Störzeile: Fanal Radisson-Hotel
■ Warum auch an andere öffentliche Gebäude Löcher geklebt werden sollten
Zugegeben, die Werbeaktion der Filmfirma „Buena Vista“ und des Radisson-SAS-Hotels bewegt sich an der Grenze des Zumutbaren. Zarte Seelen könnten verschreckt werden, wenn sie mitten im friedlichen Hamburger Hinterland mit soviel Zerstörung konfrontiert werden. Aber es ist halt Krieg, und da greifen alle Seiten zu „zielgerichteten Maßnahmen“. Deshalb ist das Mittel, die eigene Fassade symbolisch zu zerstören, aus humanitären Gründen moralisch gerechtfertigt.
Als erstes in ganz Deutschland solidarisiert sich das Radisson-Hotel mit den zivilen „strategischen Zielen“ in Jugoslawien und demonstriert der Hamburger Bevölkerung: So sieht es dort jetzt aus. Ein Fanal des großflächigen Protests gegen die Nato-Bombenangriffe!
Damit auch wirklich keinE HamburgerIn mehr die Augen verschließen kann, sollten andere öffentliche Einrichtungen nachziehen: Das Uni-Hauptgebäude bekommt einen Riss in die Kuppel gezeichnet, das Rathaus zerschossene Fenster, der Fernsehturm einen Knick (eine echte Herausforderung für die KünstlerInnen!). Ein paar Federstriche, und schon liegt das NDR-Funkhaus symbolisch in Schutt und Asche. Auch der HVV könnte sich aus aktuellem Anlaß mit ein paar grafisch in Stücke gerissenen Bussen beteiligen.
Nicht zu vergessen die vielen Brücken in der Hansestadt – die müssen alle wegretouchiert werden. Aufs Wasser werden mit Schwimmfarbe zehn, zwanzig tote ZivilistInnen und reichlich Verwundete dazugepinselt. Jugoslawien ist überall.
Heike Dierbach
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