■ Soundcheck: Stephen Yerkey
Gehört: Stephen Yerkey. Menschen wie Stephen Yerkey laufen immer Gefahr, mißverstanden zu werden. Davor ist grundsätzlich natürlich niemand gefeit, aber manch einer beschreitet einen noch schmaleren Grat als die anderen, so daß Fehleinschätzungen vorher fast schon einkalkuliert sind, wenn nicht gar intendiert. Yerkey, der Songwriter aus San Francisco, hat sich als Sollbruchstelle für das Image des eloquenten Bühnenkaspers entschieden, der wie ein Zappelphilipp nicht in der Lage zu sein scheint, seinen Körper zu koordinieren. Die Augen werden verdreht, der Mund verzogen und obendrein die Gitarre komisch geschwenkt. Eigentlich ist das aber nicht zum Lachen, sondern ziemlich traurig – so wie Yerkey sich am Sonnabend im gutgefüllten Knust solo aufführte. Da ist jemand so unsicher mit sich selbst, daß zwecks Ablenkung nur die Flucht in Zynismus und Ironie bleibt, eine Tendenz, die durch die Nervosität bei seinem ersten Hamburg-Auftritt noch verstärkt wurde. Der Brillenträger mit dem total uncoolen Haupthaar ist einer von der Sorte, die durch Distanzierung Nähe herstellen wollen. Seine Art, Liebe zu zeigen, ist nicht wie bei Daliah Lavi Schweigen, sondern eher Randy Newman gleich Spott. Wer so nachhaltig wie Yerkey über Texas („You Should Have Texas In The Back Of Your Mind“) ablästert und ätzend über Rollen-Klischees herzieht („Cocksucking Blonde“), dem sitzt das Herz näher als das Hirn.
cleg/Foto: JMS
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