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Steinbrücks WahlmanifestErst der Peer, dann die Partei

In "Zug um Zug" plaudern Altkanzler Helmut Schmidt und Vielleicht-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück scheinbar entspannt vor dem Kamin. Doch es gibt Stolperfallen.

Entspannt? Helmut Schmidt bringt Peer Steinbrück immer wieder ins Schwitzen. Bild: dapd

Es war im Juni und im August, so erzählte Matthias Nass in der Wochenzeitung Die Zeit, als sich die beiden zusammengesetzt hatten. Nur Helmut Schmidt und Peer Steinbrück. In eine Kammer in Hamburg-Langenhorn, im Haus Helmut Schmidts.

Auf einem kleinen Tisch stapelten sich demnach die Schreibblöcke, denn Schmidt brauchte stets Platz für seinen Aschenbecher. Dann ging es los, einfach reden. Vier Tage lang. Der Rauch von Mentholzigaretten stand im Raum, am Ende gab es Aquavit.

Herausgekommen ist das gemeinsame Buch "Zug um Zug", das mit einer bemerkenswerten Bugwelle mitten in die deutsche Politliteraturlandschaft gedampft ist. Begleitet von Titelgeschichten und Fernsehauftritten. Auf knapp 300 Seiten unterhalten sich die beiden pensionierten Politiker, der eine noch mit Ambitionen auf ein Amt, das der andere schon einmal innehatte: das des Bundeskanzlers.

Und da eine Kanzlerkandidatur Steinbrücks für die Bundestagswahl 2013 in diesen Tagen des Erscheinens unausgesprochen und doch offensichtlich über seinem Namen schwebt, ist auch das Gespräch mehr geworden als nur ein Klönschnack zweier norddeutscher Politbesserwisser: Es wurde für Steinbrück zu einer Reise durch die drängenden politischen Fragen - und zu seinem Wahlmanifest.

Zwei Antipolitiker unterhalten sich

Die Republik mache sich "keine schlaflosen Nächte" über die Kanzlerkandidatenfrage, betont Steinbrück. Also übernimmt Schmidt: "Meine Meinung steht fest - auch wenn die Führungsgremien der Partei noch ein weiteres Jahr brauchen."

Diesen und viele andere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 5./6. November 2011. Am Kiosk, eKiosk oder im Briefkasten via www.taz.de/we. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz. Foto: taz

Es unterhalten sich zwei Antipolitiker, nach dem Motto: Die lahme SPD trifft auf den besten Kandidaten, hofiert vom Altkanzler: Erst kommt der Peer, dann die Partei. Schmidt und Steinbrück kennen sich seit 1979- damals hierarchisch weit auseinander: Schmidt war Bundeskanzler, Steinbrück junger Hilfsreferent im Bonner Bundeskanzleramt.

Das dominante Thema des Buchs ist die Finanzkrise. Es ist das Feld, auf dem sich die beiden Ökonomen sicher fühlen, Steinbrück hatte bereits vor zwei Jahren sein Buch "Unterm Strich" dem Thema gewidmet. Zum Thema Griechenland gibt Steinbrück Handlungsempfehlungen: Man solle das Land entschulden, statt immer neue Rettungsschirme aufzuspannen, die europäischen Banken müssten rekapitalisiert und "die eine oder andere geordnet abgewickelt" werden, es müsse ein Aufbauprogramm für Griechenland geben und die Europäische Zentralbank müsse von der Belastung mit Staatsanleihen befreit werden.

Es wird unangenehm

Passagen wie diese, etwas erwartbar und populistisch, finden sich viele in "Zug um Zug". Das Muster der Unterhaltung ist: Steinbrück ackert durch die Gegenwart, sie beginnt um das Jahr 2005; Schmidt durch die Vergangenheit, sie beginnt bei den alten Griechen, gleitet durch die Weimarer Republik und endet etwa bei der Entführung der "Landshut" im Deutschen Herbst. Verglichen mit Steinbrücks Vorgängerbuch ist erfreulich, dass die Sprache klarer und in weiten Teilen verständlicher ist.

Der Dialog berührt immer wieder Dinge, wo es für Steinbrück unangenehm wird: So fragt Schmidt ihn im Kapitel "Politik als Beruf" scheints unvermittelt, ob er nicht "den Herrn Sarrazin" kenne. Der habe schließlich auch als junger Mann im Kanzleramt gearbeitet, und zwar in der Abteilung IV. Steinbrück weicht aus, "es gab eine Riege von jungen Leuten".

Zu Steinbrücks Unglück erzählt Schmidt dann noch eine Geschichte, es ist die vom Berliner Finanzsenator Sarrazin, den Schmidt "interessant" fand und zu sich einlud, der habe "seine Sache ordentlich gemacht". "Kein Einspruch", sagt Steinbrück. "Wie gesagt", er "gehörte zu dieser Riege von jungen Leuten". Endlich kann er das Gespräch auf den Abteilungsleiter lenken: "Hieß der Abteilungsleiter Schumann?"

Auch bei den Grünen wird es für Steinbrück etwas unangenehm, das Verhältnis zwischen dem SPD-Mann und der Partei gilt zumindest in Nordrhein-Westfalen seit der Koalition bis 2005 in dem Bundesland als belastet. Über Joschka Fischer kommt das Gespräch zu der Partei. Schmidt, der nach seiner Kanzlerschaft einen Teil der SPD an die Grünen verlor, zeigt sich aufgeschlossen: Die Grünen seien eine Partei geworden, die "bereit ist, Verantwortung zu übernehmen".

Steinbrück sagt: "Ich habe mal den Satz gelernt: Es kommt in der Politik nicht auf das gut Gemeinte an, sondern auf das gut Gemachte." Es könnte auch sein eigenes Motto sein, mit Blick auf die Bundestagswahl. Das Rennen hat er eröffnet.

Helmut Schmidt, Peer Steinbrück: "Zug um Zug". Hoffmann & Campe, Hamburg 2011, 320 S., 24,99 Euro

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4 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    Altbundeskanzler spricht sich für Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2013 aus

    Altbundeskanzler Helmut Schmidt ,SPD ein großer Staatsmann der weltweites Ansehen genießt spricht sich in einem Interview für Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat er SPd für die anstehende Bundestagswahl i Jahre 2913 aus.Mit dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wäre die SPD gut beraten ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren.Peer Steinbrück ist offen und hat eine beswisse Kompetenz auf zu weisen was die Finanzen anbetrifft.Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister wäre kein Gerwinn.Er wurschelt sich von einer Wahl zur anderen durch.Als §Ministerpräsident§ ist er tragbar,als Bundeskanzler dagegen nicht.Er ist ein Partygänger und Spassmacher.Den Standort Deutschland würde er zur Partyzone reklären,was dem Standort Deutschland nicht gut tun würde.

    Auf einen guten Ratschlag,der hier vom Altbundeskanzler Helmt Schmidt kommt im Bezug auf Peer Steinbrück sollte der Parteivorstand beherzigen.Eine Mitgliederbefragung im Zuge der Demokratie sollte mit darüber entscheiden,wen die SPD als Kanzlerkandidatin ,als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2013 ins rennen schickt.

  • H
    Hasso

    Altkanzler Schmidt ist belesen, daran gibt es keinen Zweifel! Aber ist er auch Weise-, wenn er für einen gewissen Peer Steinbrück plädiert?Für Jemanden, der noch kurz vor dem Banken-Desaster begeistert von der"Tüchtigkeit" dieser Zocker gesprochen hat? Vorher sind diese Leute scheinbar alle blind,aber danach spielen sie sich auf, als hätten sie "Seher-Qualitäten". Steinbrück kann gut reden und macht einen ernstzunehmenden Eindruck. Das war's. Bei Schröder hatte er Gelegenheit sich zu profilieren. Was will er jetzt; will er es jetzt nochmal versuchen? Die Politik scheint überhaupt nur noch ein Experimentierkasten auf Kosten der Bevölkerung zu sein.

  • S
    sofamystiker

    nur die CDU braucht die SPD noch.

    warum sollten SPD-anhänger (vormals linke genannt) jemanden wie steinbrück wählen? weil ihm wirtschaftskompetenz nachgesagt wird? ist das nicht eher ein kriterium für einen FDP wähler?

     

    wie gesagt, nur für die CDU ist die SPD noch interessant. steinbrück ist natürlich ideal für eine große koalition - und nachdem es Wowi total verhunzt hat, ist das ja wohl die einzige perspektive…

     

    ach ja - nicht vergessen, dass schmidt für den deutschen herbst & den nato doppelbeschluß verantwortlich ist. so toll war der nicht…

  • H
    Hans

    Zwei Opas können sich nicht an Sarrazin erinnern. Kein Wunder, denn bis zu seinem NPD-Bestseller war er auch keine bemerkenswerte Erscheinung. Wer ihn in Berlin mal als Redner gehört hat ... wenn überhaupt.

     

    Diese beiden Senioren sind nur noch eine Ambition ihrer eigenen Wünsche. Dass es ihnen dabei gelingt, Geld zu verdienen und sich gar in die Nähe zu echter Macht zu bringen, sollte jeden Normalmenschen zu denken geben. Steinbrück verteilte großzügig Steuergelder an gescheiterte Banker und verteidigte Härte und Armut für Arbeitslose, die vielfach nicht gescheitert waren und sind, wohl aber keine Arbeit finden konnten. Und nicht wenige von denen gelten und galten mit 55 oder 60 als nicht mehr vermittelbar - der/die Leser sollen jetzt dieses 160-Jahre-Duo an die Macht bringen?