Streik: Kampfstimmung vorm Rathaus
Rund 10.000 Angestellte des öffentlichen Dienstes demonstrieren für mehr Geld. Sowohl Senat als auch Gewerkschaft rechnen fest mit unbefristeten Streiks ab Ende April.
Ein Meer von rotweißen Ver.di- und grünweißen Polizei-Fahnen steuert auf das Rote Rathaus zu. Rund 10.000 Landesbedienstete lassen ihrer Wut freien Lauf. "Körting hat seine letzte Chance vermasselt", schallt es durch den Lautsprecher über den Platz. "Jetzt sind wir in ordentlicher Kampfstimmung", sagt Petra Suter, Angestellte bei der Polizei. Der graue Himmel spiegelt die unzufriedene Stimmung wider. "Das Geld muss anders verteilt werden", findet Dagmar Born, Bibliothekarin aus Neukölln.
Mit einem Warnstreik in Kitas, Bürgerämtern sowie von Wachschützern und angestellten Lehrern haben die Gewerkschaften am Donnerstag ihre Forderung nach Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst bekräftigt. Am Mittwoch hatte es bei einem Treffen zwischen Senat und Ver.di keine Einigung gegeben. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) besteht weiterhin auf der Einhaltung des Tarifvertrags bis 2010. Die Gewerkschaftsmitglieder fühlen sich nun im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen gelassen. "Wir sind vom Bund und den anderen Ländern tariflich völlig abgeschlossen. Wir können doch nicht bis 2004 auf dem Stand von 2010 bleiben", sagt Uwe Kurzke, Vorstandsmitglied der Polizeigewerkschaft GdP, einer der Redner vor dem Roten Rathaus.
Auch die Mitglieder der anderen Gewerkschaften zeigen sich entschlossen. Mit den angebotenen Einmalzahlungen für 2008 und 2009 wollen sie sich jedenfalls nicht abspeisen lassen. "Der Senat hat uns damit einfach keine Perspektive gegeben", betont Detlef Dames, Vorsitzender der deutschen Steuergewerkschaft, der sich zusammen mit seinen Kollegen in den Zug einreiht. Die Gewerkschaften fordern 2,9 Prozent und drei Einmalzahlungen von je 300 Euro.
Seit Donnerstag läuft nun die Urabstimmung für einen unbefristeten Streik. Das Ergebnis, das am 28. April bekannt gegeben werden soll, steht für Kurzke schon jetzt fest. "Die Kollegen sind heute Morgen nicht aus Spaß an die Wahlurnen gerannt, sondern aus Wut."
Auch Innensenator Körting rechnet inzwischen offenbar fest mit einem längeren Ausstand. Denn auch er rückt nicht von seiner Position ab. Der Streik lasse sich nur verhindern, "wenn die Gewerkschaften sich besinnen", sagt er am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Den geforderten schnellen Gehaltserhöhungen könne der Senat nicht nachkommen. Auch ein Streik ändere nichts an der Situation, "dass kein Geld in der Haushaltskasse ist", ergänzt Nicola Rothermel, Körtings Sprecherin.
Gegen Mittag marschieren die Demonstranten weiter Richtung Senatsverwaltungen. Am Straßenrand beobachten einige Berliner das Treiben mit mürrischen Gesichtern. Ob wegen des Wetters oder der Aussicht auf weitere Streiks, bleibt offen.
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