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Streit der WocheWar früher alles besser?

Hach, früher. Da moderierte Gottschalk noch „Wetten, dass...?“. Da waren Studenten noch Revoluzzer. Da war der Urlaub noch mailfrei. Hach, früher.

1968: Da sah der Studentenprotest noch anders aus. Bild: ap

Ja ja, die guten, alten Zeiten. Für diejenigen, die sich noch erinnern mögen: Da gab es doch mal eine Zeit, ohne diese ständig nervenden Handys, Smartphones oder sonstige Technik. Eine Zeit, in der sich junge Menschen noch an der frischen Luft statt in virtuellen Räumen trafen. Eine Zeit, in der das Werben nicht nur wirtschaftliche Zwecke erfüllte. Oder so ähnlich.

So manch einer wünscht sich nach all den Euro-Querelen, Pleitemeldungen und anderen wirtschaftlichen Hiobsbotschaften sogar die alte D-Mark zurück, manchmal jeder dritte Deutsche, das zeigen Umfragen. Andere wiederum meinen, früher oftmals weniger gesellschaftlichen Druck verspürt zu haben. Nicht immer nur: leisten, leisten, leisten. Wirklich?

Schon lange sind die „guten alten Zeiten“ nicht mehr nur eine springende Floskel-Schallplatte unserer Großeltern. Früh übt sich, wer mitreden will: Ob in den sozialen Onlinemedien, in öffentlichen Foren oder privaten Blogs: Retro sein und in Nostalgie schwelgen ist in und das bereits mit Anfang Zwanzig.

Die Badewannen-Gottschalk-Wohlfühlabende der 80er scheinen nicht mehr nur der„Generation Golf“ zu fehlen, die der Autor Florian Illies früher mal beschrieb, als die Bücher noch besser waren. Früher – ja, da war doch der Himmel auch noch ein wenig blauer, die Menschen ein wenig freundlicher. Selbst bis 1990-Geborene behalten sich das Recht auf die Verklärung ihrer Kindertage vor. Auch, wenn sie noch nicht allzu lang zurück liegen.

Aber jetzt mal ehrlich. Früher das ist: Nazis, Kalter Krieg, Mauer. Oder: Pest, Cholera, Hexenverbrennung. Früher das war: Dieser nervig-kratzige Kinderwollpullover, blöde Mathehausaufgaben, das Telefonzellengespräch, das plötzlich abbricht, weil ein paar Pfennige fehlen. Das war dieser C64, kein Macbook, kein PC.

Bild: taz

Den kompletten Streit der Woche, unter anderem mit Familienministerin Kristina Schröder und einem Nostalgieforscher, lesen Sie in der sonntaz vom 16./17. Juni. Die sonntaz gibt es auch im Wochenendabo.

Und wer will schon auf die globale Vernetzung, die das WorldWideWeb ermöglicht, verzichten?

Oder was meinen Sie: War früher alles besser?

Die Streitfrage ist diesmal eine spezielle. Denn auch die sonntaz hat in dieser Woche ein Spezial, mit dem Motto: „Was ich dir noch sagen will...“. Beziehen Sie Stellung! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren ein oder zwei aus und veröffentlicht sie im Wochenendmagazin.

Der Kommentar sollte etwa 1.000 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns eine Mail an: streit@taz.de. Den Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 16./17. Juni. Die sonntaz gibt es auch im Wochenendabo.

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36 Kommentare

 / 
  • R
    Roland

    Schon mein Sohn sagt, früher war der SPIEGEL besser. Ich werde alt, das war früher auch besser.

  • G
    Gerda

    "Früher" das ist für mich die zweite "goldene Zeit", die der 60er, 70er und 80er Jahre. Da gab es keine Massenarbeitslosigkeit und keine Diktatur der Finanzmärkte. Die Demokratie war nicht bedroht, sondern im Aufbruch, voller Hoffnungen, Perspektiven, Selbstverständlichkeiten für eine wirklich bessere Welt - für alle, Jung und Alt, für Europa, sogar für die ganze Welt.

  • J
    Jojas

    Früher gab es Enten, Käfer, VW Golfs, VW Passats, Mercedesse und Opel fahren war wie wennse fliechst, heute gibt es eiförmigen Einheitsbrei.

     

    Früher hab es Spießer, heute sind sie ausgestorben. Wen soll man jetzt verachten?

     

    Früher gab es den Warschauer Pakt und die NATO, heute ist alles asymmetrisch.

     

    Früher gab es Kohl, den konnte man noch schön hassen, heute gibt es Merkel, da kann man sich nur am Kopf kratzen.

     

    Früher gab es ARD, ZDF und WDR. Heute gibt es ARD, ZDF, 537 WDRs und Neo und Ereigniskanal und Artsyfartsy und HD und Flatscreen und Digital und den ganzen privaten Scheiß.

     

    Früher waren Männer noch Männer (japanische Wissenschaftler haben herausgefunden, daß der Durschnittstestosteronspiegel in den westlichen Industrienationen in den vergangenen 20 Jahren um fast 40% gesunken ist).

     

    Aber trotz alledem: die Menschen sind gleich geblieben. Trotz (vermeintlicher) Paradigmenwechsel resp. Zäsuren wie Internet, Mobiltelephonen, Finanzkrisen, Globalisierung, Terrorangst, Euro, Ende des Warschauer Paktes hier und Clash of Civilizations da und medial verorteten (verordnetem) Postblah-irgendwas hie und hott und sowieso und allüberhaupt, sind die Menschen doch gleich geblieben.

    Sie sind immer noch die selben liebenswürdigen, eitlen, hellsichtigen, schüchternen, großkotzigen, dummen, klugen, unterwürfigen, langweiligen, naseweißen, herzlichen, verblendeten, rach- herrsch und spielsüchtigen Wesenheiten, die sie schon immer waren (und immer sein werden, so sie denn nicht a) sich selbst auslöschen oder b) transzendieren und Wesen aus reiner Energie werden).

  • P
    Paul

    JA!

    "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde...

    Und Gott sah, dass es GUT war..."

     

    Am sechsten Tag fiel es ihm bei, uns Menschen zu erschaffen. DAS war DER Fehler. Die "Verblödung" ist seitdem nicht mehr aufzuhalten. Im Namen des "Fortschritts", des "Besseren" ruinieren wir die eigenen Lebensgrundlagen.

     

    Früher war alles besser? Sicher manches.

    Jedenfalls wird später fast alles schlechter sein! Viele wollen das allerdings nicht glauben(!).

     

     

    Danke für den Link:

    http://www.youtube.com/watch?v=SAnTsG8e4wQ

  • S
    Stefan

    Heijeijei, diese Rubrik schafft es doch immer wieder, neue Tiefpunkte zu setzen.

     

    Die Frage ist so alt, dass ihre Antwort selber bereits in Sprichwortform existiert:

     

    "Heute ist das, wass wir später die gute alte Zeit nennen werden."

     

    Was wird wohl der nächste Negativrekord hier sein? Meine Fantasie reicht gerade nicht aus, sich irgendwas vorzustellen, aber ich bin voller Vertrauen:

    Ihr schafft das!

  • T
    tommy

    Die Frage ist ja so schwammig formuliert, dass man dazu keine sinnvolle Aussage treffen kann. Welches "früher" ist denn gemeint? Ich selbst bin zwar ziemlich "rechts" eingestellt, aber auch ich würde nicht behaupten, dass 1933-1945 in Deutschland irgendwas (geschweige denn alles) besser war als heute. Bei anderen Zeiten oder auch anderen Ländern wäre ich mir da nicht immer sicher. Und zwar war "früher" (wann immer das gewesen sein mag) sicher nicht alles besser, aber auch nicht unbedingt alles schlechter. Eine undifferenzierte Verklärung der Vergangenheit ist genauso unsinnig wie eine Pauschalverurteilung derselben ("früher war alles so rassistisch, sexistisch und homophob"), die ein fragwürdiges Fortschrittsnarrativ auffährt, um die heutigen Zustände zu legitimieren und als einzig wahre Ordnung menschlichen Zusammenlebens darzustellen.

  • H
    hto

    "Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit gegen die nichts und niemand ankommt. Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von aussen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität**, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst. Der Dummheit ist nichts menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus." (Alain Finkielkraut)

     

    *Bewußtsein, wenn der Autor nicht den Zeitgeist meint

    **gutbürgerlich-gebildete Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche und in "Individualbewußtsein"

     

    Solange sich unser Selbst- und Massenbewußtsein im Kreislauf von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" beschäftigen läßt, also im "gesunden" Konkurrenzdenken des nun "freiheitlichen" Wettbewerbs um ..., ist ALLES nur symptomatisch-blödsinniger Teil der Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL - Surfen auf und im "WACHSTUM" von Zeitgeist.

  • CL
    Ce la vie

    Früher war alles besser? Was denn, die Atomkraftwerke, die Kriege, die Umweltverschmutzung, das Miteinander, die Menschen schlechthin? Wenn die Menschen in der Vergangenheit immer das Bessere sehen, haben sie ihre Jugend vergessen. Früher hiess es, Micky Maus - Heftchen lesen, macht blöd. Wer sagt uns, dass unsere Kinder ihre Kinder in naher Zukunft nicht auffordern, "spiel doch mal was Vernünftiges wie "WOW" oder so, Du mit deiner blöden Lyrik." Wer legt fest, was früher besser war oder nicht?

  • UR
    Uwe Roos

    Der Aufmacher "War früher alles besser?" impliziert eine Vergangensheitsverklärung, die sowohl neurologisch als auch soziophilosophisch erklärbar ist. Früher war es anders und morgen wird es anders sein als heute. Unser Gehirn lässt uns die Erinnerungen reflektieren, die als angenehm empfunden

    werden - eine Art emotionaler Selbstschutz. Diese Gedanken stehen im Vordergrund. Verdrängungsmechanismen, die ebenso gewollt sind und für ein zukunftsweisendes Handeln unabdingbar sind.

    Erinnerungen sind subjektiv und individuell. Als Ausdruck eines kollektiven Empfindens steht nicht der Mensch per se im Vordergrund, sondern die Umwelt die der Mensch erschafft und die er zu verstehen und zu beherrschen versucht. Gelingt in der Gegenwart eines von beiden nicht oder nur ungenügend, treten Mechanismen einer relativen Erinnerung zu Tage, die fragil und bruchstückhaft die reale Vergangenheit erfassen.

  • GO
    good & old

    ich finds jetzt an manchen tagen irgendwie genauso scheisse wie vor 10jahren.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=5PZULD9FOhc

  • R
    rheinelbe

    Früher war alles damals!

     

    Und das wird später

    wieder so sein ...

  • D
    deviant

    Klar war früher alles besser...da standen die Politiker noch für was, statt allerorten Liberalisierung und Privatisierung zu fordern, dann aber den eigenen Teppich per staatlichem Logistiker (Stichwort: ring's [N]ach [D]eutschland) nach Hause zu schicken, anstatt eines der privaten Mitbewerber - nicht mal ne Ausschreibung hat's gegeben!

  • G
    golm

    Früher war ich jünger.

  • DU
    Der Uli

    Jaja, früher ...

     

    Da hatte man noch ne anständige "Vergangenheit" - und keine Timeline. Und "Freunde" waren die mit denen man den letzten Tabak geteilt hat (heute wäre das Körperverletzung) und nicht das jüngste Kloerlebnis.

     

    Andererseits: Man hatte auch "no Future" und John Travolta, keine Ahnung und null Bock, gerne auch blau. Und hartnäckige Pickel, die beim Anblick kurzer Röcke gleich platzten ... Besser?

