: Strafe statt Prävention
■ Haase will Abgeordnete mit doppelter Stimme „empfindlich bestrafen“
Auf den Tag genau zwei Monate ist es her, daß im Parlament gleich mehrere Abgeordnete von SPD und PDS für abwesende Parteifreunde mit stimmten. Immerhin schon gestern äußerte sich nun auch Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) zu der unangenehmen Angelegenheit, bei der die Staatsanwaltschaft in einem Fall seit Wochen ermittelt. Haase bezeichnete die „Wahlmanipulationen“ als „beschämend und moralisch verwerflich“. Der Betrug habe dem Ansehen des Parlaments erheblich geschadet.
Der Präsident hat vorgestern die Vorsitzenden aller Fraktionen aufgefordert, die Geschäftsordnung nun so zu ändern, daß eine Bestrafung der Delinquenten möglich wird. Präsident Haase drängte auf empfindliche Geldbußen und den Ausschluß aus Sitzungen wie etwa bei ungebührlichem Verhalten. Eine Lösung, mit der vorbeugend ein Mißbrauch der elektronischen Abstimmungsanlage ausgeschlossen würde – Parlamentarier brauchten beispielsweise nur ihre elektronischen Stimmkarten bei Verlassen des Plenarsaals abzugeben –, lehnte Haase ab: „Ich stelle den Abgeordneten doch keinen Babysitter zur Seite.“
Gegenüber dem Präsidenten haben sich die SPD-Abgeordnete Jutta Weißbecker und die PDS- Abgeordnete Elke Herer offenbart, für abwesende Sitznachbarn mit gestimmt zu haben. Sie wollen mit einer Spende büßen. Gegen den SPD-Abgeordneten Jürgen Kriebel ermittelt die Staatsanwaltschaft. Durch ihn war die Wahlfälschung bekanntgeworden, weil die B.Z. ihn beim doppelten Abstimmen ablichtete. Kriebel schweigt zu dem Vorwurf. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen