Steuerliche Gleichstellung von Homo-Paaren: Wenn verpartnert, dann auch gesplittet
Das Ehegattensplitting auch für homosexuelle Paare fordern 13 CDU-Abgeordnete. Familienministerin Kristina Schröder schließt sich an. Die CSU wartet erstmal ab.
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BERLIN taz | In der CDU bahnt sich eine kleine Revolution an. Eine Gruppe von 13 Bundestagsabgeordneten fordert die steuerliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft mit Eheleuten. „Es ist nicht akzeptabel, dass der Politik immer wieder vom Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben werden muss, diese Ungleichbehandlung abzuschaffen“, heißt es in einer Erklärung der Gruppe.
Sie will, dass künftig auch schwule und lesbische Paare vom Ehegattensplitting profitieren können. Die steuerliche Gleichstellung sei nur konsequent und soll nun „endlich“ als „unsere eigene politische Entscheidung“ umgesetzt werden, heißt es. Nach der Sommerpause wollen sie den Antrag in die Unionsfraktion einbringen.
Zu den Unterzeichnern gehören mit Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, und der Vizefraktionschefin Ingrid Fischbach auch zwei prominente CDUler. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat sich bereits angeschlossen.
Splitting: Bisher werden nur heterosexuelle Ehepaare durch das Ehegattensplitting steuerlich begünstigt. Am stärksten profitieren sie, wenn nur einer ein Einkommen hat. Zwei Beispiele:
Gleichverdiener: Beide haben ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von je 25.000 Euro. Als Unverheiratete zahlen sie laut //www.abgabenrechner.de/ekst/ekst.jsp?in_einkommen=80000&in_verheiratet=1&in_jahr=2010&berechnen=:Abgabenrechner des Finanzministeriums je 4.322 Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag. Als Ehepaar kommen sie zusammen auf 50.000 Euro und müssen 8.664 Euro an den Staat abführen. Die Heirat ändert also nichts.
Nur ein Verdiener: Ein Partner verdient 50.000 Euro, der andere nichts. Als Lediger muss der Verdiener 13.553 Euro abführen. Als Ehepaar müssen beide zusammen nur 8.664 Euro zahlen. Sie sparen 4.889 Euro pro Jahr. (ga)
Der Vorstoß komme „zur rechten Zeit, denn in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernehmen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander, sie leben damit konservative Werte“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung.
CSU skeptisch, aber gesprächsbereit
Die CSU reagierte zunächst zurückhaltend. Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, man werde abwarten, wie die Fraktionsführung das Verfahren nach der Sommerpause gestalten möchte. CSU-Rechtsaußen Norbert Geis wandte sich zwar gegen die „Egalisierung von Ehe und Familie mit der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft“.
Seine Einlassungen klangen aber eher halbherzig-pflichtbewusst als dogmatisch. „Der Knackpunkt ist sicherlich nicht das Ehegattensplitting, sondern das Adoptionsrecht für Schwule und Lesben“, sagte Geis der taz. Auch andere CSUler zeigten sich skeptisch, aber gesprächsbereit.
Sofortiger Widerstand ist aus dem Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu erwarten. Der taz teilte das Ministerium mit, man habe den Vorstoß zur Kenntnis genommen: „Allerdings gibt es aus Sicht des BMF derzeit keine Notwendigkeit, eingetragenen Lebenspartnern dieselben einkommensteuerlichen Privilegien wie Eheleuten zu gewähren.“
Erwartungsgemäß wohlwollend reagierte die FDP, die die Gleichstellung seit Langem fordert. Der Bundestagsabgeordnete Michael Kauch will den Vorschlag daher schnell umsetzen: „Das Jahressteuergesetz 2013 bietet die Möglichkeit, dies sehr zeitnah zu tun.“
SPD für parteiübergreifenden Antrag
Zustimmung kam auch von der Opposition. Die SPD schlug vor, einen parteiübergreifenden Antrag in den Bundestag einzubringen und forderte Kanzlerin Angela Merkel und Unionsfraktionschef Volker Kauder auf, bei der Abstimmung die Fraktionsdisziplin aufzuheben.
Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, wünschte den „wilden 13“ viel Erfolg bei ihrer Überzeugungsarbeit innerhalb der Union. Die Blockade von CDU und CSU habe Deutschland in der Gleichstellungsfrage zum „Schlusslicht in Europa“ gemacht, sagte Beck.
Hinter dem Vorstoß der CDUler könnte auch ein steuerrechtlicher Deal stecken. Derzeit befinden sich die Bundesministerien in Abstimmung über das Jahressteuergesetz 2013. Die liberal geführten Ministerien sollen laut FDP-Kreisen Vorschläge aus dem Hause Schröder blockiert haben und ihr zu verstehen gegeben haben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, die steuerliche Gleichstellung von Homos voranzutreiben.
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