Streit der Woche zu Filmförderung: "Gerechtigkeit ist was für Weicheier"
Hilft die Filmförderung den Falschen? Regisseur Leander Haußmann will mehr Transparenz bei den Entscheidungen über Filmförderung. Grünen-Chefin Roth verlangt Vorrang für Qualität.
BERLIN taz | Grünen-Chefin Claudia Roth hat die Praxis der Filmförderung in Deutschland kritisiert. „Die kulturellen Vergabekriterien sind offensichtlich mangelhaft“, schreibt sie anlässlich der Berlinale im „Streit der Woche“ in der sonntaz. Es sei unverständlich, dass etwa der amerikanische Rennfahrerfilm „Speed Racer“, der in Deutschland gedreht wurde, neun Millionen Euro aus dem Topf des Deutschen Filmförderfonds erhielt. „Wir brauchen mehr Kreative in den Förderinstitutionen. Vorrang für Qualität“, fordert Roth. Zwar sei die Förderung unverzichtbar, sie müsse aber reformiert werden.
Auch der Regisseur Leander Haußmann hält die Filmförderung in Teilen für ungerecht. „Die Tendenz, Filme nach vor allem ökonomischen und wirtschaftlichen Aspekten zu fördern, halte ich für bedenklich“, schreibt er in der sonntaz. Die Begründen – insbesondere von Ablehnungen – sollten transparenter und fachlicher sein. „Ein bisschen mehr Streit mit Mut zur Polemik würde ich mir wünschen. Unsachlich und laut sollte er geführt werden“, fordert der Regisseur.
Allerdings seien die Entscheidungen der Förderer stets subjektiv. "Der Mensch als solcher ist ungerecht. Gerechtigkeit ist was für Weicheier", schreibt Haußmann, der am Donnerstag für seine Komödie „Dinosaurier – gegen uns seht ihr alt aus“ mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet wurde.
Der Produzent Nico Hofmann verteidigt die Filmförderung. Es gebe viele Fördermöglichkeiten. "Diese Mannigfaltigkeit der Entscheider führt unterm Strich zu einer gewissen Balance und Gerechtigkeit“, schreibt Hofmann in der sonntaz. Auch Christiane Berg, Projektleiterin beim Deutschen Filmförderfonds, hält die derzeitge Praxis für gerecht. „Die Förderung ist eine verlässliche finanzielle Stütze der Produzenten und gewährleistet die Vielfalt des deutschen Films“, verteidigt Berg die Filmsubventionen. „Ohne Förderung wären viele Film nicht entstanden.“
Der gesamte Streit der Woche erscheint in der sonntaz vom 13./14. Februar 2010. Am Kiosk.
Mit jährlich über 300 Millionen Euro werden in Deutschland Filme, Drehbücher und der Verleih gefördert. Drei nationale und über 20 regionale Anlaufstellen gibt es. Um in diesem Subventionsdschungel zu bestehen, muss man sich auskennen, sonst geht man unter. Die großen Summen fließen oft an internationale Projekte wie „Inglorious Basterds“. Regisseur Quentin Tarantino bekam vom Deutschen Filmförderfonds knapp 7 Millionen Euro. Häufig kommen solche Projekte nur wegen der Förderung nach Deutschland.
Im „Streit der Woche“ diskutieren außerdem Regisseur Klaus Lemke, Produzentin Lizzie Gillett und Dieter Wiedemann, Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam.
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