Strafbare Revolutionsromantik: Terror per T-Shirt?
Die dänische Justizposse um Unterstützung terroristischer Gruppen per T-Shirt-Verkauf geht in die zweite Runde.
STOCKHOLM taz In Dänemark startet heute die zweite Runde eines Gerichtsverfahrens um die Finanzierung terroristischer Aktivitäten: der T-Shirt-Prozess. Angeklagt sind sieben AktivistInnen, die im Januar 2006 die Firma "Fighters + Lovers" gegründet hatten. Die verkaufte T-Shirts mit den Symbolen der kolumbianischen Farc-Guerilla und der palästinensischen Befreiungsfront PFLP. Mit dem Überschuss daraus wollte man eine Radiostation der Farc und eine Druckerei der PFLP unterstützen.
Nach dem dänischen Antiterrorgesetz sei dies eine finanzielle Unterstützung terroristischer Organisationen, meinte das Justizministerium in Kopenhagen. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, doch das Amtsgericht Kopenhagen sprach die Angeklagten im vergangenen Dezember frei. Dass sowohl Farc als auch PFLP auf der für die Justiz in den EU-Staaten verbindlichen "Terrorliste" der EU stehen, reichte dem Gericht nicht aus: Es sei nicht bewiesen, dass diese Organisationen das Ziel hätten, ihre Länder zu destabilisieren, deren gesellschaftliche Strukturen zu zerstören oder die Bevölkerung einzuschüchtern. Die Definition von "Terrororganisationen" sei damit nicht nachgewiesen worden. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein.
"Wir sind überzeugt, dass wir auch diesmal gewinnen", sagt "Fighters + Lovers"-Sprecher Ulrik Kohl: "Wir haben nichts anderes gemacht als die Dänen, die in den 80er-Jahren Südafrikas ANC unterstützt haben." Verschiedene JuristInnen kritisierten, dass die dänische Justiz derartige Lappalien überhaupt zu einem "Terrorprozess" veranlasst haben. Es geht bei dem Erlös, den "Fighters + Lovers" aus dem T-Shirt-Verkauf erzielten, umgerechnet um gerade einmal 3.200 Euro. Davon ist nichts an Farc oder PFLP geflossen, da die Polizei das Geld beschlagnahmte. Die Anklage gegen die AktivistInnen, denen bis zu 10 Jahren Haft drohen, hatte auch eine breite Solidaritätsbewegung ausgelöst. Unter anderem hatte eine Organisation von Überlebenden der deutschen Konzentrationslager demonstrativ Spendenaktionen für Farc und PFLP gestartet.
Die jetzige zweite juristische Runde nahm "Fighters + Lovers" zum Anlass, eine neue Kollektion von Farc- und PFLP-T-Shirts auf den Markt zu bringen, erweitert um Kopftücher und das Parfüm Ramallah-Night. Der Überschuss aus dem Verkauf soll diesmal an RechtsanwältInnen und Rechtshilfeorganisationen gehen, die in Kolumbien und Palästina politische Gefangene verteidigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern