicht Gewalt, keine Bereicherung auf Kosten anderer, keine Zerstörung der Umwelt. So konnte es passieren, dass, wer das gute Leben will, in die Defensive geraten ist.
Den ganzen Streit der Woche und viele spannende Texte lesen sie in der aktuellen sonntaz vom 14. und 15. April, die sich anlässlich des taz-labs voll und ganz um „Das gute Leben“ kümmert. Wir fragen, was genau das eigentlich ist, was es in einer Bank bedeuten kann und was gutes Leben mit Zuckerschlecken und italienischen Zahnkronen zu tun hat. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
Dialektisch denkende Genossen und Genossinnen – denn anlässlich des 20. Genossenschafts-Jubliäums wurden nur sie befragt – verneinen die Frage. „Das gute Leben im Sinne einer eindeutigen Begriffsbestimmung kann es nicht geben – das wäre kein gutes Leben mehr, sondern eine Bevormundung des Einzelnen“, meint etwa Hans Nutzinger, Professor für Unternehmenstheorie.
Menschen, die jedoch eher in der Praxis verankert sind, bejahen die Frage. Dazu gehört auch Ursula Sladek, die vor fast drei Jahrzehnten das atomstromfreie Elektrizitätswerk EWS gründete. „Bei aller sozialen Ungerechtigkeit, bei allen ökologischen Problemen, bei allem Schlechten in der Welt kann sich jeder Einzelne hier bei uns für ein gutes Leben entscheiden.“
Und zwar, argumentiert sie, kann man sich als Individuum engagieren, die Ärmel hochkrempeln und Gegenwart so gestalten, dass sie nicht nur für einen selbst, sondern auch für andere, gesünder, gerechter, schöner wird.
Dass jeder einzelne sich im Guten engagieren kann in einer Welt, die unter schlechten Vorzeichen steht, das ist auch der Tenor in den meisten anderen Antworten – vom Soziologen Thomas Maurenbrecher, dem Kabarettisten Ecco Meineke, der Neurologin Isabella Heuser und Martin Krempel, einem taz.de-Leser.
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