Steinbrück will Großbanken aufspalten: Die Geiselhaft beenden
Peer Steinbrück zieht Lehren aus der Finanzkrise. Der Exfinanzminister will das Investment- und das Kreditgeschäft bei Großbanken trennen.
BERLIN taz | Die Banken nehmen die Regierungen und Steuerzahler in der Finanzkrise als Geiseln – diesen Eindruck vieler Bürger teilt der mögliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Am Mittwoch nun legt er ein Papier vor, in dem er die Aufspaltung der Großbanken vorschlägt.
Heute betreiben die meisten international tätigen Institute zwei Arten von Geschäften. Sie leisten ihren Beitrag zur Versorgung der Gesellschaft mit Geld, verwalten die Konten von Privathaushalten und Unternehmen. Außerdem geben sie Bürgern und Firmen Kredite. Zweitens investieren die großen Geldhäuser auf den internationalen Finanzmärkten.
Dort verhelfen sie beispielsweise Facebook zum Börsengang, handeln mit Aktien, Staatsanleihen und verschiedenen Arten von Wertpapieren, die von realen Werten abgeleitet sind. Diese Finanzgeschäfte haben dazu beigetragen, dass die Institute gigantische Summen bewegen. So umfasste die Jahresbilanz der Deutschen Bank 2011 rund 2,2 Billionen Euro. Das entspricht etwa 90 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung.
Das Investmentbanking lockt mit hohen Gewinnen, aber auch die Gefahr von Verlusten ist groß. In einer dem Lehman-Crash von 2008 vergleichbaren Bankpleite können die Vermögen von Millionen Bürgern verrauchen, die mit dem Investmentbanking gar nichts zu tun haben. Deswegen hat in der Finanzkrise die Bundesregierung mehrere Banken mit Milliarden Euro Steuergeld „gerettet“.
Gemeinsame Holding
Steinbrück schlägt nun vor, Institute wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder die HypoVereinsbank in jeweils zwei Säulen unter einer gemeinsamen Holding aufzuspalten – einerseits das Einlagen- und Kreditgeschäft, andererseits das Investmentbanking. Ähnliche Vorhaben gibt es auf europäischer Ebene, in Großbritannien und den USA.
Für die Risiken der Investmentbank sollen laut Steinbrück nur die Aktionäre und Geldgeber haften, die sich explizit im Investmentgeschäft engagiert haben. Sie müssten einen Sicherheitsfonds finanzieren, der für Deutschland mindestens 150 Milliarden Euro beinhaltet. Öffentlich abgesichert wäre nur das Einlagengeschäft.
„Wenn eine Trennung vorgenommen wird, dann sollte man sie konsequent umsetzen“, sagt Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Von der Holding-Lösung hält sie nichts. Großbanken müssten in zwei völlig voneinander getrennte Institute zerlegt werden. Nur „dann ließe sich die Investmentbank im Notfall leichter restrukturieren, verkleinern oder abwickeln.“ Die Gefahr wäre geringer, dass doch wieder Einlagen von Privathaushalten und Unternehmen in den Strudel gerieten.
Trennbanken-System
Die Bremer Ökonomie-Professorin Mechthild Schrooten warnt davor, ein Trennbanken-System zu etablieren. „Das lenkt vom eigentlichen Problem ab.“ Dieses bestehe in einem Überschuss „vagabundierenden Kapitals“ auf den Finanzmärkten.
Um aber Rendite zu erwirtschaften, würden Banken und Investoren dazu tendieren, zunehmend risikoreiche Geschäfte zu betreiben, so Schrooten. Dieser Mechanismus lasse sich nur durchbrechen, indem die Regierungen die Institute verpflichten, ihre Geschäfte mit einem höheren Anteil an Eigenkapital zu unterlegen. „Das verringert das Risiko und verkleinere die Bilanzen“, so Schrooten.
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