Steinbrück weicht Gesetz auf: Kein Stress im Steuerparadies
Bundesfinanzminister Steinbrück weicht seine Rechtsverordnung zur Bekämpfung von Steueroasen auf Druck von Union und Wirtschaftsverbänden auf.
Die Bekämpfung der Steueroasen kommt nicht voran. Um die Rechtsverordnung, mit der das im Juli verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung umgesetzt werden soll, am Mittwoch noch schnell durchs Kabinett zu bringen, musste Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sie deutlich aufweichen: Jetzt dürfen das Bundeswirtschaftsministerium und das Auswärtige Amt mitreden, wenn es darum geht, ein Land als unkooperative Steueroase zu ächten. Der Grund der Eile: Immerhin entgehen dem Fiskus allein im Unternehmenssektor jährlich rund 100 Milliarden Euro Steuereinnahmen.
Die Rechtsverordnung, der der Bundesrat noch zustimmen muss, legt Anlegern und Unternehmen mit Beziehungen zu Steueroasen strengere Mitwirkungs- und Nachweispflichten auf. Sie müssen nun unter anderem dem Finanzamt die Erlaubnis erteilen, Auskünfte über sie einzuholen. Unternehmen sind zu detaillierten Auskünften über ihre Geschäftskontakte zu Steueroasen verpflichtet, sie müssen Verträge oder Patentvereinbarungen offenlegen. Sonst können sie etwa Betriebsausgaben nicht mehr von der Steuer absetzen, aus dem Ausland überwiesene Dividenden verlören ihre weitgehende Steuerbefreiung.
Streit gab es aber vor allem bei der Frage, gegen welche Steueroasen diese Sanktionen gegebenenfalls greifen. Nach Steinbrücks ursprünglichen Plänen sollte sein Ministerium die jeweiligen Staaten per Verwaltungsschreiben benennen können. Das ging den Wirtschaftsverbänden und der Union entschieden zu weit. Vor allem Wirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) soll gebremst haben. Der überarbeiteten Verordnung zufolge müssen nun erst das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium ihr Plazet geben, bevor eine Steueroase unkooperativ genannt werden darf. Dabei ist Steinbrück selbst durchaus vorsichtig. Auf die Frage, wer auf die Liste gehöre, sagte er: "Das werde ich um Himmels willen jetzt heute aus der Hüfte nicht benennen."
Allerdings sieht es nicht so aus, als ob das Gesetz überhaupt jemals angewendet würde. Denn nachdem die Industrieländerorganisation OECD im April eine Schwarze und eine Graue Liste mehr oder weniger unkooperativer Steueroasen veröffentlicht hatte, zeigten sich die Gebrandmarkten sofort kooperationswillig. Zumindest auf ganz konkrete Anfrage versprachen sie künftig Informationen über die Anleger aus anderen Ländern herauszurücken. Inzwischen hat die Bundesregierung schon mit einigen Staaten entsprechende Abkommen geschlossen. Tatsächlich haben die Finanzbehörden allerdings wenig davon. Sie müssen ihren Verdacht schon ganz genau belegen können und sogar Anschriften von Personen nennen, die in Besitz der notwendigen Dokumente sein könnten.
Derartige Steuerabkommen hätten in der Vergangenheit "nur wenig oder keinen praktischen Nutzen (gehabt), da die verlangten Informationen ob ihrer Detailliertheit in den seltensten Fällen tatsächlich beigebracht werden können", heißt es etwa beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Zudem reicht es, wenn Steueroasen auf Aufforderung zu Gesprächen über ein Kooperationsabkommen bereit sind, um nicht auf die Liste zu kommen. Und das sind derzeit wohl alle.
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