     

    Alles wird schlechter

    Nur eins wird besser:

    Die Moral wird schlechter

  • D7
    Der 77er Jahrgang

    Die die die Floskel "früher war alles besser" anbringen das sind auch die Leute die sagen "also die Jugend von heute.... (total verkommen....,....,etc.) diese Sache mit der Jugend wird übrigens schon seit der Antike immer wieder angebracht, wenn "die Jugend" wirklich so verkommen wäre und sich das in einer ununterbrochenen Reihe seit der Antike so fortgesetzt hätte, dann wären wir alle sämtlich total degeniert in Sachen Kultur usw., würden uns wieder mit Knüppeln die Schädel einschlagen. Also diese beiden Floskeln sind totaler Blödsinn. Außerdem ist "die Jugend" eine Verallgemeinerung die unerträglich ist, genauso wie "früher war ALLES besser", sicher früher war einiges besser aber auch einiges schlechter und einiges ist so geblieben wie immer, z.B. werden immer noch fröhlich Kriege geführt das ist ja so schön bequem wenn man Stellvertreterkriege auch mal auf andere Weise führen kann, also so grobe Verallgemeinerungen möchte ich nicht mehr in der taz lesen, weder "virtuell" noch gedruckt.

     

    Schöne Grüße aussem Ruhrpott Christian

  • H
    horst

    ja früher, da durften gewisse leute in den usa noch nicht auf den golfplatz oder sich einen freien platz im bus ausssuchen.

    früher war homosexualität in deutschland noch eine straftat.

    frauen mussten ihren mann bei einer kontoeröffnung um erlaubnis fragen.

    das wort neger war früher noch ganz in ordnung. lehrer griffen noch zu trivialeren mitteln um schüler zu züchtigen als heutzutage.

    in den 70ern gab es jedes jahr noch 50 sexualmorde, 2010 waren es nur noch vier.

    früher war es noch ganz normal wenn mama dem kleinen in der straßenbahn eine ohrfeige gab.

    früher, da waren die grenzen noch dicht.

     

    ja früher, da war alles besser?

  • A
    AntiFunt

    Muss Celik zustimmen, früher wären Linke in Deutschland auf die Strassen gegangen, wenn 3 kleine Kinder auf offener Strasse per Kopfschuss ermordet wurden, nur weil sie Juden waren.

     

    Aber ich habe das dumpfe Gefühl, dass genau jene Sorte rassistischer Gewalt Celik und Co. kein Kopfzerbrechen bereitet.

     

    Gruss an den zensor, die waren früher auch besser.

  • 4
    4n0nym

    "weißt du noch wies früher war? früher war alles schlecht! der himmel grau, die menschen mies - die welt war furchtbar ungerecht"...

  • FF
    Frieda Fast-Zufrieden

    (Grüße an Chesterfield)

    Natürlich ist heute vieles besser. Nicht alles. Früher zog FRAU die ganze Familie besser an, nach strikten Regeln, damit die Nachbarn nicht tratschten. Der Kaffee wurde noch von IHR gebrüht, und das ganze Haus duftete danach. SIE kochte noch täglich, und es gab diese Fast-Food-Tempel zwar schon, aber nur, damit ER die Familie Samstags mittags großspurig dorthin einladen konnte, damit Mutti mal nicht kochen musste. Die Kinder waren noch schlank und rank und spielten, von Mutti durchs Fenster beaufsichtigt, an der frischen Luft. SIE war ob des knappen Haushaltsgeldes sehr bescheiden...

    Und wenn einer seine Frau und Kinder schlug, hieß es: Wieso, sind doch seine, kann er doch mit machen, was er will.

    Nee, ich lebe heute definitiv besser als damals - auch weil ich Verbesserungen spüre, für die wir jahrelang gekämpft haben.

