piwik no script img

Streiktagebuch"Wir warten alle auf ein Angebot"

Sabine Bulla, 44, fährt seit 21 Jahren Bus bei der BVG. Ihrem Sohn tut der Streik gut.

Ich bin so was von müde. Ich hänge richtig durch. Wenn ich Bus fahre und Frühschicht habe, muss ich auch manchmal um 3 Uhr aufstehen - aber nicht jeden Tag, so wie jetzt. Dass sich überhaupt nichts bewegt, baut einen auch nicht gerade auf. Meinen Kollegen geht es genauso. Wir warten alle auf ein Angebot. Der Zusammenhalt ist gut, aber alle hängen durch. Machen wir uns doch nichts vor: Herr Sarrazin ist so was von hartnäckig.

TAZ

Sabine Bulla, 44, fährt seit 21 Jahren Bus bei der BVG. Die taz begleitet sie seit dem ersten Tag durch den BVG-Streik

Inzwischen habe ich erfahren, wie es bei der Diskussionsrunde in der RBB-Sendung ,Klipp und Klar' am Dienstag wirklich war. Die BVG-Kollegen im Publikum hatten die Instruktion, nichts dazwischenzurufen, sonst werden sie rausgeschmissen. Ich hatte mich schon gewundert, warum keiner aufgestanden ist und dem Sarrazin Contra gegeben hat.

Ich finde es auch traurig, dass die Kioske in den U-Bahnhöfen durch den Streik so große Verluste machen. Mir ist klar, dass der Streik für die Leute immer schwieriger wird. Ich musste heute früh auch mal kurz den Betriebshof verlassen, um meine Tochter zur Berufsschule am Fehrbelliner Platz zu fahren. Da kommt man ja ohne BVG schlecht hin.

Ein Busfahrer von den Privaten, die den Ersatzverkehr fahren, wurde von Fahrgästen verprügelt, weil der Bus so voll war und sie nicht mehr reinkamen. Die Leute auf der Straße wirken ziemlich angespannt. Ich traue mich schon lange nicht mehr in Dienstuniform aus dem Haus.

Aber wenn wir jetzt aufgeben, war alles umsonst. Dann wird man später nicht mehr ernst genommen. "Die haben doch sowieso keinen Arsch in der Hose", würde man über uns sagen.

Der Einzige, dem der Streik gut bekommt, ist mein 16-jähriger Sohn. Er ist ein bisschen pummelig. Seit er mehr laufen muss, ist er schmaler geworden. Vor allem im Gesicht. Das steht ihm gut."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!