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Streiks in Spanien legen Osterverkehr lahm

■ Streiks bei der Eisenbahn und den Fluglinien führten zum Verkehrschaos / Lohnerhöhung und Arbeitsplatzinitiativen bei Kundgebung in Madrid gefordert / Sozialistische Regierung Gonzales gerät unter Druck / Kommunistische Gewerkschaft schließt Generalstreik nicht aus

Aus Madrid Isabel Reth

Die sozialistische Regierung wurde gestern von den größten Streiks und Protesten seit ihrem Regierungsantritt vor fünf Jahren bedrängt. Die Fluggesellschaft Iberia und Aviaco, die spanische Eisenbahngesellschaft und die Madrider Metro wurden zu Beginn der Osterferien bestreikt. Hinzu kommen die Ausstände in verschiedenen Industriebereichen, bei den staatlichen Baufirmen und im öffentlichen Gesundheitswesen. Eine der Kundgebungen der linken Gewerkschaft Comisiones Obreras, die zu den Pro testen aufgerufen hatte, legte mit 20.000 Teilnehmern die Madrider Innenstadt lahm. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Guardia Civil, die eine Ausweitung der Demonstration auf weitere Straßenzüge verhindern wollte. Rund eine Million Spanier/innen wurden von den Streiks zu Beginn der Osterferien betroffen, die gestern zu dem erwarteten Verkehrschaos geführt haben. Bei ihrer Kundgebung in Madrid unterstrich die Gewerkschaft Comisiones Obreras gestern ihre Streikforderungen: Lohnerhöhungen zwischen sieben und acht Prozent, Erhöhung der öffentlichen Investitionen zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, ein Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, 38–Stunden–Woche und die Rücknahme der geplanten Entlassungen bei Kohle und Stahl. Der Aktionstag bildet den Höhepunkt einer von Konflikten beherrschten Woche. Ärzte und Krankenhauspersonal streikten für gesicherte Anstellungen und höhere Gehälter. Am Mittwoch demonstrierten 20.000 Medizinstudenten gegen eine Anpassung ihres Studiums an EG–Normen, die eine Beendigung der Ausbildung nicht mehr garantiert. Alle Universitäten wurden auch in dieser Woche aus Protest gegen zentrale Lehrpläne und mangelnde Beteiligung der Studenten/innen in den wichtigsten Entscheidungsgremien bestreikt. Auch 80 Prozent der Angestellten des Baugewerbes befinden sich im Ausstand. Die Madrider Metro stand schon am Dienstag still. Die gestrige Demonstration wurde von Slogans gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung bestimmt. Obwohl der Durchschnitt der bisherigen Tarifabschlüsse bei 7,2 Prozent liegt, zeigen sich die unter dem Einfluß der Regierung stehenden öffentlichen Betriebe kompromißlos. Wirtschaftsminister Solchaga besteht immer wieder auf höchstens fünf Prozent Lohnerhöhung. Auf diese Weise soll die Inflationsrate auf fünf Prozent begrenzt werden. Die Comisiones Obreras schließt einen Generalstreik nicht aus.

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