Steuerpraktiken in der EU: Schluss mit günstig
Multinationalen Unternehmen werden in mehreren EU-Staaten Steuervorteile eingeräumt. Nun will die EU-Kommission alle Mitgliedsländer daraufhin untersuchen.
BRÜSSEL dpa | Die EU-Kommission weitet ihre Untersuchungen zu umstrittenen Steuervorteilen für Unternehmen auf alle 28 Mitgliedstaaten aus. Dahinter steht der Verdacht, dass Staaten multinationalen Unternehmen erlauben, mit aggressiver Steuerplanung ihre Belastung zu senken. Bisher liefen Untersuchungen nur gegen sieben Staaten, darunter Luxemburg und die Niederlande.
Die EU-Kommission prüft nach Angaben vom Mittwoch, ob umstrittene Steuerpraktiken mit den europäischen Regeln für Staatsbeihilfen im Einklang stehen. Zuständig ist daher EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker steht unter Druck, nachdem die Steuermodelle seines Heimatlandes Luxemburg öffentlich geworden waren. Juncker war dort lange Regierungschef. Als Präsident der EU-Kommission hat er nun Steuersparmodellen den Kampf angesagt. So will er Gesetze auf den Weg bringen, die für einen automatischen Informationsaustausch der EU-Staaten bei Steuerabsprachen für Konzerne sorgen sollen.
„Wir müssen uns einen vollständigen Überblick über die Praxis verbindlicher Steuerentscheide in der EU verschaffen, um feststellen zu können, ob und wo der Wettbewerb im Binnenmarkt durch selektive Steuervergünstigungen verfälscht wird“, teilte Wettbewerbskommissarin Vestager mit. Eine Reihe von Staaten scheine multinationalen Unternehmen Steuervorteile zu gewähren, meint die EU-Kommission.
Skype, Disney und deutsche Chemiefirmen
Bei der Untersuchung geht es um sogenannte Steuervorentscheide (tax rulings). Diese Absprachen mit den Behörden erlauben Konzernen, ihre Geschäfte zwischen verschiedenen Konzernteilen steuerlich möglichst vorteilhaft zu gestalten.
Die EU-Staaten sollen nun Informationen über ihre Steuerentscheide liefern. Die EU-Kommission will auch klären, welche Regierungen überhaupt solche Entscheide erteilen. Gegebenenfalls will die Brüsseler Behörde eine Liste aller Unternehmen sehen, die zwischen 2010 und 2013 einen Steuerentscheid erhalten haben.
Nach Medienberichten haben bisher unter anderem Skype, Disney und die deutschen Chemiefirmen Oxea und Brenntag von lukrativen Steuervorteilen in Luxemburg profitiert. Die EU-Kommission prüft unter anderem Steuerregelungen für Apple in Irland und Starbucks in den Niederlanden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren