Streiktagebuch: "Da hätten wir ruhig weiterstreiken können"
Sabine Bulla, 44, fährt seit 21 Jahren Bus bei der BVG. Mit 4,6 Prozent mehr Lohn ist sie überhaupt nicht zufrieden.
"Ich habe am Samstag aus dem Videotext von der Einigung zwischen Ver.di und BVG erfahren, und ich bin gar nicht zufrieden damit. Für mich bedeutet das gerade mal 60 Euro mehr im Monat, denn ich gehöre zu den Altbeschäftigten. Wenn man sich im Vergleich dazu mal überlegt, dass 2005 unser Weihnachtsgeld weggefallen ist, also quasi unser dreizehntes Monatsgehalt, dann ist das jetzt viel zu wenig. Damit muss man ja unzufrieden sein.
Die Neubeschäftigten haben im Gegensatz dazu schon einen größeren Schein bekommen. Für die sind es 100 Euro mehr. Aber auch da sind die Kollegen nicht zufrieden. Untereinander ist die Stimmung zwar gut, also zwischenmenschlich gesehen, aber mit dem Ergebnis des Streiks ist hier wirklich keiner glücklich. Wir sind eigentlich sogar richtig sauer, weil der Streik jetzt so ausgegangen ist. Mir ist schon klar, dass man heute allgemein weniger verdient als früher, aber ein bisschen mehr in der Lohntüte haben wir uns schon verdient. Momentan bekomme ich 1.900 Euro netto, und das ist zu wenig. Mit einmalig 500 Euro und monatlich 200 Euro mehr wäre ich schon eher zufrieden gewesen. Damit hätte ich eine Menge Kosten auffangen können. Wenn wir den Streik damals im März nicht unterbrochen hätten, wäre es vielleicht auch ganz anders gelaufen. Aber das weiß man ja immer erst, wenn es zu spät ist.
Die drei Monate Streik haben sich also nicht so wirklich gelohnt für mich. Da hätten wir jetzt ruhig weiterstreiken können, aber ich vermute, dann hätten wir noch mehr den Kürzeren gezogen und weniger als 4,6 Prozent bekommen. Der Sarrazin ist da ja knallhart, habe ich gehört.
Im Moment können wir leider nichts mehr machen. Es muss erst mal Ruhe einkehren, denn der Vertrag ist unterschrieben. Aber mal sehen, wie das weitergeht. Unter den Kollegen munkelt man schon, dass 2010 wieder gestreikt wird.
Manche haben ja gemeckert, dass die Busse erst ab Montag wieder fahren, wo die Einigung schon am Freitagabend war. Aber in den Werkstätten wurde ja auch gestreikt, und dort müssen die Fahrzeuge jetzt erst mal repariert und durchgesehen werden.
Na ja, ich gehe jetzt erst mal nach Hause. Ich komme gerade von meinem Streikposten und bin totmüde."
Die taz begleitete Sabine Bulla durch den BVG-Streik. Wir wünschen ihr gute Fahrt.
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