■ Streiklicht: Wo es langgeht
Eine andere Gesellschaft? Arlette Laguiller, die Bankangestellte, die sich seit zwei Jahrzehnten als Staatspräsidentin bewirbt, hat im letzten Wahlkampf davon gesprochen. Aber sonst? Nicht einmal die Kommunisten redeten mehr davon. Mit dem Beginn des Streiks war die Suche nach radikalen Reformen plötzlich wieder da. Und mit ihr das bewährte Medium der Gegenöffentlichkeit: das Flugblatt.
Eine Arbeitslosengruppe bezeichnet den Streik als „staatsbürgerlichen Akt gegen den sozialen Genozid“. Und eine kleine trotzkistische Gruppe erklärt, daß eine AG — die Vollversammlung — als erstes Delegierte wählen müsse, die dann zu Verhandlungen mit der Regierung geschickt würden. Gleichzeitg müsse die AG dafür sorgen, daß ihre Bewegung auf die Privatwirtschaft überspringe. Das nächste Ziel sei dann der Generalstreik. Eine anarchistische Organisation schlägt vor, daß alle Verhandlungen komplett gefilmt und life an die AG übertragen werden, damit die Regierung später nicht ihre üblichen Kehrtwendungen vollziehen kann.
Doch der Begriff „Sozialismus“ und Rekurse auf längst verstorbene Theoretiker sind Mangelware in den Flugblättern. Durch Abwesenheit glänzt auch die Sozialistische Partei. Statt auf der Straße politische Utopien zu verteilen, konzentriert sie sich auf die Rolle einer kleinen Opposition im Parlament: Sie debattiert. Dorothea Hahn/Paris
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