: Strahlenkompaß
■ 7.Januar 1989: Bio? Denkste! Und etwas Milch
„Bio? Logisch!“ dachte die Industrie und machte es wie die Gauner in „Des Königs neue Kleider“. Sie druckten neue Etiketten. Was vorher Extra-Super-Markenqualität war, ist heute Bio und Öko. Neue Produkte werden kreiert wie das Vollkornfrühstück von Kellog's als zeitgemäßem Energiespender für einen aktiven Tag, oder man nennt die ganze Firma gleich Biolan. Da fehlt dann nur noch das „D“ von Bioland, und dem Kunden juckt es in den Fingern. Für den Kundenfang scheint die Industrie ein Heer von Psychologen zu beschäftigen. Sie können es sich leisten. Die Ausbeutung von Natur, Tier und Menschen brachte ihnen Milliarden ein. Die „echten Bios“ stehen zähneknirschend daneben. Dabei muß sich der Verbraucher nur wenige Namen merken, um nicht in die Fänge der Nahrungsmittelindustrie zu geraten.
Der älteste Bio ist der Demeter-Bund. Bereits 1924 hielt Rudolf Steiner seinen „landwirtschaftlichen Kurs“ und schuf damit die theoretische Grundlage der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Obwohl die konventionelle Anbauweise damals längst nicht so industriell orientiert war wie nach dem Krieg, erkannte Steiner zukünftige Gefährdung. Er setzte auf die Idee des Hoforganismus, ein geschlossenes Modell, das sich selber trägt ohne Zukauf von Dünger, Futter und anderen Stoffen von außen. Neben den allen Anbauorganisationen gemeinsamen Richtlinien (Förderung der Bodenfruchtbarkeit, Nichtanwendung von chemischen Mitteln und leichtlöslichen Düngemitteln) werden auch Präparate benutzt, die die innere Qualität der erzeugten Lebensmittel stärken. Auf die Felder werden Hornmist und Hornkieselpräparate aufgebracht, Tierdünger wird mit Pflanzenpräparaten aufgearbeitet und kosmische Zusammenhänge werden beachtet. So wird bei der Wahl des Saatzeitpunktes der Mondstand berücksichtigt. Die Organisation der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise wurde während des Zweiten Weltkriegs zerschlagen und nach dem Krieg neu gebildet. Zu ihr zählen neben Forschung und verschiedenen AGs der Demeter-Bund, der für die Einhaltung der Anbau- und Verarbeitungsrichtlinien sorgt. Im Forschungsring wurden die Richtlinien erarbeitet.
So kann ein Bauer, der nach einer Prüfung die Anerkennung erhalten hat, nach ein bis zwei Jahren der Umstellung seine Produkte als „Biodyn“ verkaufen und nach drei Jahren als „Demeter“.
Die durchschnittliche Milchbelastung liegt bei 1 Becquerel pro Liter. Das Münchner Umweltinstitut meldet als niedrigst belastete Milch:
Frische Landmilch, Maja, 3,8 %0,8 Bq
Frische Vollmilch, Maja, 3,5 %2,1 Bq
Frische Milch, Maja, fettarm1,6 Bq
Frische Markenmilch, Deller, 3,5 %1 Bq
Frische Milch, Stählerne Kuh
Milchunion Obb.2,4 Bq
Frische Milch, Weihenstephan, fettarm1,2 Bq
Frische Milch, Weihenstephan, 3,5 %1,3 Bq
Vorzugsmilch, R.Wurth Feldkir., roh3,6 Bq
Aus Kiel kommen folgende Werte:
Bioland Milch, Biohof Plöhn'3 Bq
Vollmilch, Meierei Nortorf (26.11.)18 Bq
Vollmilch, Meierei Nortorf (16.12.)10 Bq
Rohmilch, Wilkens Tostedt7 Bq
Rohmilch, Berlinbis 5 Bq
Quellen: Strahlentelex Berlin, Eltern für unbelastete Nahrung Kiel, Umweltinstitut München e.V.
Werte: Cäsium Becquerel pro Kilogramm. Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Mindesthaltbarkeitsdatum der Produkte.
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