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Steueraffäre in Schleswig-HolsteinGaschke droht Disziplinarverfahren

Kiels SPD-Oberbürgermeisterin muss mit juristischen Konsequenzen rechnen. Sie soll einem Arzt rechtswidrig Zinsen in Millionenhöhe erlassen haben.

Stress mit Partei und Kommunalaufsicht: Kiels OB Susanne Gaschke (SPD). Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) könnte mit zehn Monaten bereits die längste Zeit im Amt gewesen sein. Denn sie hat sich mit drei der mächtigsten Parteifreunde in Schleswig-Holstein angelegt: mit Ministerpräsident Torsten Albig, Parteichef Ralf Stegner und dessen Vize und Innenminister Andreas Breitner. Grund ist, dass die Kommunalaufsicht des Landes am Freitag Gaschkes Steuerdeal mit einem Augenarzt für rechtswidrig erklärte und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens prüft.

Gaschke, Exredakteurin der Wochenzeitung Die Zeit, unterstellt Albig, „persönlich in dieses Verfahren eingegriffen“ zu haben. Der Genosse Ministerpräsident findet das eine „unglaubliche Verdächtigung“, gegen die er sich juristische Schritte vorbehalte.

Am schlimmsten für Gaschke dürfte jedoch eine knappe Stellungnahme des Innenministeriums sein, dem die Kommunalaufsicht untersteht. Gaschke hatte erklärt, die Entscheidung erst erhalten zu haben, nachdem sie bereits „Rundfunk und Agentur“ vorgelegen habe. Breitner lässt klarstellen, Gaschke sei am Freitagvormittag „als Betroffene vorab und vor allen anderen telefonisch über das Ergebnis der Prüfung informiert worden“.

Ende Juni hatte Gaschke einem Mediziner Zinsen und Säumniszuschläge in Höhe von 3,7 Millionen Euro erlassen. Der Arzt stottert im Gegenzug in einem jahrelangen Verfahren fällige Gewerbesteuern in Höhe von 4,1 Millionen Euro ab. Gaschke hatte ihre Entscheidung mit der wirtschaftlichen Lage des Schuldners begründet.

Zugleich stellte sie die Frage, warum die Forderungen nicht bereits vor Jahren vollstreckt wurden. Damit spielte sie auf ein mögliches Fehlverhalten ihres Vorgängers Albig an. Gaschke stellte auch klar, dass sie ihren von der Landtags-FDP geforderten Rücktritt ablehne.

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6 Kommentare

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  • A
    Atheism

    4.1 Millionen Steuerschulden? Was ist das denn für ein Arzt bitte, und wie kann es sein, das der davon laut dem Artikel nun quasi nichts mehr zurückzahlen muß.

    Der arme arme Arzt. Lebt vermutlich von der Hand im Mund und labt sich an den Tränen in den Augen seiner Patienten.

     

    Laß mal einen Normalsterblichen eine höhere Schuldenlast haben, ich glaube, dem wird nichts entlassen.

     

    Die Frau muß weg, so einfach ist das!

    • B
      broxx
      @Atheism:

      Da sperrt dir das Finanzamt sofort das Konto. Weg mit ihr ist ne gute Idee!

    • R
      Reinhard
      @Atheism:

      Der Arzt hat sich mit Immobilien verspekuliert und 1995 bis 1998 eine große Zahl von Häusern verkauft. Diese Notverkäufe wurden als "gewerblich" eingestuft, dafür sollte er 4,1 Mio Euro zahlen. 2008 verlor er den letzten Prozess deswegen. Nun muss er die ganzen 4,1 Mio bis 2015 bezahlen, nur die in 15 Jahren aufgelaufenen Zinsen (3,7 Mio Euro) wurden erlassen.

      • L
        Lindenallee
        @Reinhard:

        Der Lebenserfahrung nach, sind intellektuelle Schöngeister nicht gut beraten in die praktische Politik zu gehen. Aber was mir auffällt. Frau Gaschke ist relativ neu in einem Amt und muß in relativ kürzester Amtszeit entscheiden in einer Sache, die ihr Amtsvorgänger, heute MP, jahrelang vor sich hergeschoben hat. Mit der handschriftlichen Empfehlung an die Verwaltungsbehörde eben so zu verfahren, wie es Frau Gaschke dann auch exekutierte. Ich glaube nicht dass Frau Gaschke diese Entscheidung ohne jede Rückfrage entschieden hat. Ihre größte Konkurrentin bei der BG Wahl, die Favoritin vom MP und Stegner, ist die Chefin der Kommunalaufsicht. Alles Zufall? Oder wird hier eine politische Förde-Intrige vom Allerfeinsten durchgezogen? Und der Hinweis von Reinhard mit den Zinsen. Er stimmt.

    • S
      Sonstwer
      @Atheism:

      Der Mann unterhält eine private Augenklinik. Total schickes Anwesen im vornehmsten Kieler Stadtteil.

      Gaschke ist einfach nicht kritikfähig.

      Konsequent hat sie es sich mit allen verscherzt, selbst mit ihrer eigen Rathaufraktion, und das nicht nur wegen des Steuerdeals.

      Schlicht gesagt: Sie ist zu labil für ihren Posten

    • T
      Theism
      @Atheism:

      Da machen Sie sich's aber sehr einfach. Vielleicht noch einmal den Artikel lesen "Zugleich stellte sie die Frage, warum die Forderungen nicht bereits vor Jahren vollstreckt wurden. Damit spielte sie auf ein mögliches Fehlverhalten ihres Vorgängers Albig an."

      Oder stören Sie Fakten nur beim Fordern?