piwik no script img

Steuerausfälle wegen KraftstoffverbrauchDie Sprit-Mogler

Viele Neuwagen verbrauchen deutlich mehr Sprit als von den Herstellern angegeben. Was bislang ein Ärgernis für die Verbraucher war, könnte bald zu Steuerausfällen von mehreren Millionen Euro führen.

Spitzenreiter auf der Mogel-Rangliste: Der Smart. Bild: ap

Hunderte Millionen Euro drohen dem Staat Jahr für Jahr zu entwischen. Der Grund: die Unterschiede zwischen dem ausgewiesenen und dem tatsächlichen Verbrauch vieler Neuwagen. Ab dem 1. Juli gilt die neue Kfz-Steuer, für deren Berechnung nicht mehr wie bisher allein der Hubraum eines Autos maßgeblich sein wird, sondern auch der CO2-Ausstoß.

Die CO2-Emissionen werden auf der Basis der offiziellen Verbrauchsangaben eines Autos ermittelt. Doch die Herstellerangaben würden immer stärker vom tatsächlichen Verbrauch abweichen, sagt Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Der Spritverbrauch ist in den letzten Jahren vor allem auf dem Papier gesunken", meint Resch. "Bisher hatte dies nur Relevanz für den Verbraucher. Jetzt ist es auch ein Problem des Staates."

Bild: taz/quelle: deutsche umwelthilfe duh

Der neue Smart beispielsweise verbraucht auf hundert Kilometern knapp sechs Liter. Die offiziellen Angaben des Herstellers hingegen belaufen sich auf gut vier Liter. Damit ist der Kleinstwagen Spitzenreiter der Mogel-Rangliste, welche die Umwelthilfe für die Neuwagen 2009 erstellen ließ. Sie hat dazu die Herstellerangaben mit den Ergebnissen des "Eco-Tests" des ADAC verglichen, der die Autos unter möglichst wirklichkeitsnahen Bedingungen prüft.

Einige Ausnahmen wie der Sportkombi von Saab schlossen dabei besser ab als angegeben. Die DUH erklärt dies damit, dass der Saab erdgasbetrieben sei, was genaue Messungen schwieriger mache. Die große Mehrheit der geprüften Fahrzeuge jedoch verbrauche deutlich mehr als von den Herstellern gekennzeichnet. Dabei kamen sämtliche Autobauer ähnlich schlecht weg.

Die Hersteller prüfen ihre Modelle nach dem Neuen Europäischen Fahrzeugzyklus (NEFZ) aus dem Jahr 1996, mit dem man die Vergleichbarkeit der verschiedenen Modelle gewährleisten wollte. Realistische Testbedingungen sind dabei allerdings, anders als beim ADAC-"Eco-Test", zweitrangig.

Viele Hersteller nutzen den Spielraum des NEFZ, um die Messwerte zu drücken. Insider aus der Autoindustrie berichteten der Umwelthilfe von beliebten Tricks: So wurden für die 20-minütigen Testläufe die Lichtmaschinen vom Motor abgeklemmt und nur über Batterie betrieben. Unter normalen Bedingungen würde so ein Auto bereits nach kurzer Zeit mit leerer Batterie liegen bleiben.

Außerdem stammt die NEFZ aus einer Zeit, in der lediglich 2 Prozent der Automodelle eine Klimaanlage hatten. Heute sind es 50 Prozent. "Im Sommer macht man schon einmal die Klimaanlage an oder im Winter die Heizung", sagt Resch. Doch die Autobauer zeigen sich in den Testfahrten sparsam und schalteten beides nicht an.

Die Umwelthilfe geht davon aus, dass der wirkliche CO2-Ausstoß um 5 bis 10 Prozent über den Angaben liegt, die das Bundesfinanzministerium ab Juli als Berechnungsgrundlage nimmt. Dieser Unterschied wird teuer: Bei Gesamteinnahmen durch die Kfz-Steuer von knapp 9 Milliarden Euro ging es schnell um mehrere hundert Millionen Euro, meint Resch.