  • H
    hajue

    überall ist es besser wo ich nicht bin.

    diese denke haftet (leider) vielen an, und dies bezieht sich nicht nur auf den ort.

    wir leben in einer zeit, in der die gesellschaft immer aufgeklärter, gebildeter und toleranter wird und in einem wohlstand lebt, den es bis dato noch nie gab.

    natürlich gibt es vieles immer noch zu verbessern und manche dinge waren früher vielleicht einfacher, anders oder sehen aus der retrospektive besser aus.

    es gibt sicher vieles zu verbessern oder abzuschaffen, aber anstatt sich die vergangenheit zu verklären sollte man lieber versuchen sich für eine bessere zukunft zu engagieren. im grossen oder im kleinen. politisch, sozial oder einfach nur im privaten. jeder kann vieles tun. leider ist der eigene egoismus meist die grösste hürde und bremse. also anstatt zu jammern, anpacken und mitmachen. gegen wirtschaftswahn, gier und egoismus. für eine fröhliche, liebevolle, soziale und menschliche welt.

    wir sinds, die es in der hand haben!

  • DB
    Dorothea Bortrap

    Wenn ich mir die Welt insgesamt anschaue, überleben heute im Vergleich zu einem Jahrhundert früher mehr Menschen.

     

    It Leben deshalb insgesamt besser? Es gibt weiterhin Seuchen, Massenvernichtungen, Kriege, alles noch da. Leben ist halt Leben. Das war immer schön und schrecklich brutal gleichzeitig, wunderbar und tödlich, Leben eben.

     

    Ich finde die Frage interessanter, warum ein Teil der Menschen die Angewohnheit hat, in den jeweiligen Frühers (Frühjahrs?) vieles besser gefunden zu haben. Geben solche Anker mehr Sicherheit? Irgendwelche evolutionsartigen Vorteile?

  • J
    Justin

    B-Tight hat das treffend analysiert: "Früher war beschissener, früher war der Führer da!".

    Der Grund, warum uns "früher" als so viel einfacher erscheint ist, dass es vorbei ist, wir wissen wie es abgelaufen ist und wir offensichtlich überlebt haben. Das kann man von der Zukunft natürlich nicht sicher sagen. Wir haben heute neue Probleme, dafür sind andere verschwunden. Atomausstieg, Gleichstellung: früher unvorstellbar. Dafür haben wir eben jetzt Eurokrise und Klimawandel.

  • Y
    Yadgar

    Das waren noch Zeiten, als selbst der Niederrhein jedes Jahr so dick zufror, das das Eis mühelos eine voll beladene vierspännige Kutsche trug, als der Schnee sich selbst auf den Südhängen des Kaiserstuhls

    volle fünf Monate hielt! Als Bären und Wölfe während der kalten Jahreszeit noch bis in die Städte kamen und für gesunde Selektion unter der Jugend sorgten! Damals erlegten Hunger und Kälte allen Schichten

    unseres Volkes die harte Schule eines unerbittlichen Überlebenskampfes auf, aus dem nur die Stärksten als Sieger hervorgingen - da war kein Platz für die effeminierten Empfindlichkeiten degenerierter

    Wohlstandskinder, da herrschten härteste Zucht und eiserner Wille, da wußte ein Mann noch zu töten wie zu sterben, da wußte eine Frau noch, was der ihr von der Natur zugedachte Platz war!

     

    [...]

     

    Heute hat der hemmungslose Konsum-Hedonismus einer vom Kampf ums Dasein entwöhnten, charakterlich völlig degenerierten Infantilgesellschaft es

    bereit geschafft, das ökologische Gleichgewicht des Planeten umfassend durcheinander zu bringen. Nicht nur die Raubtiere verschwanden aus unseren Wäldern, auch sorgt der Treibhauseffekt dafür, dass unsere

    Winter immer milder werden. In weiten Teilen West- und Nordwestdeutschlands ist Schnee inzwischen zur Seltenheit geworden, selbst Niederbayern, das noch in den 80er Jahren für Extremwerte weit unter -30°C gut war, bringt heute keine wahren Männer mehr hervor. Die heutige Jugend Deutschlands würde keinen Krieg mehr überleben! Deshalb fordern wir:

     

    VÖLLIGE RÜCKFÜHRUNG DES TREIBHAUSEFFEKTES BIS 2030!

    EINRICHTUNG VON KRYOSPHÄRENRESERVATEN ZUR CHARAKTERLICHEN ERTÜCHTIGUNG UNSERES VOLKES!

