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Stirbt die Frauenquote an Europa?

■ Heute urteilt Luxemburger Gericht über den Fall Kalanke

Über die Zukunft der Frauen-Quote entscheidet heute der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Frauenpolitikerinnen fürchten, daß dabei dem Mitarbeiter des Bremer Gartenbauamtes, Eckhard Kalanke, recht gegeben wird. Bei einer Beförderung war ihm 1990 mit Hinweis auf das damals gerade in Kraft getretene Bremer Landesgleichstellungsgesetz seine Kollegin Heike Glissmann vorgezogen worden. Seitdem klagt Kalanke und hat mit dem Luxemburger Gericht nun die letzte Instanz erreicht.

Zwar hatte der Gartenbau-Ingenieur mit seiner Klage vor dem Bremer Arbeits- und Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Doch in Luxemburg wird nicht nach deutschen Gesetzen, sondern nach den EU-Richtlinien entschieden. Und die verbieten ausdrücklich eine Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt aufgrund des Geschlechts. Also auch aufgrund des männlichen, hatte EU-Generalanwalt Giuseppe Tesauro in seinem 32seitigen Schlußplädoyer argumentiert und gefordert, der Klage des Bremers zu entsprechen (vgl. taz vom 22.7.).

Mit der EU-Richtlinie zur Gleichberechtigung sei keineswegs eine „rein numerische Quotierung“ gemeint, wie sie im Bremer Landesgleichstellungsgesetz zur Grundlage der Bevorzugung von Frauen bei gleicher Qualifikation gemacht wird. Gemeint sei vielmehr die Verbesserung der „Ausgangsposition“ von Frauen – zum Beispiel durch gezielte Maßnahmen, die es ermöglichen, „die familiären und beruflichen Verpflichtungen miteinander zu verbinden“, schreibt Tesauro.

Für den Fall, daß das rein männlich zusammengesetzte Luxemburger Gericht heute die harte Quote in Bremen – und damit auch in den Bundesländern Niedersachsen, Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein – kippen sollte, hat der Frauenausschuß des Europaparlaments bereits eine Neufassung des EU-Vertrages gefordert, um die Bevorzugung von Frauen in den EU-Ländern doch wieder zu ermöglichen. Bereits morgen tagt deshalb der Ausschuß unter Beteiligung des für Frauenpolitik verantwortlichen EU-Kommissars Padraig Flynn. Ase

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