Im Finanzministerium fühlt man sich für diese Berechnungsfehler nicht zuständig: "Wir knüpfen nur an die Informationen an, die wir von den Zulassungsbehörden haben", sagte Ministeriumssprecher Oliver Heyder-Rentsch der taz.

Die Umwelthilfe fordert, die offiziellen Werte einer behördlichen Überprüfung zu unterziehen. So könnten Prüfer des TÜV im Labor die Fahrzeuge unter möglichst realistischen Bedingungen testen. Verlässliche Zahlen seien nicht nur für Verbraucher und das Finanzministerium wichtig.

Auch die EU-Abgasnorm stütze sich auf die Angaben der Hersteller. Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an Vorschlägen für neue Emissionsgrenzwerte für Motorräder und Autos. Hersteller, deren neue Modelle die vorgeschriebenen Werte überschreiten, könnten demnach in einigen Jahren pro verkauftem Wagen eine Strafsteuer bezahlen, schätzt Resch. Dann wären wirklichkeitstreue Verbrauchswerte bares Geld wert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • M
    Martin

    zu Peter

     

    Klingt auf den ersten Blick gut, hat aber einen entscheidenden Fehler: Die Kosten wären nur linear. Das reicht aber nicht, eine progressive Kfz-Steuer ist nötig. Es kann nicht sein, daß ein Geländewagenfahrer mit 15 l nur dreimal so viel zahlen muß wie einer, der einen sparasamen Kleinwagen mit 5 l fährt. Ein Benzinpreis, der für den letzteren erschwinglich bleiben muß, wäre für den ersteren dann immer noch zu billig. Die Kfz-Steuer als Grundgebühr ist zudem nötig, um eine Schwelle zu setzen, überhaupt ein Auto zu kaufen.

  • CM
    Christopher Müller

    Dass diese standardisierten Tests auf technisch veralteten Grundlagen basieren und zum Betrug einladen (siehe Klimaanlagennutzung, aber auch spezielle Reifen, die die Hersteller extra für die Verbrauchsmessung und ggf. Erstausstattung anfertigen lassen, und die für den Verbraucher nicht erhältlich sind) und damit den Realverbrauch unterschätzen, ist doch allgemein bekannt. Genau deshalb hat z.B. der ADAC doch eigene Testrichtlinien entwickelt.

    Das Problem sind doch vielmehr Leute (Politiker), die nicht in der Lage sind, Statistiken richtig -also unter Berücksichtigung solcher Probleme- zu lesen. Wenn alle Hersteller einen x% zu niedrigen Verbrauch angeben, dann hätte man a) den Steuersatz entsprechend erhöhen können, um auf das gewünschte Resultat zu kommen (was Hersteller benachteiligen würde, die den realen Verbrauch angeben) oder b) den EU-Test an aktuelle Gegebenheiten anpassen können oder c) eigene Testbedingungen einführen können.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Kfz-Steuer ganz abschaffen und komplett auf Sprit umlegen

     

    Eigentlich müsste sich der Finanzminister sogar freuen, denn der Mehrverbrauch in der Praxis gegenüber dem lebensfremden Norm-Verbrauch führt zu mehr Einnahmen bei der Energie- und MwSt.

     

    Leider ist aber durch Mehrverbrauch der Umwelt nicht geholfen.

     

    Die neue CO2-Steuer ist eine Schimäre.

     

    Besser wäre es diese extrem verwaltungsaufwändige Steuer ganz abzuschaffen. Das wäre eine echte Steuerentlastung für Pendler wie Renter.

     

    Als wirklich Neues wäre eine CO2-Abgabe pro Liter Sprit einzuführen.

     

    Die bisherige Kfz-Steuer bringt runde acht Milliarden an Einnahmen. Umgelegt pro Liter Sprit würde dieser um 15 Euroent teuerer. Diese Abgabe würde auf dem Tankbeleg separat ausgewiesen.

