Stör-Eier und Bauernprämien: Wenn Christdemokraten bocken
Nach einer gereizten agrarpolitischen Debatte droht die CDU im niedersächsischen Landtag damit, das Fairness-Abkommen zu kündigen.
![](https://taz.de/picture/1062643/14/Jens-Nacke.jpeg)
BREMEN taz | Am Tag danach versucht die CDU, die Stimmung zu beruhigen: „Wir hatten nur vor, darauf hinzuweisen, dass ein Fairness-Abkommen nur funktioniert, wenn beide Seiten fair miteinander umgehen“, erklärt der Sprecher der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Eike Frenzel. „Wir haben weder vor, künftig die begründete und entschuldigte Abwesenheit einzelner Abgeordnete von SPD und Grünen auszunutzen, um für neue Mehrheiten zu sorgen, noch war gestern unser Ziel, dass die SPD Herrn Schwarz vom Krankenbett ins Parlament karrt.“
Tatsächlich hatte die CDU genau das gemacht: Im sogenannten Pairing-Verfahren setzt für jeden entschuldigt Fehlenden des Regierungslagers ein Oppositions-Abgeordneter bei Abstimmungen aus. Das hatte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Jens Nacke, am Donnerstag gedroht zu kündigen, weil man sich durch Agrarminister Christian Meyer (Grüne) unfair behandelt fühlte.
Der sozialdemokratische Abgeordnete Uwe Schwarz, der mit Fieber in Bad Gandersheim im Bett lag, wurde deshalb in der Mittagspause nach Hannover kutschiert: „Wir haben ihn von unserem Fahrer abholen lassen“, bestätigte SPD-Fraktionssprecher Frank Jungbluth. Im Landtag hat Rot-Grün exakt eine Stimme mehr als CDU und FDP.
Tatsächlich war die Plenardebatte von Nickeligkeiten geprägt gewesen: So hatte die Opposition Meyer attackiert, weil er die quatschige Produktion vermeintlich nachhaltigen Kaviars in Loxstedt subventioniert hatte. Die Prüfung scheint eher nachlässig gewesen zu sein: Das Ministerium hatte die nicht besonders ökologische Hormonbehandlung der Stör-Weibchen übersehen (taz berichtete).
Wegen der Insolvenz des Unternehmens sind die 600.000 Euro Fördergelder futsch. Mitten in der Debatte darüber erinnerte Meyer dann CDU-Mann Björn Thümler daran, dass er doch seinerzeit schließlich auch für eine Subvention der Aquakultur-Farm eingetreten sei. Eine merkwürdige Retourkutsche.
Der Kragen geplatzt war der Unionsfraktion, weil ihr Meyer keine Auskunft geben mochte über die schleppende Auszahlung der Greening-Prämien. Das Geld für diese Direktzahlung an Landwirte kommt aus Brüssel, und zu checken, ob die Antragssteller berechtigt sind, ist eine Routineangelegenheit.
In anderen Bundesländern wurde mit der Auszahlung bereits im Dezember begonnen. In Niedersachsen hatte Meyer Anfang des Jahres angekündigt, das Geld im Februar zu überweisen. Insgesamt geht es dabei um 196 Millionen Euro. Laut Land & Forst soll bei mehreren Hundert Betrieben in Ostfriesland das Geld noch immer nicht auf dem Konto sein.
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