: Streit bei der CDU
■ Unterschiedliche Auffassungen zur Sozial- und Rentenreform betont
Bonn (AFP) – Einen Tag vor der Koalitionsrunde zur Sozial- und Rentenpolitik ist in der CDU/ CSU ein heftiger Streit über die anstehenden Reformen entbrannt. Der Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Rainer Eppelmann, lehnte Vorschläge zur Kürzung der Lohnfortzahlung bei selbstverschuldeten Krankheiten als völlig unpraktikabel ab. Dasselbe gelte für die Forderung, kranke Arbeitnehmer teilweise arbeitsfähig zu schreiben. CDU-Präsidiumsmitglied Eppelmann griff zugleich den CDU-Sozialpolitiker Julius Louven an, der verlangt hatte, die Rentenanpassung im kommenden Jahr ausfallen zu lassen. „Unzumutbare, unabgestimmte, nicht konsensfähige Einzelmeinungen schaden der Union“, erklärte Eppelmann.
Auch die Bundesärztekammer wandte sich gegen eine Streichung der Lohnfortzahlung bei selbstverschuldeten Krankheiten. Eine Unterscheidung zwischen Schuld und Unschuld würde die krankschreibenden Mediziner völlig überlasten, sagte Kammerpräsident Karsten Vilmar im InfoRadio Berlin- Brandenburg. Zudem gebe es Probleme hinsichtlich der ärztlichen Schweigepflicht.
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hatte eine teilweise Kürzung der Lohnfortzahlung gefordert. Unionspolitiker schlagen nach Presseberichten darüber hinaus vor, die Lohnfortzahlungen bei selbstverschuldeten Krankheiten ganz zu streichen. Nach einem selbstverschuldeten Autounfall unter Alkoholeinfluß müßten krankgeschriebene Arbeitnehmer damit ganz auf Bezahlung verzichten. Die Bundestagsabgeordneten Heinz Schemken (CDU) und Hans Urbaniak (SPD) sagten der Bild-Zeitung, wenn die Lohnfortzahlung eingeschränkt werde, müsse dies auch für Beamte gelten.
Streit deutet sich auch bei der Rentenreform an. Hier hat Blüm ein „Konsolidierungspaket“ angekündigt. Als kurzfristige Maßnahme strebt er an, daß Arbeitgeber ihren Anteil an den Rentenbeiträgen künftig zwei Wochen früher an die Rentenkasse abführen müssen als bisher. Das soll eine einmalige Entlastung von zwei Milliarden Mark bringen. Einige Politiker aus der CDU fordern aber weitergehende Einsparungen.
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