Straßenumbenennung: Rudi Dutschke ist durch
Endgültige Gerichtsentscheidung: Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße rechtskräftig.
Der juristische Streit um die Rudi-Dutschke- Straße in Berlin-Kreuzberg ist beendet. Die Umbenennung eines Teils der Kochstraße ist rechtskräftig, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Montag mitteilte. Die Klägergemeinschaft, zu der auch das Verlagshaus Axel Springer gehörte, hält die Benennung nach dem früheren Studentenführer Rudi Dutschke für rechtswidrig. Den Antrag der Kläger auf Zulassung einer Berufung lehnte das Gericht aber ab und bestätigte damit ein Urteil der Vorinstanz (Beschluss vom 17. April 2008 - OVG 1 N 63.07).
Das Verwaltungsgericht hatte im Vorjahr entschieden, dass die Namensänderung für einen Teil der Straße nicht willkürlich sei und auch keine Grundrechte der Anlieger verletze. Die Umbenennung war im August 2005 vom Bezirksparlament beschlossen worden. Bei einem späteren Bürgerentscheid stimmte die Mehrheit für die Namensänderung.
Der legendäre Anführer der Studentenbewegung, Rudi Dutschke, war vor 40 Jahren im April 1968 in Berlin niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. 1979 starb er an den Spätfolgen des Attentats.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung war die letzte Möglichkeit, die Umbenennung des zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße/Axel- Springer-Straße verlaufenden Teils der Kochstraße noch zu verhindern. Die Dutschke-Straße stößt auf die Axel-Springer-Straße, in der auch die Axel Springer AG ihren Sitz hat.
Die Kläger, Eigentümer und Mieter von Immobilien an der Kochstraße, hatten laut Gericht argumentiert, mit der Umbenennung würden vor 40 Jahre begangene Straftaten gebilligt. Dies sei ein Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität. Das Gericht folgte dem aber nicht. Die Benennung und Umbenennung von Straßen geschehe ausschließlich im öffentlichen Interesse der Anwohner, so das Gericht. Deren Interesse am Fortbestand oder an der Abwehr eines Straßennamens sei rechtlich nicht geschützt.
Die Umbenennung zeichne die zeitgeschichtliche Situation nach, auf die sowohl Dutschke als einer der Protagonisten der Studentenbewegung und der Kampagne "Enteignet Springer" als auch Springer mit seiner Presse Einfluss genommen hätten. Dass die damaligen Kontrahenten im politischen Meinungskampf als Namensgeber von aufeinanderstoßenden Straßen weiterlebten, könne als Ausdruck der Meinungs- und Informationsfreiheit verstanden werden und lasse auch versöhnliche Deutungen zu. Da solche Interpretationsmöglichkeiten bestehen, sei ein Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität und das Willkürverbot ausgeschlossen, meinte das Gericht.
dpa
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