piwik no script img

■ Strategien von IWF und Weltbank gegen den FinanzcrashAirbag statt Tempolimit

Mit den internationalen Finanzmärkten ist es wie mit der Autoindustrie: Die Beteiligten haben Spaß an immer neuen, immer stärkeren und immer schnelleren Vehikeln. Und weil ihnen – manchmal – bewußt wird, daß hohe Geschwindigkeit mit gewissen Risiken behaftet ist, werden anschließend die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.

Auf die Finanzmärkte bezogen heißt das: Weil IWF und Weltbank die internationalen Finanzmärkte immer weiter liberalisieren wollen, schaffen sie immer neue Krisenfonds, die im Fall eines Crashs das Schlimmste verhüten sollen. So hofft man, daß der Zusammenstoß nicht tödlich wird.

Die Logik ist bestechend. Natürlich ergibt sich aus der Liberalisierung der Finanzmärkte mit dem heute möglichen Computerhandel, daß in kürzester Zeit riesige Summen virtuell um den Erdball geschickt werden können. Und natürlich machen manche dieser Geschäfte auch Sinn.

So freut sich jeder exportierende Maschinenbaukonzern, wenn er nicht nur weiß, wieviel Dollar er im Januar für die neue nach Indien verkaufte Maschine bekommt, sondern auch mit einem Finanzmakler einen Vertrag gemacht hat, der dem Maschinenbauer zusichert, wieviel diese Dollar dann schließlich wert sind. Doch diese Geschäfte haben sich verselbständigt. Der Handel mit Kupferkontrakten, also mit dem Versprechen, irgendwann Kupfer zu einem bestimmten Preis zu liefern, ist inzwischen zwanzigmal so groß wie der reale Kupferhandel. Bei anderen Handelsgütern ist das Verhältnis ähnlich. Millionen Menschen verdienen inzwischen ihr Gehalt damit, einfach nur Geld um den Globus zu schicken, viel Geld.

Wie bei den Autos. Der ursprüngliche Sinn, zügig von A nach B zu kommen, wird zusehends von anderem überlagert: Ein Auto soll schön und schnell sein, egal, ob dies für den konkret zurückzulegenden Weg notwendig ist. Die deutsche Autoindustrie hat es sogar verstanden, die Freiheit, mit deutlich über 100 rasen zu können, als notwendige Ausstattung eines Autos erscheinen zu lassen.

Je schneller gerast wird, desto gefährlicher der Crash. Beim Auto haben die Hersteller mit Sicherheitsgurten, Überrollbügeln, Airbag und Seitenaufprallschutz reagiert. Der neue Krisenfonds des IWF und der geplante Asienfonds sind die Airbags der internationalen Finanzmärkte. Ein Tempolimit wäre wahrscheinlich billiger. Hermann-Josef Tenhagen

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen