Stellenabbau bei Enercon: 800 Wind-Jobs auf der Kippe
Der Kraftwerkshersteller Enercon kündigt mangels Aufträgen Stellenstreichungen an. Der Windenergie-Verband fordert mehr Ausschreibungen.
Enercon ist einer der größten einheimischen Produzenten von Windrädern. Nun würden „Arbeitsplätze in eigenen Unternehmen“ gestrichen, wie Heiko Messerschmidt, Sprecher der Gewerkschaft IG Metall Küste, in Hamburg sagte. Betroffen sind Gesellschaften wie WEC Turmbau Emden, WEC Turmbau Magdeburg und die Aero Ems GmbH. Der Windradhersteller will sich stärker auf internationale Märkte konzentrieren. Unter anderem nennt er Frankreich, Schweden, Türkei, Südamerika und Südafrika.
Die IG Metall spricht von einem „Kahlschlag auf Kosten der Beschäftigten“. Das Unternehmen dürfe jetzt nicht versuchen, Entlassungen von Hunderten Mitarbeitern und die Schließung von Standorten innerhalb kürzester Zeit durchzuziehen. Die Industriegewerkschaft bittet die niedersächsische Landesregierung um Hilfe und Vermittlung. Das Verhältnis zwischen Enercon-Geschäftsführung und Gewerkschaft gilt traditionell als schwierig.
Gleichzeitig machen beide die Bundesregierung verantwortlich. Mit seiner Energiepolitik gefährde Altmaier „Investitionen, Standorte und Arbeitsplätze in der Windenergiebranche“, sagte Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Enercon mahnte „geeignete und faire Rahmenbedingungen“ an. Die grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden erklärte: „Hunderte wegfallende Arbeitsplätze allein in Norddeutschland sind das dramatische Ergebnis der falschen Energiepolitik dieser Bundesregierung.“
IG Metall
Weil ihr die Kosten für Wind- und Solarkraftwerke, die die Stromkunden bezahlen, zu stark stiegen, hat die Große Koalition den Neubau begrenzt. Während dieses Jahr Windanlagen mit einer maximalen Leistung von 2.800 Megawatt (MW) genehmigt werden, kamen früher pro Jahr fast 5.000 MW dazu. Außerdem führte die Regierung Ausschreibungen ein: Nur die billigsten Bieter dürfen bauen. Das führt zu einem harten Preiswettbewerb.
Diese Entwicklung bedroht nach Ansicht der IG Metall nun die Arbeitsplätze in der Windenergie-Branche. Rund 2.500 Stellen seien seit Anfang 2017 verlorengegangen, sagte Messerschmidt. So gab zum Beispiel der Windanlagenhersteller Senvion auf. Genaue Zahlen, die den Zustand der Branche 2017 und 2018 abbilden, gibt es jedoch noch nicht. Trotzdem fürchtet die IG Metall, dass der Windindustrie dasselbe Schicksal droht wie der Solarwirtschaft. Diese ist im globalen Wettbewerb untergegangen. Hiesige Kraftwerkshersteller gaben reihenweise auf.
Der Bundesverband Windenergie fordert Minister Altmaier nun auf, die angepeilte Sonderausschreibung für zusätzliche Windkraftwerke zügig in die Wege zu leiten. Sie würde ermöglichen, den Ausbau-Deckel von 2.800 MW anzuheben. Das Bundeswirtschaftsministerium lässt sich allerdings Zeit, was auch die SPD im Bundestag kritisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben