Steueraffäre um Bayern-Manager: Wo Hoeneß wirklich Meister war
Nach dem Prozess berichten Schweizer Medien über 52.000 Deals. War es „Steueroptimierung“ oder ein Netzwerk? Doch weitere Ermittlungen gibt es nicht.
BERLIN taz | In Deutschland ist Bayern München deutscher Meister und die Erregung in der Steuerstrafsache Uli Hoeneß lässt nach. In der Schweiz dagegen kommen immer neue Details ans Licht.
Das Wirtschaftsmagazin Bilanz zitiert zahlreiche Insider der Bank Vontobel. Dort hatte Hoeneß 1975 mit Finanzgeschäften begonnen, mit den 60.000 Mark Prämie als Fußball-Weltmeister 1974. Für Schweizer Verhältnisse „nicht viel“, so Bilanz, aber Hoeneß galt als „monetärer Hoffnungsträger“.
Und er enttäuschte nicht: Stetig wuchs die Summe auf dem Konten mit den Nummern 4028001 und 4028002, auf gut 11 Millionen Euro. Ende der 90er Jahre telefonierte Hoeneß täglich mit seinem „Freund“, dem Devisenhändler bei der Bank Vontobel und ordnete jedes der 52.000 Geschäfte persönlich an. Hoeneß wettete meist mit hoher Hebelwirkung auf den Wert von Dollar gegen Euro oder Yen.
Hoeneß gewann und gewann, bis schließlich 200 Millionen Euro Vermögen auf dem Konto lagen. Er galt in Züricher Händlerkreisen als der „berühmteste deutsche Trader“. Abends und Nachts, so die Neue Zürcher Zeitung, handelte Hoeneß beim Lokalmatador Zürcher Kantonalbank, weil Vontobels Investmentabteilung da geschlossen war. Die Bank Vontobel kassierte Millionen an Gebühren. Im Haus habe es allerdings auch Bedenken wegen der Herkunft des Geldes und den fantastischen Margen gegeben, heißt es.
Anonyme Nummernkonten
Erklärungen für das Modell Hoeneß bieten Aussagen von Revisoren, Tradern und Steueranwälten im Tagesanzeiger und in Bilanz: Erstens: Steueroptimierung. Hoeneß handelte ja parallel mit ähnlichen Millionensummen beim Müncher Bankhaus Reuschel. Dort verlor er stetig Geld, in der Schweiz gewann er es. Praktischerweise konnte er die Verluste in Deutschland mit anderen Gewinnen verrechnen und so Steuern sparen. Und die Scheiz war schweigsam. Es musste erst ein Informant den Stern mit einem Hinweis auf die Spur bringen.
Zweite Erklärung: Es haben Dritte Geld zugeliefert, die bei den Hoeneß’schen Devisenwetten unerkannt mitmachten. Immerhin gingen auch Summen vom Vontobel-Konto weg und kamen andere hinzu. Soweit bekannt, auf anonyme Nummernkonten.
Ob die Hoeneß gehörten oder Bekannten, Spielervermittlern, Sponsoren – alles wilde Spekulationen. Solange deutsche Behörden da nicht ermitteln, bleiben wir auf weitere Insider-Informationen angewiesen. Es könnte um Vorteilsnahme oder verdeckte Provisionen gehen. Ein Schweizer Bankrevisor nannte im Tagesanzeiger hier Fälle aus seiner Berufserfahrung, wo mit solchen Devisengeschäften zwischen der Schweiz und "dem nahen Ausland" Dritten unerkannt Geld für Geschäftsanbahnungen zugeschanzt wurde.
Aktualisierung: Laut einer Auskunft des Landgerichts München II vom 26. März 2014 sind von Hoeneß vom fraglichen Konto nur auf eigene Konten Summen transferiert worden. Die Antwort des Landgerichts im Wortlaut:
"Nach den Feststellungen der Strafkammer ist von einem "Einsatz" des Verurteilten von insgesamt ca. 27 Mio. Euro auszugehen. Die genannten Zahlen (gemeint sind die Zahlen der Schweizer Medien, taz-Redaktion) stimmen also nicht. Zu Höchstzeiten (nicht nach den festgestellten erheblichen Verlusten in den letzten Jahren) wies das Konto einen Stand von ca. 150 Mio. Euro aus. Nach der Aussage der Zeugin wurden auf das Konto hohe Beträge von anderen Konten des Verurteilten (also nicht etwa von den Konten anderer Berechtigter) eingezahlt." Mit der Zeugin ist hier die Steuerfahnderin H. gemeint, die mit einem Wäschekorb voller Unterlagen im Gerichtssaal die wwenige Tage vorher übergebenen Kontounterlagen Hoeneß' erläuterte.
Die zuständige Staatsanwaltschaft München II sagt dazu, ebenfalls am 26. März:
"Das Strafverfahren gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung ist rechtskräftig abgeschlossen. Ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn ist hier nicht anhängig. In Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung werden grundsätzlich keine Auskünfte erteilt. Dies bezieht sich sowohl auf die Person als auch auf Auskünfte über den Tatvorwurf. Im Rahmen der Hauptverhandlung ergaben sich keine Hinweise auf Überweisungen an Dritte."
Doch weitere Konten?
Der ursprüngliche Informant gab dem Stern inzwischen ein ausführliches Interview. Demnach hatte Hoeneß zeitweise Werte von 600 Millionen Schweizer Franken auf seinem Konto, also ungefähr 400 Millionen Euro. Hoeneß kam demnach bei Besuchen immer allein in die Bank. Laut dem Schweizer Informanten wurde Geld "über die Jahre auf Konten bei anderen Schweizer Banken transferiert, etwa bei Credit Suisse und Julius Bär. Bis 2010 wurde das Vermögen größtenteils abgezogen." Dies widerspricht laut dem Stern den Angaben von Hoeneß, nachdem er in der Schweiz nur ein Konto mit den beiden oben erwähnten Unterkonten bei der Bank Vontobel und eines bei der Graubündener Kantonalbank unterhalten hatte.
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