■ Stören Sie die Regierungsbauten?: „Gott sei Dank gibt es viele Zufluchten“
Beatrice Siegel, 36 Jahre, Bibliothekarin
Es ärgert mich, daß im Bereich Tiergarten Grünflächen für Regierungsbauten und Botschaften abgezwackt werden. In Berlin gibt es nicht so viele Parkanlagen. Und da ich Kinder und einen Hund habe, ist mir dieses bißchen Grün schon sehr wichtig. Sinnvoller ist es, die alten Gebäude aus den zwanziger Jahren umzubauen, um die Grünflächen nicht vollkommen anzugreifen. Das wäre zeitgemäß.
Gerwin Meyer, 33 Jahre, Shiatsu-Therapeut
Von mir aus bräuchte es gar keine neuen Bauten geben, weder für Botschaften noch für die Regierung. Ich befürchte nämlich, daß sich die Stadt in den kommenden Jahren noch mehr spalten wird. In eine Stadt der Weltpolitik mit superwichtigen Politikern und Diplomaten und in eine Stadt des gemeinen Volkes. Ich hoffe dabei nur, daß Berlin nicht völlig gesichtslos werden wird.
Günther Hädinger, 46 Jahre, Rechtsanwalt
Berlin muß zu einer Weltstadt werden. Mit ausländischen Vertretungen und allem, was dazugehört. Nachteile sind natürlich auch dabei. Die Bautätigkeiten schränken einen beispielsweise momentan schon sehr ein. Gott sei Dank gibt es viele Zufluchten, von wo man die Großstadt dosiert genießen kann. Berlin muß aber pulsieren, wenn es eine Rolle im nächsten Jahrhundert spielen möchte.
C. Springsklee-Gross, 32 Jahre, Hausfrau
Eigentlich finde ich es ganz in Ordnung, wenn für Bundesregierung und Botschaften gebaut wird. Und ich finde es auch in Ordnung, wenn Mitarbeiter von ausländischen Vertretungen besonders geschützt werden. Sie sind ja oft Zielgruppe von Attentaten. Eine gewisse Sicherheit ist schon nötig, aber man sollte es nicht übertreiben. In dem Sinn, daß die Botschaften nicht zu Staaten im Staat werden.
Susanne Grandel, 35 Jahre, Übersetzerin
Ich bin begeistert von Architektur. Was daher in dieser Richtung in Berlin entsteht, ist schon sehr spannend. Aber wirklich traurig war, daß das Tempodrom dem Kanzleramt weichen mußte. Hier in Mitte stören mich die dicken Wagen mit Diplomaten oder Regierenden, die in großer Begleitung herumfahren. Außerdem ist es schade, daß sich die Regierenden mit einer Bannmeile umgeben müssen.
Bernhard Ziermann, 65 Jahre, Rentner
Die Bauten sind schon wichtig. Man kann ja nicht von einem Dorf aus regiert werden. Einige Gebäude werden sicherlich dabei weichen müssen, aber alles sollte man nicht gleich abreißen. Die Amerikaner wollen ja in einen völlig modernen Komplex ziehen. Und das ist wahrscheinlich auch sehr wichtig, die internationale Lage ist kompliziert und das Sicherheitsempfinden dadurch sehr groß. Umfrage: Julia Beeck
Fotos: Nino Rezende
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