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Streik in Schleswig-HolsteinFachärzte im Ausstand

In Schleswig Holstein streiken die Orthopäden. Sie beschweren sich über Einbußen nach der Einführung eines neuen Honorarsystems. Wenn wir einmal guten Tag sagen, verdienen wir genau so viel wie für eine ausführliche Behandlung, sagt ein Arzt.

Das Hühnerauge muss warten: In Orthopädie-Praxen in Schleswig Holstein werden diese Woche nur Notfälle behandelt. Bild: DPA

Wer sich in dieser Woche mit Humpelknie oder schmerzenden Sehnen in eine orthopädische Praxis in Schleswig-Holstein schleppt, könnte Pech haben: Die Fachärzte sind seit Montag im Streik. Notfälle werden behandelt, versichern die Ärzte. Doch Routinekontrollen unterbleiben - außer der Kranke zahlt privat.

Offiziell heißt der Streik nicht Streik, sondern "die kassenärztliche Zulassung ruht befristet", sagt Dr. Bernhard Bambas aus Bad Segeberg. Er ist Augenarzt und arbeitet - noch: Seine Fachgruppe tritt im März in den Ausstand, weitere könnten folgen.

Grund des Mediziner-Protestes ist die Honorarsituation. Ein bundesweit eingeführtes neues System ändert die Beträge, die Ärzte gegenüber den Kassen abrechnen können. Ziel der Maßnahme war es, mehr Geld ins System zu schieben - die Rede ist von 2,7 Milliarden Euro bundesweit - und die Summen gerechter und transparenter zu verteilen. Verhandelt haben darüber die Spitzenverbände der Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Über das Ergebnis sind sich deren jeweilige regionale Vertreter durchaus einig. "Uns fehlt die Transparenz", klagt Oliver Grieve, Sprecher des Ersatzkassenverbandes Schleswig-Holstein. "Wenn das Ziel Transparenz und Einfachheit war, ist die Reform substanziell gescheitert", so Marco Dethlefsen, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Und auch die Politik hat mehr Fragen als Antworten. "Offensichtlich ist das neue Honorarsystem derart kompliziert, dass die Selbstverwaltung der Ärzteschaft oder die Vertreter der Krankenkassen die Auswirkungen für einzelne Arztgruppen oder gar Praxen nicht vollständig berechnen können", fasst die Kieler Gesundheitsministerin Gitta Trauernicht (SPD) im Hamburger Abendblatt zusammen.

Dr. Bambas, Sprecher der Augenärzte im Land, nennt ein paar Zahlen: Demnach verlieren seine Kollegen im Schnitt 15 Prozent ihrer Umsätze, für seine eigene Praxis hat er ein Minus von 22 Prozent errechnet. "Wir hatten eine Personalaufstockung geplant, jetzt müssen wir vielleicht eine halbe Stelle abbauen", klagt er. Das neue Honorarsystem sorge dafür, dass es nur noch 23 Euro pro Patient und Quartal gibt, auch wenn der Kranke mehrfach in der Praxis erscheint: "Wenn wir einmal ,guten Tag' sagen, gibts genauso viel wie für eine ausführliche Behandlung."

Das kritisiert auch die Kassenärztliche Vereinigung. "Wer viele Patienten durchschleust, ist Gewinner", sagt Marco Dethlefsen. "Aber gerade Fachärzte brauchen oft mehr Zeit für einen Kranken. Wenn man bestraft wird, weil man ausführlich berät, ist da wirklich etwas schief gelaufen."

Den aktuellen Streik kommentiert die KV zurückhaltend: "Als Interessenvertretung haben wir Verständnis. Als Körperschaft sagen wir, dass die Versorgung der Patienten gewahrt sein muss", so Dethlefsen. Die Ärzte hätten versprochen, Notfallpraxen offen zu halten. "Wenn wir Kritik von Patienten hören, werden wir das prüfen." Die Kassen dagegen verurteilen den Ärzte-Ausstand. "Hier wird mit den Ängsten der Patienten Schindluder getrieben", sagt Oliver Grieve. Ministerin Trauernicht spricht von "Leistungsverweigerung", die die Kranken als die Schwächsten trifft - denn schließlich hätten die Ärzte die Reform selbst mitverhandelt.

Doch beim jetzigen Modell hätten sich die Kassen durchgesetzt, so Dethlefsen: "Wir hatten einen anderen Vorschlag." Aber es sei mehr Geld ins System geflossen, protestieren die Kassen, in Schleswig-Holstein 60 Millionen Euro. "Wir fragen uns, wo das geblieben ist und wo die Verteilung nicht gerecht ist", sagt Sprecher Grieve. Stimmt nicht, kontert Dethlefsen: Die Zahl beruhe auf einem Vergleich mit 2007, im Vergleich zu 2008 sei es weniger.

Zwar weisen sich Kassen und Ärzte gegenseitig die Schuld am Debakel zu, auf regionaler Ebene sind sich beide aber klammheimlich einig, dass die "zentralistische Regelung" die Lage nicht gerade verbessert hat. Im Gespräch ist jetzt, auf Bundesebene nachzubessern, unter anderem könnten frisch abgeschaffte Zusatzleistungen wieder eingeführt werden.

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