: Strafanträge im Hasi–Prozeß
■ Hohe Strafe mit Syrienrabatt für Attentäter Hasi gefordert / Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ergeben unterschiedliche Einschätzung einer syrischen Tatbeteiligung
Aus Berlin Kuno Kruse
Harte Haftstrafen von 14 Jahren für Ahmad Hasi und 13 Jahren für Farouk Salameh wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes forderte am Montag die Staatsanwaltschaft beim Berliner Landgericht. Die beiden Jordanier hatten gestanden, vor der Glasscheibe zu den Räumen der „Deutsch Arabischen Gesellschaft“ in Berlin– Kreuzberg eine Zeitbombe gezündet zu haben. Durch die Skrupellosigkeit, bei dem Attentat eventuell die eigenen Freunde zu töten, so der Staatsanwalt Detlev Mehlis, hätten die Angeklagten „auf Dauer das Recht verwirkt, ein freies Mitglied der Gesellschaft zu bleiben,“ auch wenn es mit sehr viel Glück dazu gekommen sei, daß niemand tödlich verletzt wurde. Das Geständnis der syrischen Beteiligung an der Vorbereitung des Anschlags aber wurde in der Wertung der Tat durch die Staatsanwaltschaft „mit deutlicher Strafmilderung honoriert.“ Damit blieb der Staatsanwalt um ein Jahr unter der nach dem Gesetz höchstmöglichen Haftdauer von 15 Jahren. Auch die exponierte Lage Berlins, das nicht zum Schlachtfeld des Mittleren Ostens werden dürfe, gebiete nach An sicht des Anklägers hohe Strafen. Auf die Anklagebank gehörten auch die syrischen Hintermänner, derer man nicht habhaft werden konnte, sowie der in London wegen eines vereitelten Attentates auf ein israelisches Flugzeug zu 45 Jahren Haft verurteilte Bruder des Angeklagten Hasi. Die syrische Beteiligung sah der zweite Staatsanwalt Dr. Joachim Larwatsch durch die Beweisaufnahme als erwiesen an. Die Aussage des Angeklagten Salamehs, der sich kurz vor der Ausführung des Attentats zu Vorbereitungsgesprächen in Damaskus aufgehalten habe, verweise auf ein „autorisiertes staatliches Gebäude in Damaskus“. Die Verteidiger der Angeklagten forderten für ihre Mandanten Freiheitsstrafen unter zehn Jahren. „Ahmad Hasi ist kein typischer Terrorist, der die Gewalt bejaht,“ verwies die Rechtsanwältin Gisela Kihn in ihrem Plädoyer auf die psychische Abhängigkeit ihres Mandanten von seinem Bruder Nezar Hindawi, zu dem er ehrfürchtig aufblickte. Hasi habe seine eigene Tatbeteiligung freimütig eingeräumt. Daß er in einem vor der Weltöffentlichkeit stattfindenden Prozeß nicht bereit gewesen sei, irgendetwas zu seiner Entlastung zu sagen, sei dadurch zu erklären, daß er sich großer Gefahr aussetzte. „Doch nur wenn es um Syrien ging, hat er geschwiegen,“ so die Anwältin Gisela Kihn. Zweifel hegte sie auch hinsichtlich einer offiziellen Beteiligung des arabischen Landes. Warum, fragte sie das Gericht, mußte die Bombe in der syrischen Botschaft überreicht und dann gemeinsam mit Hasi zur Gepäckaufbewahrung im Ostbahnhof gebracht werden, obwohl es viel unauffälliger gewesen wäre, einfach nur einen Gepäckschein zu übergeben? Gisela Kihn stellte die Existenz eines Hintermannes Namens „Haitam Said“ in frage, der von ihrem Mandanten nicht genannt, aber dann als Offizier der syrischen Luftwaffe in der Presse erschienen sei. Wenn das nun der Vizechef eines Geheimdienstes sein solle, gehöre er entlassen. Auch in London hätte ein Geheimdienstler damit rechnen müssen, daß die von einer uninformierten Person an Bord eines Flugzeuges geschmuggelte Bombe gefunden werde. (Nezar Hinwawi war in London verurteilt worden, in syrischem Auftrag seiner Freundin vor dem Besteigen einer El–Al–Maschine eine Sprengstofftasche untergeschoben zu haben. d.Red) Von dort, so die Anwältin, brauchte man keinen Tag, um auf Hindawis Bruder Hasi zu kommen. Farouk Salameh, so sein Verteidiger Salm, sei schrittweise in die Pläne Hindawis verwickelt worden und habe nur stumpfsinnig mitgemacht. Die amtliche Herkunft des Sprengstoffs habe die Angeklagten in Zugzwang gebracht.
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