Strauß Weste

■ FJS prozessiert gegen DKP–Zeitung / Streitpunkt: „Üble Nachrede“ oder Vergangenheitsbewältigung der NS–Zeit?

München (taz) - „Ein Pontifikalamt wäre schon vorbei“, scherzte Generalstaatanwalt Froschauer vom Oberlandesgericht München. Über drei Stunden dauerte gestern die Zeugenvernahme des bayerischen Ministerpräsidenten im Münchner Amtsgericht. Hinter verschlossenen Türen äußerte sich Strauß, der wegen „übler politischer Nachrede“ und „Verächtlichmachung“ gegen den Chefredakteur der DKP–Zeitung Unsere Zeit (UZ), Georg Polikeit prozessiert, zu seiner Vergangenheit während des NS– Regimes. Anlaß zu diesem Verfahren war ein Artikel in der Zeitung, der vor zwei Jahren abgedruckt worden war. Im Zusammenhang mit dem 40. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus wurden vier Biographien von Antifaschisten und Politikern der konservativen Rechten veröffentlicht. Strauß, der zum „Offizier für wehrgeistige Führung“ ernannt worden war, wird darin als „zuverlässiger Streiter für den NS–Staat“ bezeichnet, der die Gewähr bot, jederzeit für den nationalsozialistischen Staat einzutreten. In diesen Passagen sah der bayerische Ministerpräsident, der sich selbst eher als nicht zum Zuge gekommener Widerstandskämpfer versteht, eine Beschmutzung seiner „weißen Weste“. „Er versuchte natürlich, sich aus jeder Verstrickung mit dem Naziregime freizusprechen“, erklärte Polikeit nach der Zeugenvernahme. „Was san denn des für Gesichter“, so der Kommentar des Ministerpräsidenten, als er sich beim Verlassen des Gerichtsgebäudes durch die außen vor gebliebenen Zuhörer schob. Daß der Ausschluß der Öffentlichkeit sowie die Zeugenvernahme in München - die eigentliche Verhandlung findet am 29. 10. in Neuß statt - seine Ordnung haben, ist für Generalstaatsanwalt Forschauer keine Frage. Ein Regierungsmitglied könne an seinem Amtssitz gehört werden, und bei der eigentlichen Hauptverhandlung in Neuß sei ja die Öffentlichkeit zugelassen.