piwik no script img

Steward beendet Laufbahn eindrucksvoll"That's it!"

Nachdem eine Reisende ihm den letzten Nerv geraubt hat, verlässt Steward Steven Slater das gelandete Flugzeug über die Notrutsche. Die Facebook-Nutzer sind begeistert.

Unter Flugbegleitern heißt der Job in der Economy-Class wohl nicht umsonst "Schleuderservice". Bild: dpa

BERLIN taz | Steven Slater hatte genug. Offenbar stark überarbeitet und genervt von einer uneinsichtigen Passagierin hat der 38-jährige Steward ein auf dem New Yorker J.F.K-Flughafen gelandetes Flugzeug über die Notrutsche verlassen, vermeldeten die Zeitungen New York Times und New York Daily News.

Nachdem er die Reisenden der ausrollenden Maschine darum gebeten hatte, weiterhin angeschnallt sitzen zu bleiben, erhob sich laut den Zeitungsberichten eine Passagierin und begann nach ihrem Koffer zu suchen. Der Flugbegleiter versuchte sie dazu zu bewegen, sich wieder zu setzen, doch plötzlich flog ihm ein Gepäckstück aus dem geöffneten Gepäckfach an den Kopf.

Als die Reisende sich weiterhin uneinsichtig zeigte und ihn sogar beleidigte, verlor Slater schließlich die Nerven. Er stürmte zum Bordtelefon, beschimpfte die Dame sowie die restlichen Reisenden, fügte ein kurzes „That's it!“ hinzu um seiner Laufbahn als Steward ein offizielles Ende zu geben und aktivierte die Notrutsche. Bevor er das Flugzeug jedoch auf dem Allerwertesten verließ, schnappte er sich noch ein kaltes Bier aus dem Bordkühlschrank. Schließlich rannte er zum Parkplatz und fuhr davon. Einige Zeit später wurde er in seinem Haus im New Yorker Stadtteil Queens verhaftet.

Ein Reisender sagte später gegenüber der New York Daily News, dass Slater während seines Aussetzers einen glücklichen Eindruck gemacht habe. Ein anderer Passagier wird von dem Blatt mit den Worten zitiert: „Ich wünschte, wir alle könnten unsere Jobs in dieser Weise beenden.“ Dem Steward werden seit seiner unübliche Aktion einige Sympathien eingebracht. Auf der Facebook-Seite des New Yorkers finden sich bereits zahlreiche wohlwollende Kommentare und auch eine Gruppe namens „Free Steven Slater", die die Inhaftierung des Stewards nicht hinnehmen möchte, existiert bereits.

Sein bisheriger Arbeitgeber, die JetBlue Airlines, betonte, dass die Sicherheit der Passagiere sowie der Besatzung während Slaters Ausraster zu keinem Zeitpunkt gefährdet war, berichtet die New York Times. Die Fluggesellschaft wird den Fall dennoch gemeinsam mit der zuständigen Flughafen-Polizei sowie der Federal Aviation Administration untersuchen.

Zu fragen bleibt nur, ob dem Steward sein Verhalten überhaupt übel zu nehmen ist. Nicht nur sympathisieren Reisende und Facebook-Nutzer mit ihm, auch eine Studie der International Air Transport Association entlastet den 38-Jährigen zumindest moralisch. Die Studie stellt einen erheblichen Anstieg an Gewalt und Unfreundlichkeit von Passagieren an Bord von Flugzeugen fest. Nach 20 Jahren in der Luft hatte Slater also vielleicht einfach genug von den ständigen Pöbeleien. Die wird er jetzt nicht mehr ertragen müssen, denn so schnell wird ihn keine Fluggesellschaft wieder einstellen. Einen denkwürdigen Abschied jedoch hatte Slater in jedem Fall. Der Preis könnte eine saftige Strafe sein – zum Bedauern vieler Facebook-Nutzer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

14 Kommentare

 / 
  • F
    Frank

    Bei einer rollenden Maschine die Notrutsche auszuwerfen ist ein Eingriff in den Flugverkehr. Damit kann man Menschen erschlagen, die Maschine muss stoppen und der ganze Betrieb wird aufgehalten.

     

    Davon abgesehen ist die Notrutsche bestimmt nicht mit einem Kinderschwimmring vergleichbar, der wieder aufgewickelt und eingepackt wird als ob nichts war. Eher mit einem Airbag, nur viel größer und teurer. Der Schaden geht nach meiner Einschätzung in die Zehntausende.

     

    Hoffentlich hält die Solidarität der Fans was sie verspricht.

  • C
    Carsten

    Ich denke man wirft Ihm einen "gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr" oder wie sich das nennt vor.

    Ob diese Anklage haltbar ist oder Richter Verständniss für den Angeklagten zeigt steht auf einem anderen Blatt.

    Ich drücke Ihm jedenfalls die Daumen!

  • T
    Tom

    Anklage wegen vorsätzlicher Gefährdung, groben Unfugs und Hausfriedensbruchs.

    Die Notrutsche wird sofort ausgelöst. Er konnte nicht wissen, ob nicht Bodenpersonal in der Nähe ist, und hat diese gefährdet.

    Ist schon eine coole Aktion, aber natürlich auch ein wenig unüberlegt. Wäre jemand dabei verletzt oder sogar getötet worden, würde das wohl keiner mehr so witzig finden. Das keiner zu Schaden kam, ist sein Glück.

    Solche Einrichtungen sind für Notfälle und bergen ein gewisses Risiko. Im Notfall kann/muss man mit dem Risiko leben. Für einen Spaß ist das Risiko unakzeptabel.

  • L
    Lars

    Die Frage, warum so etwas wegen mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden kann stelle ich mir allerdings auch. Vielleicht kann die Redaktion da mal nachhaken? Denn auch wenn die Meldung auf den ersten Blick eher in den Bereich "Panorama" fällt, steckt eben doch vermutlich ein hartes Arbeitsumfeld und eine zutiefst menschliche Reaktion darauf hinter der Geschichte. Und dafür sollte man nicht ins Kittchen wandern.

  • K
    karlov

    trotzdem: saugeile Aktion!

  • Y
    Yogi

    Verhaftung? Soll das ein Witz sein?

  • S
    Serviertier

    Dem Himmel sei es gedankt. Ein Erzengel, ein leuchtendes Beispiel für alle entrechteten ServicemitarbeiterInnen fliegt in Gestalt des Flugbegleiters Steven Slater mit flammendem Schwert durch das Sommerloch voraus. Und dank des Medienechos fliegt er am Schluss vielleicht nicht einmal in die Arbeitslosigkeit.

     

    Nun aber im Ernst: Zuerst einmal Respekt für Mr. Slater! Mit seinem konsequent durchgeführten Sprung über die Notrutsche hat er zwar ein paar Sicherheitsvorschriften missachtet aber im Grunde seine menschliche Würde bewahrt.

     

    Bleibt aber noch, dass Millionen andere ServicemitarbeiterInnen die fortwährende Schikane zwischen konsumgeilen KundInnen und verkaufsgeilen ArbeitgeberInnen erdulden müssen. Täglich schmeißen tausende von ihnen den Job hin, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen. Ihre Geschichten bleiben leider weithin unbeachtet, der Wahnsinn, der dahintersteckt leider auch.

  • V
    vic

    Köstlich, ich wär gern dabeigewesen.

    Rechtlich ist ihm außer dem Missbrauch der Notrutsche vermutlich nicht beizukommen. Entlassen wird er ohnehin, und ich schätze er hat nach 20 Jahren ohnehin genug.

  • M
    Moppi

    "Wenn wir doch nur alle unseren Job so beenden könnten"... ihr Nasen, dann einfach mal dat Hirn einschalten und nich jeder scheiß Politikatze nach dem Maul labern, wenns um Arbeit geht. BGE FTW, meine persönliche Gummirutsche :D

  • B
    Biks

    Mir wird aus dem Artikel nicht klar, warum ihm jetzt Knast drohen soll. OK, er hat die Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag grob verletzt, daher wird er wohl gekündigt und muss vielleicht auch noch Schadensersatz leisten, aber wo ist das strafrechtliche Vergehen, dass ihn in den Knast bringen könnte? Oder reicht dafür schon der Diebstahl einer Dose Bier?

     

    Ansonsten kann ich ihn verstehen. Auch wenn man selbst noch so gestresst ist, ist das kein Grund jemanden respektlos zu behandeln, insbesondere wenn derjenige auch noch verpflichtet ist, immer freundlich zu sein.

  • K
    Klingelhella

    Was wird dem Steward strafrechtlich Relevantes vorgeworfen, das ihn in Haft bringen könnte?? Das sagt der Artikel leider nicht aus.

  • S
    sub

    also wenn mich sowas interessiert, kauf ich die BILD.

  • P
    Paul

    hmmm....warum bekommt der kerl denn eine Gefängnisstrafe.

    wird es so hart geahndet, wenn ein Flugzeug, ohne Notfall über die Notrutsche verlässt?

     

    Schön an der ganzen Sache ist ja eigentlich, dass der Typ die Passagiere beleidigt und die ihn darum nur beneiden!

  • TH
    Thomas Homeier

    Die Gedanken sind frei, das Handeln leider nicht! Merke: Im richtigen Leben gewinnt immer Goliath!