: Strafbescheid ade?
■ Karteikarten verhindern schnelles Aufspüren von Verkehrssündern Ost/ Inzwischen droht Verjährung
Berlin. Bisher hatten es die Autofahrer aus dem Osten gut: Selbst wenn sie mitten auf dem Ku'damm quer parkten, in falscher Richtung eine Einbahnstraße unsicher machten oder mit ihrem Trabi, die Tempo-100-Regelung auf der Avus mißachtend, jeglichem Daimler das Auspuffrohr zeigten und ob ihres gesetzwidrigen Tuns zu einem Bußgeld verdonnert wurden — sie brauchten nicht zu zahlen. Denn waren die Verkehrsböslinge erst einmal zurück über die imaginäre Mauer geprescht, konnten die Strafgeld verlangenden Institutionen nur noch auf den guten Willen der Verkehrssünder hoffen. Denn in Ost-Berlin hatte die Innenverwaltung nicht das Recht, irgendwelche Strafbescheide zu vollstrecken. So wurden die Verfahren zumeist eingestellt. Doch mit der Bevorzugung ist nun Schluß! Die Verwaltung will nämlich versuchen, die Strafgebühren doch noch zu kassieren, wenn der Verursacher innerhalb der dreimonatigen Verjährungsfrist ausfindig gemacht werden kann. Bloß, dabei wird es nicht unerhebliche Probleme geben. Zumeist wurden nämlich nur die Kennzeichen falsch geparkter Fahrzeuge notiert und auf die Anzeigen geschrieben. Westeigentümer können mit dieser Methode problemlos festgestellt werden, da Kennzeichen und Fahrzeughalter bei der jeweiligen Zulassungsstelle im Computer gespeichert sind. In der DDR allerdings wurde offenbar noch nach dem Karteikartenverfahren gearbeitet, und da kann die Sucherei Wochen dauern. Autofahrer, deren Fahrzeuge umgesetzt werden mußten, kommen so möglicherweise um das Bußgeld herum, da diese Fälle auch irgendwann verjährt sind. Auf jeden Fall aber, so ließ der Sprecher der Innenverwaltung, Thronicker, verlauten, zahlen sie die nicht unbeträchtichen Gebühren, die zwischen 146 DM am Tage und 191 DM nachts und an den Wochenenden liegen. ok
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