    AUSMERZUNG ALLER VERWEICHLICHENDEN IRRLEHREN!

  • V
    vic

    Früher war nicht alles besser, doch auch nicht alles schlecht.

    Aber halt; früher war Merkel noch hinter dem antikapitalistischen Schutzwall, und das war definitiv besser so.

  • KN
    Karl Napp

    Ob früher alles besser war, ist wohl eher eine Frage des Standpunktes. Ich fühlte mich früher direkt der Staatsmacht ausgesetzt, wenn ein Arroganter Schaffner in der Bahn die Fahrkarten verlangte. Oder wenn ich bei der damaligen Bundespost einen Telefonanschluss beantragen (Beantragen = erbitten) musste. Vom Gang zum Ordnungsamt ganz zu schweigen.

    Ok, mag sein, dass es früher so was wie eine freie Presse gab. Glaube ich aber nicht! Heute kann ich übers Internet frei wählen, woher ich meine Informationen beziehe. Egal, ob aus England, Österreich, Russland oder USA.

    Früher gab es Festpreise für Langspielplatten. (20DM) Es wurde nur das angeboten, was einigen Damen und Herren genehm war. Heute bekomme ich übers Netz die Sachen, die man mir früher vorenthalten hat.

    Wenn ich früher krank war, musste ich dem Herrn Doktor glauben, was er sagte. Heute kann ich mich anderweitig informieren.

    Wenn ich früher einen Leserbrief an eine Zeitung schickte, landete der im Papierkorb. Diesen könnt Ihr jetzt lesen.

    Mein Fazit: Hört endlich auf in falscher Nostalgie zu jammern!

  • I
    Innen

    Freiheit.

     

    War früher besser.

     

    Und Wahrheit.

     

    War früher auch besser.

     

     

    "Und was ist mit Gleichheit und Brüderlichkeit?"

     

    *augenverdreh*

     

     

    (Hinweis: Beitrag kann Spuren von Sardonismus enthalten)

  • AC
    A. Celik

    Früher war es zumindest noch schick, gegen rechte Gewalt und Rassismus auf die Straße zu gehen, Menschenketten zu bilden und seiner Solidarität auf Transparenten und Demonstrationen offen kundzutun. Und Heute? Heute wird Menschen über einen Zeitraum von 10 Jahren unter Beisein staatlicher Stellen in den Kopf geschossen, ohne dass sich auch nur ein Demokrat auf die Straße wagt und Farbe bekennt oder auch nur ein einziger Bürokrat die Verantwortung übernimmt und seinen Rücktritt erklärt. Und das alles in einem Land, in dem ein Staatsoberhaupt wegen eines vergünstigten Hauskredites seinen Hut nehmen muss... Früher war also wirklich alles besser. Zumindest weniger erbärmlich und weniger verlogen.

  • C
    Chesterfield

    Natürlich war früher vieles besser.Nicht alles.Man zog sich besser an,keine Uniformen,wie Jeans und T-shirt.Der Kaffee wurde noch gebrüht und das ganze Haus duftete danach.Man kochte noch täglich und es gab siese schrecklichen Fast-food-Tempel noch nicht.Die Kinder waren noch schlank und rank,sie spielten draußen an der Luft und bewegten sich.Man war generell bescheidener und jagte nich jedem Unsinn hinterher.Und selbst,wenn das Telefongespräch in der Zelle mal unterbrochen wurde,was machte das schon,wann telefonierte man denn schon?Heute hat jeder Knirps ein Handy.Und jedes Jahr ein neues.Wozu eigentlich?Unsere KKinder verböden in der Schule,es gibt keinen Respekt mehr vor Lehrern und Erwachsenen.Und da sagt mancher,dass es heute besser sei.Nee,bestimmt nicht.Früher war es tatsächlich in vielen Dingen besser.

  • B
    Burned

    S.Freud hat die natürliche Verdrängung, die wohl auch immer wieder kehrende kollektive Verklärung und Romantisierung zur Folge hat (sagten nicht Opas in den 80ern noch: "sooo ohne war der Hitler gar nicht"), ja analysiert. Trennen muss man nur: Es gibt inzwischen ein Vor-Internet und ein Internet-Zeitalter, an dessen Anfang wir gerade erst stehen. Und, für alle spürbar: Die damit einhergehenden Probleme haben sich seit den 90ern auf Grund einer fehlgeleiteten und von großkapitalistischen Interessen geprägten Politik (Verdichtung von Arbeit und Freizeit, Manipulierung des Schulwesens zu Gunsten der Wirtschaft) leider zugespitzt.

  • T
    Tomster

    Früher....

    ich bin 32 - ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern als D1 2,99DM/Min verlangte, also ca. vor 12 Jahren. Damals besass ich noch kein Handy, dafür aber die ganzen profilierungsgeilen Douchbags mit Migrationshintergrund. Sie gröllten vor der Wirtschaft und in der Supermarktschlange herum, Hauptsache man sah sie mit einem Nokia herumschwallen - nervig. Und ist es heute besser? Jede kleine Kackpratze hat einen 24mon. Vertrag, welcher ihrer erbärmlichen Konsumverdummten Teenieperspektive ein Iphone (4S! neuer ist besser!) finanziert und ihr die Eltern den ganzen Scheiss. Dann rennen Sie wie contergangeschädigte in der Körperhaltung durch die Strassen und versuchen Paris Hilton nachzueifern. In der einen Hand eine türkische Louis Vuitton, in der anderen (sinnlos vor sich hertragend) ein Smartphone, bevorzugt Apple. Als sich Apple Ende der 90er kurz vor deren Untergang sich darauf besann nicht mehr im Preiskampf mit den PC mithalten zu wollen und ihre Produkte begann emotional aufzuladen und entsprechend zu vermarkten, war das der Anfang vom Ende der seriösen Handhabung von diesen Geräten. Heute trägt jedes Unterschichtenkiddi neben Ed Hardy ein Iphone - ja das war früher besser, da standen WIR noch nicht so dumm in der Ecke mit einem weissen Stecker im Ohr und als stilsicheres Modeopfer haben wir uns noch die Basecap gebogen und nicht dämlich und mit "Genuine"Kleber drauf. Ich finde die heutige Jugend (also ich-10j) verblödet komplett vor jeglicher Art von Mattscheibe, online ein Held, offline ein Loser. Verkrüpelter Deutschsprech, den halben Tag auf Facebook ihrer trivialen Tätigkeit nicht bewusst. Ach ich könnte kotzen! Wieso ist mein Iphone 3GS nur so ne Krücke? ;) Bestens, Tomster.

  • L
    lola

    ja, früher war einiges einfacher aber man hatte nicht so viele Freiheiten. diese wiederum machen heutzutage einiges schwerer.

  • E
    Eremit

    Bei allem, was früher nicht gut war: Da konnte man noch woanders hin. Die Welt war größer.

     

    Dank spätestens Globalisierung ist sie heute klein; die entscheidenden Umstände gleich und die Situation meist schlechter. Die Welt ist eng geworden...

    Und auswegloser.

     

    Und maschineller. Und monetärer. Und fragiler.

    Und lauter. Wem's gefällt...

  • N
    nurso

    Früher... moderierte Frank Elstner "Wetten dass" und nicht Gottschalk, der daraus eine unerträgliche Dauerwerbesendung machte. Und das war besser.

  • R
    reblek

    Auf jeden Fall war die taz früher besser, weil sie parteilich bzw. parteiisch war, aber nicht für Parteien.

  • C
    Christoph

    Früher...

     

    ... war mehr Lametta!

  • C
    Christopher_S

    Sehr geehrte taz-Redaktion,

     

    diese Frage, die Sie hier stellen, hat Jochen Malmsheimer bereits in einer Episode aus "Neues aus der Anstalt", wie ich finde, umfassend und zutreffend beantwortet.

     

    Daher an dieser Stelle nur die Referenz auf dieses Meisterwerk:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=SAnTsG8e4wQ