     

    Als CO2-Abgabe könnten die Einnahmen - wiederum runde acht Milliarden - pro BürgerIn (bei rund 80 Millionen Einwohnern) über die persönliche Steueridentifikationsnummer ausgezahlt werden: 100,-- € pro Kopf jährlich oder immerhin 400,-- € für eine vierköpfige Familie. Jeder könnte am Jahresende anhand seiner Tankbelege überprüfen, ob er Gewinner (durch sparsames und umweltfreundlicheres Fahren) oder Verlierer (durch Vielfahren) ist.

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (TH) IEP

  • T
    tobias

    Einfach nicht das Auto sondern den Sprit besteuerrn, schon ist das Problem nachhaltig gelöst und alle Diskussionen überflüssig.

  • P
    Petersilie

    Hier werden mal wieder simple Zusammenhänge ignoriert. CO2 entsteht durch die Verbrennung von Kraftstoff. Fahrleistung, Modell und Fahrstil - alles hat einen Einfluß darauf. Eine reine Kraftstoffbesteueuerung würde natürlich dazu führen, daß so manches ältere (zweit)Auto auf der Straße bleibt weils nur 5000km/Jahr fährt.

    Also ein Hurra für die Wirtschaftsförderung, die A-Karte für die Umwelt und für die Politik die Illusion, sie würde noch etwas gestalten.

  • AD
    Axel Dörken

    Mag sein, dass Ieure und auch die Wahrnehmung anderer zutrifft.

     

    Allerdings erlebe ich, dass ich mit unserem SMART for four, teilweise sogar bis fast bis zu einen Liter (4.5l) unter dem angegebenen Durchschnittsverbauch von 5,4l auf 100 km liege.

     

    Die Fahrweise macht vielleicht doch mehr aus, als ein Mancher denkt. Ich schalte gerne vom 1. in den 3. und dann in den 5. Gang. Ferner sehe ich zu, dass ich bei der Beschleunigung unter 2.500 U.p.M. bleibe.

     

    Wenn ich unüblich schnell fahre (über 120km/h) verbaucht der Motor unseres Fahrzeugs auch ca. 6.0l

     

    Und fahre ich, was das Fahrzeug hergibt. Liegt der Verbauch bei über 7.5l

     

    Wohlgemekrt: Wir fahren eine Benztiner!

  • ML
    M. Läpple

    wer hätte das gedacht, daß die automobilindustrie auch nur lügt und betrügt.

  • P
    Peter

    Um all das zu umgehen und die Steuer tatsächlich von der ausgestoßenen Menge CO2 abhängig zu machen muss die Kfz-Steuer abgeschafft und auf die Kraftstoffsteuer umgelegt werden.

     

    -Wer viel fährt, verbraucht mehr als jemand der wenig fährt.

     

    - Wer schnell fährt, verbraucht mehr als jemand der langsam fährt.

     

    - Wer "sportlich" fährt, verbraucht mehr als jemand der das nicht tut.

     

    - Wer einen Spritfresser fährt, verbraucht mehr als jemand der ein sparsames Auto fährt.

     

    - etc.

     

    Und schon ist die Steuer "gerecht".

     

    Leider werden die Lobbyisten und die B*** das verhindern.

  • M
    Martin

    Es wäre wohl sinnvoller gewesen, die Autos gemäß des offiziellen Zyklusses zu überprüfen, um zu erkennen, inwieweit die Autobauer wirklich betrügen. Daß bei einem anderen Zyklus sämtliche Hersteller in ähnlichem Maße abweichen, beweist eher, daß der offizielle Zyklus doch taugt für einen relativen Vergleich. Eines ist doch selbstverständlich: Jetzt wo die Herstellerangabe relevant für eine Steuer ist, müssen zuständige Behörden diese Angaben nachprüfen. Ich fürchte, es gibt, was den tatsächlichen Verbrauch angeht, auch einen PISA-Effekt, die Fahrer werden schlicht immer unfähiger und sind nicht in der Lage energiesparend zu fahren.

  • A
    Alexander

    Das der Saab mit Erdgas betrieben wird bezweifle ich! Gemeint ist eher Ethanol (E85).

     

    Nachdem man Ethanol oder Benzin tanken kann sind die Verbrauchs- und Emissionswerte unterschidlich.