"Steuer-Affäre": Parlament will Sarrazin rüffeln
Die Opposition im Abgeordnetenhaus stellt heute einen Missbilligungsantrag gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD).
Die umstrittene Veröffentlichung von Steuerdaten dreier Abgeordneter ist jetzt offizielles Thema der heutigen Parlamentssitzung. Die Opposition hat gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) einen Missbilligungsantrag wegen Verletzung des Steuergeheimnisses gestellt. Den Antrag wollen 13 Abgeordnete aus den Fraktionen von CDU, Grünen und FDP einbringen. Darin heißt es, die Veröffentlichung der Steuerdaten durch Sarrazin sei eine "unzulässige Machtdemonstration" und ein "direkter Angriff auf die Würde und die freie Mandatsausübung" des ganzen Parlaments.
Bislang sind die zahlreichen Missbilligungsanträge, die bereits gegen Mitglieder des rot-roten Senats gestellt wurden, sämtlich an der Mehrheit der Fraktionen von SPD und Linker im Abgeordnetenhaus gescheitert. Mit 76 Abgeordneten verfügen sie über drei Stimmen mehr als die Opposition. Sollte es heute dennoch zu einer Missbilligung kommen, entspräche sie lediglich einer Rüge.
Verständigung unmöglich
Im Ältestenrat des Abgeordnetenhauses konnten sich die Regierungsfraktionen und die Opposition am Dienstag nicht über die Kontroverse verständigen. Beide Seiten verlangten eine Entschuldigung (taz berichtete). Der Petitionsausschuss hatte Sarrazin wegen der Veröffentlichung der Daten angezeigt. Der Finanzsenator argumentierte, er habe sich damit gegen Anschuldigungen von Ralf Hillenberg (SPD), Rainer-Michael-Lehmann (FDP) und Ulrich Brinsa (CDU) zu Wehr gesetzt. Sie hatten Finanzämtern vorgeworfen, sie 2003 und 2004 mit überraschend angesetzten Steuerprüfungen einschüchtern zu wollen.
Das Bundesfinanzministerium hat Sarrazin sein volles Vertrauen ausgesprochen. "Berlins Finanzsenator hat nach Recht und Gesetz gehandelt im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks gestern in der Fragestunde des Bundestags. Sarrazin habe das Steuergeheimnis verletzt, aber in einem gut begründeten Ausnahmefall auf rechtlicher Grundlage.
Thilo Sarrazin habe "verhältnismäßig" gehandelt, denn anders hätte er die schweren Vorwürfe der drei Abgeordneten in der Öffentlichkeit nicht entkräften können, betonte Hendricks. Das Vorgehen beider Seiten sei ungewöhnlich und "wahrscheinlich einmalig in der deutschen Parlamentsgeschichte". Auch die Abgeordneten hätten eine besondere Verantwortung, gerade bei Vorwürfen, die nachhaltig das Vertrauen in die Verwaltung erschütterten.
Steinbrück wars nicht
Die Staatssekretärin erklärte auf eine Frage des Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Rzepka, die Entscheidung sei auf Referatsleiterebene getroffen worden. Die Spitze des Bundesfinanzministeriums sei nicht einbezogen gewesen. Dies sei das "übliche Verfahren, um jeden Anschein einer politischen Einflussnahme zu vermeiden", so Hendricks. "Wenn man alles auf die Spitze des Hauses ziehen würde, dann könnte man sich begraben lassen."
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