Streik der Lokführer: Nur ein Viertel der Züge fährt

Mehr als zwei Millionen Fahrgäste sind vom Lokführerstreik betroffen. Noch gibt es keine Anzeichen für neue Verhandlungen.

Detailaufnahme von Koffern und den Beinen eines Bahnreisenden

Lange Wartezeiten: Der Bahnstreik dauert noch bis Freitagmorgen Foto: Bodo Marks/dpa

BERLIN taz/rtr | Der erste Streiktag der Lokführer hat im Bahnverkehr für viele Störungen gesorgt. Allerdings konnte der Ersatzfahrplan nach Angaben der Deutschen Bahn weitgehend eingehalten werden. Etwa ein Viertel der üblicherweise verkehrenden Züge sei unterwegs, sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß.

Vor allem in Ostdeutschland gebe es jedoch massive Einschränkungen. Dort ist der Organisationsgrad der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) auch besonders hoch. Zu Zugausfällen kam es nicht nur im Fernverkehr. Auch Regionalzüge und S-Bahnen der Deutschen Bahn fielen aus oder fuhren einen Notfahrplan.

Die Deutsche Bahn warnte zudem vor einem Riss der Lieferketten für die deutsche und europäische Industrie, so standen am Mittwoch rund 190 Güterzüge im Rückstau. Bisher habe die Cargo-Tochter mit großem Aufwand die versorgungsrelevanten Züge fahren können. Dabei handelte es sich um volkswirtschaftlich wichtige Züge, die Kraftwerke und große Industriebetriebe versorgen. Zur Sicherstellung der Transporte kooperiere man außerdem mit weiteren Bahnen in Deutschland und Europa.

Der Streik dauert noch bis zum Freitagmorgen. Für Ärger bei den Passagieren und der Bahn sorgte vor allem die kurze Vorbereitungszeit. Die Lokführer legten nur wenige Stunden nach der Streikankündigung erst den Güterverkehr, dann den Personenverkehr lahm. Mit dem Arbeitskampf will die Gewerkschaft ein besseres Angebot der Arbeitgeber in den Lohnverhandlungen erzwingen. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen für ein neues Angebot der Arbeitgeber.

GDL versuchte Mitglieder der EVG abzuwerben

Die größere Bahngewerkschaft EVG bewertet Aktionen der Spartengewerkschaft GDL eigentlich nicht. Doch in diesem Fall machte EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel eine Ausnahme. „Wir haben es mit einem Existenzkampf der GDL zu tun“, sagt er. Begonnen habe dieser mit der Ankündigung der GDL, die EVG aus den Betrieben zu verdrängen. „Es ist ihnen nicht gelungen“, versichert Hommel. In dem Konflikt geht es um die Frage, wer die Beschäftigten vertreten darf. Das Tarifeinheitsgesetz sieht vor, dass in jedem Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gilt. Die GDL hat diese Mehrheit nur in 16 der gut 300 Bahnbetriebe.

Mit einer Kampagne versuchte die GDL zuletzt, Mitglieder von der EVG abzuwerben. „Da wurden Leute mit vorgedruckten Eintrittsformularen unter Druck gesetzt“, berichtet eine Gewerkschafterin, die am Berliner Hauptbahnhof als eine Art freiwillige Streikhelferin unterwegs ist. Die EVG hilft dort bei der Fahrgast-Information aus.

Derweil spricht GDL-Chef Claus Weselsky weiter von einem Kampf des Bahn-Managements gegen die Beschäftigten des Unternehmens. Das will Hommel so nicht stehen lassen. Nach seinen Berechnungen haben sich maximal 5.000 GDL-Mitglieder für den Arbeitskampf ausgesprochen. Angesichts der gut 200.000 Bahner in Deutschland wäre dies eine kleine, aber streikmächtige Minderheit. „90 Prozent der Beschäftigten stehen dafür, jetzt das Unternehmen zu retten“, sagt Hommel.

Die EVG hatte bereits im letzten Herbst einen neuen Tarifvertrag mit der Bahn abgeschlossen, der unter anderem 1,5 Prozent mehr Lohn vorsieht. Kontrahent Weselsky will sich damit nicht zufriedengeben und fordert 3,2 Prozent, bei einer allerdings längeren Laufzeit, sowie eine Coronaprämie von 600 Euro. Da spielen die Arbeit­geber derzeit nicht mit. Deshalb ist der aktuelle Arbeitskampf wohl auch nur der Auftakt für einen längeren Konflikt.

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