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Streik am Gorki TheaterDie Revolte ist nicht gespielt

Das Maxim-Gorki-Theater lud Jungschauspieler zu einem Festival mit dem Motto „Aufstand proben“ – doch dann besetzen die kurzerhand die Bühne.

Für Jungschauspieler geht's nicht immer so lustig zu wie hier am Deutschen Theater. Bild: dpa

Gerne redet das Maxim Gorki Theater derzeit der Rebellion das Wort. „Revolte“ hat man sich in dieser Spielzeit an die Studio-Fassade genagelt. Drinnen ruft in Ibsens Volksfeind der Heilbad-Arzt zur Auflehnung, in Petras’ Gladow-Bande mischen Halbwüchsige das Nachkriegs-Berlin auf. Nur folgerichtig wurde auch das alljährliche Osterfestival für den Schauspielnachwuchs betitelt: „Aufstand proben“.

Als die Theaterschüler am Sonntag im Gorki aber ernst machten mit diesem Motto, ist das dem Haus auch wieder nicht recht. Gleich zu Beginn des zweitägigen Festivals, an dem Schauspielaspiranten aus dem ganzen Bundesgebiet teilnahmen, hatte eine Gruppe aus Gießen die Hinterbühne gekapert und als besetzt deklariert. „Aufstand kann nicht geprobt werden“, schrieben sie in einer Erklärung. Man protestiere gegen die Prekarisierung des Kunstnachwuchses im Allgemeinen und gegen das Osterfestival im Speziellen. Habe doch auch das Gorki eingeladen, ohne Gagen, Reisekosten oder Unterkunft zu zahlen.

Als „unverschämt“ bezeichnete Festivalorganisatorin Maja Thiesen die Aktion. Das von den rund 50 Besetzern eingeforderte Gespräch lehnte Geschäftsführer Klaus Dörr ab, solange die Bühne belegt war. Gleiches galt für die Forderung nach 1.000 Euro als „symbolische Aufwandsentschädigung“. Irgendwann ließ Dörr auch die Saaltür schließen, da es ja keine Vorstellung mehr gab – was die Besetzer als Ausschluss der Öffentlichkeit kritisierten. Die räumten letztlich erst um 23 Uhr, mit Schließung des Theaters, die Bühne.

„Was hätte es für Sinn, eine Stunde Aufstand zu spielen und dann zu gehen?“, sagte eine der Mitbesetzenden, Ola Stankiewicz am Montag. Motto und Bedingungen des Festivals seien eine Steilvorlage gewesen, im Grunde stehe das Gorki aber nur exemplarisch für den Umgang des Kulturbetriebs mit seinem Nachwuchs. „Wir sind immer nur Bittsteller“, klagte eine andere Besetzerin. „Bei allem Idealismus müssen wir am Ende auch von unserer Arbeit leben.“

Festivalleiterin Thiesen beteuerte, diese Kritik „voll zu unterstützen“. Mit der Besetzung den Ablauf des Festivals zu „diktieren“, sei aber daneben. Sehr wohl gebe das Theater Geld für die Teilnehmer aus, betonte Thiesen, es stelle Technik und Personal. Diese Bedingungen seien klar gewesen, jeder freiwillig angereist. „Am Ende“, so Thiesen, „haben die Besetzer nur erreicht, dass ihre Kollegen nicht auftreten konnten.“

Die Aufständler sehen das freilich anders. „Die Bühne ist genau der richtige Ort der Diskussion, sie ist unser Arbeitsplatz“, sagt Ola Standkiewicz. „Enttäuschend“ sei es, wie das Gorki sich dem Gespräch verweigert habe. Die Diskussion sei aber angestoßen und werde nun auch in die Hochschulen getragen.

Fast ging da unter, dass im Gorki auch andere Aufständler zu Gange waren: eine handvoll Flüchtlinge vom Oranienplatz. Im Foyer hatten sie ein Zelt aufgebaut, Protestfahnen aufgehängt, Petitionen ausgelegt. Die Idee kam von Studierenden der Berliner Schauspielschule Ernst Busch, die Einlösung übernehmen die Flüchtlinge. Aufstand, sagt der Sudanese Mahadi Hassan, heiße für ihn, den in Asylheimen Schweigenden wieder eine Stimme zu verleihen.

Bis vor kurzem gehörte der 28-Jährige selbst dazu: Er entfloh dem Bürgerkrieg in Dafur, landete vor einem Jahr in Deutschland – und schloss sich dann dem Protest an. Die Besetzung der Schauspieler finde er gut, sagt Hassan. Er lacht. „Wir sind immer auf der Seite der Rebellierenden.“

Hassan wird seinen Aufstand am Oranienplatz fortsetzen. Das Festival, sagt er, sei ja nur eine Bühne für ihre Forderungen nach einem Ende von Abschiebungen und Sammelunterkünften. „Eine Bühne von vielen.“

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5 Kommentare

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  • S
    susi

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    auch das noch

    was wohl m gorki dazu sagen würde? naja, eine angestellte kann auch durchaus glücklich früh um 7 zur anstellung fahren. eigentlich ist es doch ganz einfach, verteilt werden kann nur was ausgegeben, gespendet wird für kultur und kunst. ob an einer eingangskasse, galerie oder auch eben einfach so, weil "mäzen"(menschen) etwas fördern wollen. das einzelpersonen in form von leiter/n/innen, z.b., sich halt auch mal feudal(tiefsitzendes primatentum) verhalten ist menschlich. aber eigentlich ist es schon sehr lächerlich in deutschland, im moment, den aufstand zu proben. besser wäre es die protagonisten üben leute zum geld ausgeben zu animieren, für ihre kultur. dazu sollte doch ein schauspieler in der lage sein, animieren.

  • H
    Holkan

    Na, so was! Soll das etwa heißen, dass Schauspielerinnen sich den gleichen Regeln des Marktes unterwerfen müssen wie zum Beispiel eine Angestellte, die sich jeden Morgen um 7 Uhr zur Arbeit aufmacht, mit Tränen in den Augen ob ihres unglücklichen Schicksals? Na, und wo gibt's denn so was, dass Widerspruch ggü. der Chefin nicht goutiert wird, siehe Kommentar von berjello? Wer kommt eigentlich für den Verdienstausfall des Theaters auf? Die verwöhnten Bühnenaspirantinnen?

  • BR
    berjello rosso

    Anke, das spricht mir aus dem Herzen.

    Sie könnten aber ruhig die widerliche Heuchelei der Theater-Leitung(en) benennen.

    Schon bei der Wahl des Themas wird einem übel. "Aufstand proben" oder so, die wollen doch ernsthaft zur Revolte aufrufen, sie wären die ersten die weggefegt werden müssten.

    Es gibt kein abhängigeres Geschöpf als den fest angestellten- oder den Gast-Schauspieler. Im allgemein gültigen Haus-Tarif Vertrag ist bemerkt, dass ein Schauspieler dem leitenden Regisseur nicht widersprechen darf.

    Das ist mit der sofortigen Kündigung abgesichert.

    Auf der anderen Seite haben sich Frauen und Männer dieses Berufes schon mal mit Attributen aus allen Lebens Bereichen der nicht so feinen Art anreden oder anschreien zu lassen, ausschliesslich von Regisseuren und -rinnen.

    Da waren die jungen Leute schon auf der richtigen Spur...

    Exemplarisch auch zu sehen, wie sie mundtot gemacht, und in "Sippenhaft" genommen wurden, denn sie waren Schuld, dass andere gehorsamere Spieler nicht auftreten durften, das ist widerwärtiges perfides Herrschaftsverhalten.

    Das Theater für Schauspieler ist einer der wenigen Arbeitgeber, der ganz nach feudaler Struktur organisiert ist.

    So, das geht eigentlich noch deutlicher...

  • A
    anke

    Es ist wirklich schade, dass "Aufstand [...] nicht geprobt werden [kann]". Übung macht den Meister, heißt es ja. Und es wäre so viel leichter, "immer auf der Seite der Rebellierenden" zu sein, wenn diese Leute nicht gar so oft mit ihrem Hintern alles wieder einreißen würden, was sie (und andere) mühsam mit den Händen aufgebaut haben.

     

    Übrigens: Dass der sogenannten "Kulturbetrieb" kaum etwas anderes hervorbringt als "Bittsteller", könnte damit zu tun haben, dass auch er "geführt" wird. Von Leuten, die das Herstellen von Abhängigkeiten für ihre aller größte Stärke halten. Die Pyramiden werden steiler, auch in der Kunst. Und Kultur "im weitesten Sinne" ist nun einmal "alles was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt". Außer Abhängigkeiten aber produziere Führer eigentlich bloß noch Sprechblasen. Worte wie "Aufstand", meine ich, die nachher nicht so gemeint waren und die als "unverschämt" gelten, wenn sie sich gegen die Hand wenden, die das (gespendete) Futter verteilt.

     

    Immerhin scheint ja die Erkenntnis, dass auch Idealisten eine materielle Basis brauchen, inzwischen selbst da angekommen zu sein, wo bisher die kulturellen Rasensprenger per unfreiwilliger Umverteilung für blühende Landschaften gesorgt haben. Dass Kreative so etwas wie Lichtesser sind, die von verqualmter Luft und der Liebe zur hehren Kunst satt werden, hat den Kulturführern schon länger niemand mehr abgenommen – abgesehen von den Kreativen selbst natürlich, die ja auch irgendwoher ihr Selbstwertgefühl beziehen mussten.

     

    Aber warum sollte es jungen deutschen Schauspielern auch grundsätzlich besser gehen als isländischen Musikern? Erst waren alle anderen pleite. Nun sind die Kreativen dran. Es sei denn, sie lernen endlich, sich vernünftig zu wehren. Vorzugweise gemeinsam mit allen anderen abhängig Beschäftigten. So ganz ohne Übung wird das sicher schwer...