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Stille Post

Der Rauchfilm als neues Kino-Genre wurde schon 1985 von dem bekannten Berliner Filmkritiker „Onkel“ Max Goldt entdeckt und benannt. Damals machte Goldt seine Beobachtungen an den Werken Aki Kaurismäkis fest, in denen es an allen Ecken qualmt und dampft. Aber erst jetzt, zehn Jahre später, steht das Genre in voller Blüte. Volldampf wallt sogleich durch drei Streifen, die derzeit die Leinwände unserer Kinos einnebeln: In Smoke und dem Nachfolgefilm Blue In The Face wird ein Tabakladen kurzum zum Nabel der Welt erklärt („Mikrokosmos“ usw.). Jim Jarmusch raucht in letzterem Film vor aller Welt seine „Letzte“ – eine kokette Geste, denn gleichzeitig dreht sich in seinem (ohnedies arg zerqualmten) Western Dead Man alles um die bange Frage: „Hast Du Tabak für mich?“ Kurz: Alles Sympathieträger des neuen Genres sind Raucher, und keine Spur von Reue im weiten Marlboroland. What's next? Sauberfrau Katja Riemann als „Attika“-Vertreterin? Uwe Ochsenknecht im „Overstolz“-Rausch?

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Ganz gegen den Trend hingegen hat sich Michelle Pfeiffer in „Dangerous Minds“ ausgerechnet als Lehrerin beworben, wo doch jedes Kind weiß, daß man Schauspielerin wird, um in aufregenden Klamotten verruchte Sängerinnen, Detektivinnen oder die begehrte Geliebte darzustellen. Die Aufwertung des Pädagogenimage in dieser äußerst schlicht gestrickten Geschichte motiviert letztendlich auch die anfangs äußerst lernresitenten schwarzen Schüler in Michelles Klasse. Gegen einen Schokoriegel sind sie bereit, den Unterschied zwischen Bob Dylan und Dylan Thomas zur Kenntnis zu nehmen. Das beste in diesem LehrerInnen-Report made in „the black neighborhood“: der Titelsong „Gangster's Paradise“ von Coolio und der Soundtrack von Wendy & Lisa aus dem Dunstkreis von Prince. tazPrince

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