"Stiftung Opferschutz" in Österreich: Entschädigung für Missbrauchsopfer

Die Bischofskonferenz beschließt die Einrichtung einer "Stiftung Opferschutz". Gelder aus dem Fonds sollen als Missbrauchsopfer fließen. Kritiker fordern Reformen und eine neue Kirchenverfassung.

Der himmlische Beistand dürfte geholfen haben: Kardinal Christoph Schönborn stellt die "Stiftung Opferschutz" vor. Bild: ap

WIEN taz | In Krisenzeiten und bei privatem Unglück rufen Gläubige in Österreich bevorzugt die Madonna von Mariazell an. Das mag auch die Motivation für die katholische Bischofskonferenz gewesen sein, ihre Tagung im Wallfahrtsort in der Steiermark abzuhalten. Schließlich bedeutet das Auffliegen einer Serie von Misshandlungsskandalen eine gewaltige Katastrophe, die bis Jahresende - so die finstere Prognose - zu 80.000 Austritten aus der Glaubensgemeinschaft führen kann.

Der himmlische Beistand dürfte geholfen haben. Nach drei Tagen konnte Kardinal Christoph Schönborn am Mittwoch Ergebnisse verkünden. Es soll eine "Stiftung Opferschutz" eingerichtet werden, aus der Therapiekosten und Schmerzensgeldzahlungen für Opfer sexueller oder physischer Gewalt durch Kirchenleute bestritten werden. Sie soll zu gleichen Teilen von den Diözesen und den Ordensgemeinschaften dotiert werden. Kirchenbeiträge würden dafür nicht herangezogen, versicherte Schönborn. Vielmehr sollen die Gelder "beim Täter oder bei einer verantwortlichen Institution eingefordert" werden. Zur Höhe des Fonds sagte er nichts.

Eine mehr als 60 Seiten starke "Rahmenordnung" verlangt eine Anzeige mutmaßlicher Missbrauchstäter nur "bei Gefahr im Verzug", wenn "weitere Personen zu Schaden kommen könnten". Allerdings wird den Tätern zur Selbstanzeige geraten.

Das Ergebnis der Tagung wurde allgemein positiv aufgenommen. Allerdings sehen kirchenkritische Organisationen darin nur einen Anfang. Der Kinderpsychologe Holger Eich vermisste im Ö1 Radio die Analyse. "Wie ist es möglich, dass solche Dinge passiert sind?". Es müsse die "extrem verquere Meinung" der Kirche zur Sexualität hinterfragt werden.

Der katholische Publizist Hubert Feichtlbauer sieht die Glaubwürdigkeit der Kirche als zentrale Frage. Die Missbrauchsskandale seien nur Auslöser, nicht Ursache der massiven Kirchenaustritte. Die Zeit sei reif für echte Reformen. "Wenn man jetzt nicht den Mut hat, diese Strukturen der autoritären Gehorsamspflicht und unumschränkte Macht des Papstes zu ändern, dann ist für lange Zeit die Chance vertan."

Donnerstag meldeten sich drei Organisationen, darunter die Plattform "Wir sind Kirche", zu Wort und forderten eine neue Kirchenverfassung mit mehr Demokratie und Gewaltenteilung. Bischöfe sollten vom Volk gewählt werden, der Zölibat für Weltpriester nicht länger verpflichtend sein. Bischofs- und Papstamt seien auf fünf oder sechs Jahre zu beschränken.

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