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Stell' den Laster ab!

■ „Schade eigentlich“: das entsetzliche neue Kabarett-Programm der Anja Moritz

Komplett verfahren hat sich Anja Moritz alias Fernfahrerin Ute. Dummerweise nicht still und heimlich, sondern mit ihrem neuen Soloprogramm Schade eigentlich, das am Mittwoch im Eppendorfer Mon Marthe Premiere hatte.

Die Lastwagenlady Ute, die die schlanke Anja Moritz derb-gewichtig darzustellen sucht, wird nämlich aufgehalten. Deswegen trampelt sie auf die Bühne: „Ey, P-I-ß 233, bitte melden und Wagen wegfahren, ich mach das nich' zum Spaß hier“, droht sie mit den starren Gesichtszügen des kleinen Mannes und wendet sich ans Publikum: „Frauen sind verantwortungsvoller, nicht nur in der Regel“. Wutsch, der erste Gag landet in der Hose.

Weiter gings mit der auf Dauer unerträglichen gedehnten Sprechweise im Barmbeker 'Ey, Alter'-Stil. Besonders qualvoll gerieten Witzchen wie „Batterie abklemmen, das ist kein Problem, aber 'ne Nabelschnur? Nee, nee, dat mach ich nich'“. Da möcht frau schreien und den Schleier überziehen. Soll es witzig sein, daß eine Frau eine Frau spielt, die wie ein Mann ist, aber keiner ist? Oder wie blöd die Männer sind, wenn Frauen sie spielen, die keine Männer sind, aber wie Männer sind?

Konsequent hielt Anja Moritz diese grauenvolle, jeden Witz im Schritt erstickende Rolle durch. Ihr komödiantischer Witz zeigte sich in den kurzen Momenten, in denen sie wechselte und als Friseuse die Kundin mit ihrer Syphillis-Krankengeschichte verschreckt, oder im Zwiegespräch mit einem intellektuellen Tramper, der die abgeklärte Fernfahrerin vom wirtschaftlichen Widersinn 7000 Kilometer reisender Joghurtbecher überzeugen will. Vielleicht sollte Anja Moritz ihren Laster abstellen und lieber nochmal den Beruf wechseln.

Katrin Wienefeld

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