Streik im öffentlichen Dienst: Auftritt der Trillerpfeifen
500 Uni-Mitarbeiter und 250 Mitarbeiter der Polizei streiken für mehr Lohn. Der Polizeipräsident versucht dies per Gerichtsbeschluss zu verhindern, scheitert aber.
Norbert Konkols Geduld ist am Ende. "Die Uni-Leitung hat die verdammte Pflicht, mit uns zu verhandeln", schimpft der Ver.di-Fachbereichsleiter für Wissenschaft. Etwa 500 Beschäftigte der Technischen Universität (TU) legten an diesem Morgen ihre Arbeit nieder und demonstrieren lautstark vor der Unibibliothek für mehr Geld. Kunkol ist einer von ihnen. Damit hat die bundesweite Welle von Warnstreiks nun auch Berlin - und die TU erreicht.
Ver.di und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordern für die Universitätsangestellten eine Einmalzahlung von insgesamt 900 Euro. Darüber hinaus wollen sie 2,9 Prozent mehr Lohn. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hielten die Gewerkschaftler am Dienstag die Eingänge zur Universitätsbibliothek bis in die Mittagsstunden besetzt. Nur wer mit Nachdruck auf seinem Wunsch zu lernen beharrte, kam durch. "Mit dieser Blockade wollen wir Mitarbeiter der Uni und die Studenten auf unsere Forderungen aufmerksam machen", sagt Norbert Konkol. Der Senat als Arbeitgeber der Uniangestellten lehnt die Forderungen wegen der angespannten Haushaltslage ab.
Verhandelt wird allerdings mit den Unis direkt. Hintergrund des Warnstreiks sei die Verzögerungstaktik des des TU-Präsidenten Kurt Kutzler, so Konkol. Seit 2006 habe Ver.di die TU-Leitung immer wieder zu neuen Tarifverhandlungen aufgefordert - allerdings ohne Resonanz.
Während die Proteste an der TU ruhig bleiben, entlädt sich im DGB-Haus bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaft der Polizei (GdP) der Unmut von Angestellten der Berliner Polizei. Seit dem frühen Morgen wollten 250 Angestellte des Objektschutzes und der Gefangenensammelstellen in einen 24-stündigen Warnstreik treten - für 2,9 Prozent mehr Lohn und 900 Euro Einmalzahlung. Aber nur 66 Polizeimitarbeiter durften.
Ihr Ärger richtet sich gegen Polizeipräsident Dieter Glietsch. Er hatte streikwillige Angestellten zu Notdiensten verpflichtet. "Mit dieser Maßnahme wollte das Polizeipräsidium Polizeiangestellte in ihrem Streikrecht beschneiden", sagt der Vorsitzende der GdP, Eberhard Schönberg.
Dagegen ging die Gewerkschaft vor Gericht, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das Arbeitsgericht lehnte zunächst ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hob diese Entscheidung später weitgehend auf. Schönberg sprach zufrieden von einem "90-prozentigen Erfolg".
Am späten Nachmittag haben Polizeipräsidium und GdP daher Verhandlungen aufgenommen, wie viele Polizeiangestellte in den kommenden Tagen zum Notdienst verpflichtet werden dürfen. Seit der Nachtschicht wollten allerdings erneut 250 Polizeiangestellte streiken.
Morgen werden die Arbeitnehmerproteste fortgesetzt: Zum größten Warnstreik dieser Woche erwartet Ver.di mehrere tausend Teilnehmer. Unter anderem sollen viele Kitas und Schulhorte geschlossen bleiben.
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